Hauptmenü

Tierschutzbericht 2007

Rede vom 12. Februar 2008 zur Unterrichtung durch die Bundesregierung zum Tierschutzbericht 2007 (Drucksache 16/5044) sowie erste Beratung zur 2. Änderung des Tierschutzgesetzes (Drucksache 16/7413)

 

 


 

Link zum Video in der Mediathek des Deutschen Bundestages



143. Sitzung vom 12.02.2008
TOP 25 Tierschutzbericht 2007

Mechthild Rawert (SPD):

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen und Kolleginnen!

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kol-
legen! Werte Gäste!

Ich habe keine Katze, die vor dem Fernseher sitzt, Herr Goldmann. Ich denke auch, dass das aus Tierschutzgründen ernsthaft überdacht werden sollte.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Hans-Michael Goldmann [FDP]: Ich rufe meine Frau an! Die holt die Katze da weg!)

270 000 Sattelrobben wurden im vergangenen Jahr vom kanadischen Fischerei- und Meeresministerium offiziell zum Töten freigegeben. 270 000 Sattelrobben wurden allein 2007 in Kanada getötet. Tierschutzorganisationen sprechen von mehr als 400 000 Robben weltweit. Dabei gehen die Robbenjäger nicht zimperlich mit den Robben um. Ich erspare Ihnen Einzelheiten über das Töten der Robben und das Abziehen der Felle bei lebenden Robben. Ich bin mir sicher, dass viele von Ihnen schon Fotos und Reportagen darüber gesehen haben. Seit Jahren protestieren Öffentlichkeit und Tierschützer gegen das alljährlich weltweite Abschlachten von Robben.

Der Bundestag hat der Bundesregierung am 19. Oktober 2006 einvernehmlich – ich betone: fraktionsübergreifend einvernehmlich – einen klaren Auftrag erteilt. Die Bundesregierung wurde aufgefordert, den Import, die Be- und Verarbeitung und das Inverkehrbringen von Robbenprodukten wirkungsvoll zu unterbinden. Wir Parlamentarierinnen und Parlamentarier haben der Bundesregierung den Auftrag gegeben, sich erstens aktiv dafür einzusetzen, dass es ein europaweites Einfuhr- und Handelsverbot für Robbenprodukte gibt. Sollte dies nicht umsetzbar sein, soll es zweitens zu einem nationalen Einfuhr- und Handelsverbot für Robbenprodukte kommen. Der Auftrag ist klar.

Dem Bundeskabinett, also allen Ministerinnen und Ministern unserer Bundesregierung, wurde diese Woche ein entsprechender Entwurf seitens des Hauses Seehofer vorgelegt. Dieser Entwurf wurde vom Bundeskabinett zur Kenntnis genommen. Das heißt, es passiert erst einmal gar nichts. Ich kenne die Gründe für diese bloße Kenntnisnahme nicht, aber ich wiederhole: Es gibt einen klaren Auftrag des Parlamentes. Daher fordern wir von der SPD-Fraktion die Bundesregierung auf, diesem in Bälde nachzukommen. Wir Parlamentarierinnen und Parlamentarier wollen ein geltendes Verbot. Wir erklären: Wir wollen es jetzt. Wir wollen in Deutschland keine gehandelten Robbenprodukte.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE] und der Abg. Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir setzen ein Verbot für Hundefelle und Katzenfelle um. Es gibt keinen Grund, Vergleichbares nicht für Robbenprodukte zu machen.

(Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE]: So ist es!)

Die Bundesregierung kann sich nicht zurücklehnen und zuschauen, wie andere Staaten – beispielhaft die Niederlande und Belgien – Robben schützen. Durch Nichtstun verlieren wir unsere Glaubwürdigkeit in der eigenen Bevölkerung und auch international. Wer derzeit in diesem Bereich arbeitet und seine E-Mails liest, weiß, wie viel Post wir im Augenblick dazu bekommen. Der Zeitraum vom 19. Oktober 2006 bis heute war für eine Prüfung lang genug. Wir wollen einen Gesetzentwurf. Wir haben einen Antrag. Wenn es zu keinem Handeln kommt, dann werden wir aus dem Parlament einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ein weiteres Thema – es wurde schon angesprochen – sind die Wale. Für die SPD-Fraktion – Herr Jahr wird vielleicht gleich für die CDU/CSU-Fraktion noch etwas dazu sagen – wiederhole ich das, was Herr Goldmann sagte: Ja, es ist unsäglich, was weltweit, zurzeit insbesondere von Japan, unter dem Schlagwort „Walfang aus wissenschaftlichen Gründen“ an Schindluder getrieben wird. Ich weiß, dass die Bundesregierung hier aktiv ist; aber das reicht noch nicht. Es gibt demnächst in Japan ein G-8-Treffen. Die Welt weiß, dass das, was derzeit unter dem Stichwort „Wissenschaftlichkeit“ verkauft wird – jetzt bin ich aus Freundschaft gegenüber Japan einmal sehr nett –, absolut antiquiert ist. Es wäre eine Schande, wenn das, was derzeit als wissenschaftlicher Standard in Bezug auf Wale propagiert wird, tatsächlich der wissenschaftliche Standard in Japan wäre. Ich bitte darum, dem in bilateralen Verhandlungen sehr viel stärker nachzugehen.

