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Rawert: Geplante Rentenanpassung ist der richtige Weg

Mechthild Rawert in: "Berliner Stimme. Sozialdemokratische Wochenzeitung", Nr. 8 - 58. Jahrgang

Ausgleich zwischen Jung und Alt
Die rund 20 Millionen Rentnerinnen und Rentner sollen nach den Plänen der Koalitionsfraktionen zum 01. Juli 2008 mehr Geld bekommen. In der vergangenen Woche hat sich der Bundestag mit dem Gesetzentwurf zur Rentenanpassung 2008 befasst. Danach würde eine Rentnerin mit einer monatlichen Rente von 1.000 Euro elf Euro mehr im Portemonaie haben. Das ist für jede und jeden Einzelnen nicht üppig aber mehr als vorgesehen und bedeutet für alle Rentnerinnen und Rentnern in Deutschland insgesamt 2, 5 Milliarden Euro mehr. Damit stärken wir auch die Kaufkraft der deutschen Binnenkonjunktur.
Diejenigen, die die Rentenerhöhung um 1,1 Prozent als vorgezogenes Wahlkampfgeschenk geißeln, verschließen ganz offenkundig die Augen vor der Realität: Der geringe Anstieg der Löhne und Gehälter im vergangenen Jahr von nur 1,4 Prozent hätte zu einer Rentenerhöhung von nur 0,46 Prozent geführt. Hinzu kommt die Anhebung des Pflegebeitrags um 0,25 Prozent zum 01. Juli 2008 aufgrund verbesserter Leistungen. Diese Beitragserhöhung spüren Rentnerinnen und Rentner mehr als andere, weil sie zwar den vollen Pflegebeitrag tragen müssen, nicht aber von der deutlichen Absenkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrags von 4,2 auf 3,3 Prozent zum Jahresanfang profitieren können.

Dass die Bruttolöhne im vergangenen Jahr nur so gering gestiegen sind und in der Folge keine höhere Rentenanpassung möglich gewesen wäre, hat zweifellos mit der Zunahme des Niedriglohnbereichs zu tun. Trotz guter Konjunktur und steigender Beschäftigung haben viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht mehr Geld in der Tasche. Es ist deshalb dringend notwendig, dass wir endlich flächendeckende Mindestlöhne in allen Branchen einführen! Denn auch das ist Generationengerechtigkeit konsequent gedacht: Nur mit gesetzlichen flächendeckenden Mindestlöhnen können Beschäftigte von ihrer Arbeit gut und ohne staatliche Transferleistungen leben und halbwegs ausreichende Rentenanwartschaften erwerben. Und nur wenn die Beitrags zahlende Generation einen würdigen Lohn erhält und angemessen vom wirtschaftlichen Aufschwung profitiert, nur dann kann die dämpfende Wirkung niedriger Löhne bei den Rentenanpassungen korrigiert werden. Eine zukunftssichere Alterssicherungspolitik wird daher ohne Mindestlöhne nicht auskommen!

Eine Rentenerhöhung auf niedrigstem Niveau auch in diesem Jahr ist der älteren Generation nicht mehr zuzumuten. Zur Erinnerung: Im vergangenen Jahr betrug die Rentenerhöhung gerade einmal 0,54 Prozent, in den drei Jahren vorher mussten die Rentnerinnen und Rentner immer wieder eine Nullrunde schlucken. Wir wollen, dass auch die ältere Generation vom wirtschaftlichen Aufschwung profitiert - allerdings auch weiterhin nur unter der Maßgabe einer zukunftsfesten Rentenversicherung. Deshalb wollen wir den Riesterfaktor in diesem und im kommenden Jahr lediglich aussetzen und die beiden ausgesetzten Stufen in den Jahren 2012 und 2013 nachholen. Die außerplanmäßige Erhöhung führt also nicht zu einem „willkürlichen Eingriff in die Rentensystematik“, der später doppelt bezahlt werden muss, wie Grünen- Fraktionschef Fritz Kuhn glauben machen will.

Ebenso wenig muss der Beitragssatz angehoben werden. Die für 2011 vorgesehene Beitragssatzsenkung von derzeit 19,9 Prozent auf 19,5 Prozent wird lediglich auf ein Jahr später verschoben. 2013 wird der Beitragssatz aber wie ursprünglich geplant auf 19,1 Prozent sinken. Damit entlasten wir die Jüngeren, die mit ihren Beiträgen heute und in naher Zukunft die Renten finanzieren.

Auch systematisch ist die Aussetzung des Riesterfaktors der richtige Weg: Seine Renten dämpfende Wirkung gründet nämlich eigentlich auf der Annahme, dass der weitaus überwiegende Teil aller Berechtigten auch tatsächlich riestert und dafür vier Prozent seines Nettolohns aufwendet. Doch auch wenn wir hier auf dem richtigen Weg sind, ist der Verbreitungsgrad der Riesterrente in Deutschland noch ausbaufähig.

Mit der Aussetzung des Riesterfaktors nutzen wir die für mehrere Generationen vertretbaren Spielräume und denken Gerechtigkeit sowohl für die Jüngeren als auch für die Älteren konsequent zu Ende.