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Gastbeitrag: Mehr Transparenz im Pflegebereich

Mechthild Rawert, MdB, in Berliner Stimme, Nr. 11 - 58. Jahrgang

Pflegereform wird auch für Berlin massive Qualitätssprünge bringen

Mit der Verabschiedung des Pflegeweiterentwicklungsgesetzes ist eine neuerliche Debatte um die Qualität in der Pflege insbesondere im stationären Bereich entbrannt - zu Recht, wie ich finde, denn es gibt sie ja, die schwarzen Schafe unter den Pflegeeinrichtungen. Und selbstverständlich muss man ihnen das Handwerk legen. Ich warne allerdings davor, den gesamten Pflegesektor über einen Kamm zu scheren und derart zu verunglimpfen und zu kriminalisieren wie jüngst in einem sozialdemokratischen Blatt. Meine Überzeugung habe ich in der rbb- Fernsehdiskussion „Klipp und Klar“ dargelegt: Die Pflegereform wird zu massiven Qualitätssprüngen auch im stationären Sektor führen.

Vom Jahr 2011 an wird jede Pflegeeinrichtung einmal im Jahr auf ihre Qualität hin überprüft - und das unangemeldet. Bis dahin muss jede zugelassene Einrichtung noch mindestens einmal geprüft werden. Wir Sozialdemokrat/inn/en haben für den Ausbau dieser externen Qualitätssicherung gesorgt und verhindern dadurch, dass bislang unentdeckte „schwarze Schafe“ weitermachen können.
Besonders wichtig bei der bevorstehenden Qualitätsoffensive ist, dass die Prüfergebnisse der Öffentlichkeit in verständlicher Form im Internet bzw. durch einen Aushang in den Eingangshallen der Pflegeeinrichtungen zugänglich gemacht werden müssen. Damit steht Pflegebedürftigen und deren Angehörigen ein Instrument zur Verfügung, mit dem sie die wohlgemerkt von unabhängiger Stelle überprüfte Qualität bei der Auswahl einer Einrichtung mit zum Entscheidungskriterium machen können. Ich bin sicher: Die kontinuierliche Überprüfung der Einrichtungen wird zu einem stärkeren Qualitätswettbewerb zwischen den Einrichtungen und zu einem insgesamt höheren Qualitätsniveau führen.

Unter Mitwirkung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Berlin- Brandenburg e.V. (MDK) hat die MDK- Gemeinschaft im vergangenen Jahr ein Konzept zur leicht verständlichen Bereitstellung ihrer Prüfergebnisse erarbeitet, welches gegenwärtig auf Bundesebene von den Pflegekassen geprüft wird. Für die Veröffentlichung tragen die Pflegekassen nach dem Willen des Gesetzgebers die Verantwortung.

Nach dem MDK- Modell ist ein mehrstufiges Zugriffsverfahren vorgesehen, an dessen erster Stelle Interessierte einsehen können, welchen Rang in einer Klassifizierung (z.B. ähnlich der Sterne bei Hotels) eine Einrichtung einnimmt, wie viele Plätze es gibt, wann das Heim zuletzt geprüft wurde, in welcher Relation das Ergebnis zum Durchschnitt im Bund oder Land steht.
In einem weiteren Schritt können Daten abgefragt werden zur Strukturqualität (sichere/altersgerechte Ausstattung, Rückzugsmöglichkeiten etc.), zur Prozessqualität (Ablauf und Effektivität der Arbeitsprozesse etc.) sowie zur Ergebnisqualität (Zustand und Zufriedenheit der versorgten Pflegebedürftigen). Zur Ergebnisqualität gehört auch die direkte Befragung der HeimbewohnerInnen. Gegenwärtig befragt der MDK etwa jede/n zehnte/n Bewohner/in nach seiner/ihrer Zufriedenheit.

Auch diese Antworten auf rund 20 Fragen sollen für die Öffentlichkeit künftig - eins zu eins wiedergegeben - einsehbar gemacht werden. Die Anonymität der befragten Bewohner bleibt bei der Veröffentlichung selbstverständlich gewahrt.

Doch bei allen Prüfungen und Veröffentlichungen muss es auch Sanktionsmöglichkeiten geben, mit denen wir auf Qualitätsdefizite reagieren können. Wir haben deshalb mit dem Pflegeweiterentwicklungsgesetz die Option geschaffen, Pflegeeinrichtungen so lange zu untersagen, neue Pflegebedürftige aufzunehmen, bis sämtliche Mängel nachvollziehbar beseitigt sind. Als letztes Mittel können die Pflegekassen auch den Versorgungsvertrag mit qualitativ schlechten Heimen aufkündigen.

Im Hinblick auf die Eigenverantwortung der Einrichtungen zur Verbesserung der Qualität bin ich hier in Berlin schon jetzt optimistisch. Die Berliner Transparenzoffensive, bei der Einrichtungen auf freiwilliger Basis in einer öffentlich zugänglichen Datenbank Angaben zu ihrem Haus machen können, stößt auf großes Interesse auch bei den Einrichtungen selbst. Rund 80 Prozent der stationären Einrichtungen haben ihre ausgefüllten Fragebögen bereits ins Netz gestellt. Das ist ein großer erster Schritt hin zu mehr Transparenz und vor allen Dingen zu mehr Qualität. Letztlich wird es sich keine Einrichtung leisten können, schlechte Pflege anzubieten. Auf dem Markt durchsetzen werden sich nur die qualitativ guten Pflegeeinrichtungen. Verbraucherinnen und Verbraucher haben aufgrund unserer aktuellen Pflegereform gute Möglichkeiten, sich zu informieren und auf dieser Grundlage die richtige Einrichtung für sich oder für ihre Angehörigen zu finden.

Mechthild Rawert, MdB