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Wiederaufbau in Afghanistan braucht militärische Unterstützung

Der Deutsche Bundestag hat am 12. Oktober den Bundeswehreinsatz im Rahmen der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe (ISAF) um zwölf Monate verlängert. Auch ich habe dafür gestimmt, habe jedoch gemeinsam mit meinen Fraktionskollegen Detlef Müller und Christoph Strässer eine persönliche Erklärung abgegeben, weil das ISAF-Mandat mit dem Einsatz deutscher Tornado-Flugzeuge zusammengefasst worden war. An dieser Stelle möchte ich euch nun mein Abstimmungsverhalten erläutern.

 Die Bundeswehr wie auch die unter ihrem Schutz arbeitenden Nichtregierungsorganisationen (NGOs) leisten eine unverzichtbare Arbeit für den Wiederaufbau Afghanistans. Auch wenn die Fortschritte vor Ort noch längst nicht ausreichen, so gibt es dennoch einige Verbesserungen beispielsweise bei der Mädchenbildung, beim Zugang zu gesunden Wasserressourcen und bei der Gesundheitsversorgung. Eine Ablehnung dieses Einsatzes hätte diese Entwicklung gefährdet und die afghanische Bevölkerung mit den bestehenden Problemen allein gelassen.

 Dennoch, und das haben wir in unserer Erklärung formuliert, muss die Bundesregierung ihr Engagement beim zivilen Wiederaufbau erhöhen. Hauptziel muss es sein, die Armut zu verringern und die staatlichen Strukturen weiter aufzubauen. Der afghanische Staat muss in die Lage versetzt werden, für die Bevölkerung Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit zu gewährleisten und ihr Bildung, Gesundheitsversorgung, Infrastruktur und soziale Absicherung bereitzustellen.

 Im März dieses Jahres hatte ich noch gegen die Entsendung von Tornado-Flugzeugen votiert. Jetzt aber unterstütze ich, nachdem ich mir im August vor Ort ein Bild davon machen konnte, den Tornado-Einsatz. Durch die Luftaufnahmen gewinnt die ISAF unerlässliche Erkenntnisse bspw. für den Bau von Verkehrswegen. Nach meiner Überzeugung schließt die technische Ausstattung der Flugzeuge aus, dass mit ihrer Hilfe kriegerische Handlungen vorbereitet oder ausgeführt werden können. So können keine „Echt-Zeit-Informationen“ an die Basis übermittelt werden, außerdem müssen die Aufnahmen vor ihrer Auswertung erst noch entwickelt werden. Bei Kampfhandlungen am Boden ist der Luftraum für die Aufklärungsflugzeuge gesperrt. Zudem existieren Kontrollmechanismen, die die Weitergabe an andere militärische Einsätze wie die Operation Enduring Freedom verhindern sollen.

 Der Wiederaufbau des Landes ist ohne militärische Absicherung unmöglich. Wichtig ist jedoch, dass es nicht zu weiteren zivilen Opfern kommt und dass die Sinnhaftigkeit militärischer Operationen für die afghanische Zivilbevölkerung nachvollziehbar ist. Nach wie vor steht zu befürchten, dass Bundeswehrsoldaten von der Bevölkerung mit Kriegsoperationen in Zusammenhang gebracht werden, auf die sie tatsächlich jedoch keinen Einfluss haben. Das könnte zur Folge haben, dass die afghanische Bevölkerung der Bundeswehr und den NGOs das Vertrauen bei der zivilen Aufbauarbeit entzieht.

Beitrag von Mechthild Rawert für die Mitgliederzeitung "Mitgestalten" der SPD Tempelhof-Schöneberg, Ausgabe November 2007