Der Tierschutz-TÜV wurde schon angesprochen und – nicht nur liebevoll – kritisiert. Wir von der SPD-Fraktion sagen eindeutig: Er ist uns wichtig. Wir fordern die Einführung des Tierschutz-TÜV. Wir nehmen das Staatsziel Tierschutz damit ausgesprochen ernst. Ich freue mich, dass heute in erster Lesung der Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes beraten wird. Dieser Gesetzentwurf hat den Tierschutz-TÜV zum Gegenstand.

Ziel dieses Tierschutz-TÜV ist es, dass serienmäßig hergestellte Haltungssysteme und Stalleinrichtungen daraufhin geprüft werden, ob sie den Bedürfnissen und den Verhaltensweisen der Tiere entsprechen, ob sie somit tiergerecht sind. Dies muss natürlich geschehen, bevor die Haltungssysteme und Stalleinrichtungen in den Handel kommen. Nur durch ein solches obligatorisches Prüfverfahren können Schmerzen, Leiden und Krankheiten unzähliger Tiere, die durch nicht tiergerechte Haltungssysteme entstehen, wirksam und endgültig verhindert werden.

Das geplante Prüf- und Zulassungsverfahren soll also dazu dienen, dass zukünftig nur noch auf Tiergerechtigkeit geprüfte und zugelassene serienmäßig hergestellte Stalleinrichtungen in den Verkehr kommen. Ich betone ausdrücklich: Dieses Verfahren dient also auch den Haltern von Nutztieren und den Stallbaufirmen. Es bringt Rechtssicherheit bezüglich des Einsatzes neuer Haltungssysteme. Stallbaufirmen können auf fachkundige Beratung bei der Weiterentwicklung von Haltungssystemen bauen. Es liegen schon entsprechende Standards, entwickelt von einem Kreis von Expertinnen und Experten, vor.

Auch als Verbraucherschützerin fordere ich den Tierschutz-TÜV. Das Prüf- und Zulassungsverfahren entspricht dem Wunsch vieler Verbraucherinnen und Verbraucher nach einer tiergerechten Haltung von Nutztieren in der Landwirtschaft. Viele Verbraucherinnen und Verbraucher achten bei ihrem Einkauf darauf, dass sie gute und hochwertige Produkte kaufen. Sie legen damit großen Wert auf die Haltungsbedingungen der jeweiligen Tiere. Durch die serienmäßige Prüfung von Haltungssystemen und Stalleinrichtungen kann somit auch einer Irreführung von Verbraucherinnen und Verbrauchern vorgebeugt werden. Der Aspekt „tiergerechte Haltung“ ist letztendlich ein unbestimmter, manchmal auch vager Begriff. Diesen wollen wir hiermit konkretisieren. Es muss endlich selbstverständlich werden, dass unsere Nutztiere tiergerecht aufwachsen und gehalten werden.

Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich noch einmal den vielen Tierschützerinnen und Tierschützern in Deutschland danken, die sich dem Staatsziel Tierschutz durch ihre tagtägliche – häufig ehrenamtliche – Arbeit widmen. Sie leisten Großartiges für das Zusammenleben von Mensch und Tier.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die SPD ist und bleibt eine Tierschutzpartei.

(Lachen des Abg. Dr. Peter Jahr [CDU/CSU] – Peter Bleser [CDU/CSU]: Wenn das alles ist!)

Von der heutigen Debatte erwarten wir also das baldigste Einfuhr- und Handelsverbot für Robbenprodukte, die schnelle Einführung eines Tierschutz-TÜV durch die Verabschiedung dieses Gesetzes und ein noch stärkeres Eintreten der Bundesregierung für den Schutz der Wale. Wir wollen der Würde von Tier, Mensch und Umwelt tatkräftig gerecht werden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

 

AnhangGröße
08.02.15_Rede_Tierschutz.pdf11.47 KB