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Pflegereform als qualitative Herausforderung

Die Eckpunkte zur Reform der Pflegeversicherung sehen eine Erweiterung des seit Einführung der Pflegeversicherung 1995 nicht mehr geänderten Leistungskataloges vor. Vorgesehen ist u.a.:

  • Die Stärkung der ambulanten Versorgung durch einen wohnortnahen Aufbau von Pflegestützpunkten in jedem Stadtteil, in denen sog. FallmanagerInnen entsprechend dem individuellen Bedarf die verschiedenen Angebote koordinieren. Künftig sollen betreute Wohngemeinschaften und andere Wohnformen, in denen Pflegebedürftige zusammenleben, stärker gefördert werden.
  • Die Verbesserung der Pflegequalität durch ein besseres Pflegemanagement.
  • Die Verbesserung der Versorgung von Menschen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz, z.B. Demenzkranke und Behinderte, sowie der Ausbau von entlastenden Hilfen für Angehörige u.a. durch Anhebung des Leistungsbetrages. 
  • Eine Erhöhung der finanziellen Leistungen bis 2012 in jeder Pflegestufe der ambulanten und der stationären Sachleistungsbeträge. Ausgebaut werden soll die Tagespflege.

 Um aus der Praxis zu lernen, habe ich in den vergangenen Wochen ambulante und stationäre Einrichtungen in Tempelhof-Schöneberg besucht. In intensiven Gesprächen habe ich wichtige Hinweise für die parlamentarischen Beratungen im Herbst erhalten, so u.a.

  • -Viele MigrantInnen sind mit dem „Alt- und Pflegebedürftig-Werdens“ in Deutschland nicht vertraut und kennen daher die entsprechende Angebotsstruktur zu wenig. Kritisiert wird, dass demenzerkrankte Menschen mit Migrationshintergrund „zu den vergessenen PatientInnen“ unseres Gesundheits- und Sozialwesens gehören.
  • Die bis dato strikte Trennung zwischen der Gesundheits- und Pflegeversicherung sollte überdacht werden. Als sehr sinnvoll habe ich es empfunden, dass in einem Pflegeheim eine Ärztin angestellt war. 
  • Der Auf- und Ausbau von Pflegestützpunkten wird begrüßt. Offen ist, wie vor Ort ein institutionelles Miteinander im Interesse der Betroffenen gestärkt wird und nicht im Dickicht der größtenteils auch konkurrierenden Trägervielfalt untergeht. Gefordert sind hier auch die Kommunen.
  • Eine stärkere Akademisierung der Pflegeberufe wird gewünscht, um den steigenden fachlichen Qualitätsanforderungen gerecht werden zu können.
  • Voraussetzung für die integrierte Versorgung und das Fallmanagement ist eine hochwertige Pflegeinfrastruktur voraus. Auch hier sind die Kommunen gefordert.
  • Familienfreundliche Arbeitszeiten und Pflege ist sowohl eine steigende Herausforderung für die Angehörigen als auch für die Beschäftigten. Gefordert werden bessere Arbeitszeitregelungen.

 Frauen sind von den politischen Weichenstellungen der Pflegerform mehrfach betroffen: Sie leisten den Hauptanteil der häuslichen Pflege. Sie stellen das Gros der professionellen Alten- und Krankenpflegerinnen. Sie bilden die Mehrheit der Pflegebedürftigen. Sie tun gut daran, sich auch verstärkt in die Reformdebatte zur Pflege einzumischen, damit diese nicht zu ihren Lasten geht.

Beitrag von Mechthild Rawert für die Mitgliederzeitung "Mitgestalten" der SPD Tempelhof-Schöneberg, Ausgabe September 2007