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Neuregelung des Verbraucherinformationsrechts

Rede vom 29. Juni 2006 zur Neuregelung des Rechts der Verbraucherinformation:

Neuregelung des Rechts der Verbraucherinformation
(Drucksache 16/1408)
Entwurf eines Verbraucherinformationsgesetz (VIG)
(Drucksache 16/199)

 

 


 

Link zum Video in der Mediathek des Deutschen Bundestages



43. Sitzung vom 29.06.2006
TOP 6a. und 6b. Neuregelung des Rechts der Verbraucherinformation

Mechthild Rawert (SPD):

Innerhalb der Marktgesetze von Kaufen und Verkaufen benötigen Verbraucherinnen und Verbraucher eine solide Basis, um über Alternativen eigenständig und verantwortungsbewusst ihre Rolle als Marktteilnehmerinnen und -teilnehmer selbstbestimmend wahrzunehmen.

(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Jawohl! Da für haben sie einen Kopf!)

– Ich denke, hier haben wir Wesentliches zur Balance beigetragen, Herr Goldmann, indem wir die Rolle der Verbraucherinnen und Verbraucher gestärkt haben.

(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Wo denn?)

Verbraucherinnen und Verbraucher zeigen ein gesteigertes Interesse an Informationen, bevor sie sich zur Auswahl eines bestimmten Erzeugnisses entschließen. Insbesondere im Lebensmittelsektor – das ist von meinen Vorrednerinnen schon erwähnt worden – haben viele Menschen ein spezielles Informationsinteresse, sei es aus gesundheitlichen Gründen, sei es, dass sie sich für bestimmte Qualitätsstandards interessieren.

Häufig sind Verbraucherinnen und Verbraucher angesichts der Vielfalt der Angebote nicht mehr in der Lage, aus eigenem Wissen und eigener Erfahrung die Qualität und sonstige relevante Merkmale ausreichend zu beurteilen. Mit dem von uns vorgelegten Gesetzentwurf zur Neuregelung des Rechts der Verbraucherinformation ermöglichen wir Verbraucherinnen und Verbrauchern erstmalig, von Behörden des Bundes, der Länder und der Gemeinden Informationen zu erhalten, die im Zusammenhang mit dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch oder auch dem Weingesetz – das ist heute noch nicht erwähnt worden – stehen.

Wie bereits erwähnt, basiert das Gesetz auf zwei Säulen:
Erstens. Behörden erhalten das Recht, die Öffentlichkeit unter Namensnennung zu informieren.

Zweitens. Verbraucherinnen und Verbraucher können selbstständig bei Behörden Informationen abrufen.

Das Gesetz ist erforderlich und es ist auch erforderlich, dass es jetzt umgesetzt wird, da sich gezeigt hat, dass eine Selbstregulierung des Marktes keine effektive Deckung des Informationsbedarfs der Verbraucherinnen und Verbraucher garantieren kann.

(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Wo sind denn die Mängel?)

Richtig ist, dass Organisationen und Verbände – ich selber habe aufgrund der Reaktion eines Verbandes 1 648 E-Mails bekommen;

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Das waren Massenmails, von denen die Leute nichts wussten! – Peter Bleser [CDU/CSU]: Das lässt sich heute alles organisieren!)

das hat wie bei vielen von uns zu einer Verstopfung geführt; aber darüber sind wir hinaus – den Gesetzentwurf kritisiert haben. Bei der Information der Öffentlichkeit wurde es so dargestellt

(Hans-Michael Goldmann [FDP]: Da sind aber Ihre Verbraucherrechte nicht geschützt worden! Das war nicht so nett!)

– lassen Sie, Herr Goldmann, jetzt bin ich dran –, als sei das Gesetz ein „zahnloser Tiger“. Das stimmt definitiv nicht. Wir informieren, wir gewähren Rechte und schaffen dadurch auch Nachfrage.

Ich möchte noch einmal herausstellen, dass im Rahmen der Verschärfung des § 40 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches aus einer Kannbestimmung eine Sollbestimmung geworden ist, was ein wesentlicher Schritt ist. Meine Vorrednerin, Frau Drobinski-Weiß, hat – wie einige andere Rednerinnen auch – darauf hingewiesen. Wir erwarten von dieser Verschärfung, dass Behörden die Öffentlichkeit in Zukunft frühzeitiger und ausführlicher über Gesundheitsgefahren, Rechtsverstöße, Ekel erregende Vorkommnisse – um das Gammelfleisch auch noch einmal zu erwähnen – informieren. Also Vorsorge statt Nachsorge! Diesem Grundsatz werden wir hiermit gerecht werden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Eine Information der Öffentlichkeit erfolgt auch dann, wenn die betroffenen Erzeugnisse nicht mehr am Markt oder bereits bei der Verbraucherschaft sind.

Uns, und zwar beiden Koalitionspartnern, ist wichtig gewesen, dass umtriebige Betrüger auch dezidiert mit Namen benannt werden können. Ross und Reiter werden klar herausgestellt. Und das ist gut so.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Peter Bleser [CDU/CSU]: Das hilft der Wirtschaft!)

Wir schaffen hiermit neue Rechtssicherheit.

Auch der Vorwurf einiger Verbände, dass bestimmte Daten unter das Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis fallen würden, zählt nicht und ist falsch. Ausdrücklich wird herausgestellt, dass Betrug nicht unter Schutz steht. Das muss noch einmal ganz klar hervorgehoben werden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Eine Verbesserung bringt auch die Verkürzung der Frist von acht auf vier Wochen. Man sehe mir nach, dass ich darauf hinweise, aber das ist ein eminenter Verdienst meiner Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Unser Minister war das! – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Das war der Vorschlag von Seehofer!)

Wir haben gesagt, was der Gesetzentwurf für die Verbraucherinnen und Verbraucher bringt. Er dient aber auch den bundesweit tätigen Unternehmen. Bis dato wurden bundesweit agierende Unternehmen aufgrund der unterschiedlichen Regelungen in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich behandelt. Das hat der angebliche Skandal um die Salmonellen in den Tiefkühlbackwaren gezeigt. Wir sorgen für Einheitlichkeit. Das ist für jede Verbraucherin und jeden Verbraucher von Vorteil.

Wir erwarten von den Unternehmen, dass sie ihre Kundinnen und Kunden besser und umfassender über Produkte informieren. Hierin sehen wir eine Grundvoraussetzung für eine Stärkung der Nachfrage. Wir setzen auf Innovation.

Albert Einstein sagte, es wäre traurig, wenn die Tüte wertvoller wäre als das darin verpackte Fleisch. Mit dem hier vorliegenden Gesetzentwurf sorgen wir dafür, dass Verbraucherinnen und Verbraucher die Informationen erhalten, die sie benötigen, um – nach Albert Einstein – beurteilen zu können, ob die Tüte oder das Fleisch wertvoller ist.

Wir gehen einen Schritt in Richtung eines transparenten Marktes. Wir verfolgen das Leitbild des mündigen Verbrauchers, der mündigen Verbraucherin. Wir machen den ersten Schritt. Wir werden diesen Weg weitergehen; denn wir brauchen langfristig für alle Produkte und Dienstleistungen Verbraucherinformationen. Ich bin mir sicher, dass Sie uns dabei unterstützen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)