Zur Stabilisierung der Finanzmärkte bzw. zur „aktuellen Gefahrenabwehr“ ist von der Bundesregierung ein umfangreiches Rettungspaket geschnürt worden. Klares Ziel dabei war nicht, den Bankmanagern aus der Klemme zu helfen. Vielmehr wollen wir den Bürgerinnen und Bürgern helfen, damit sie auch in Zukunft Kredite erhalten und Spareinlagen sicher sind.
Selbstverständlich haben die Änderung der Bewertungs- und Bilanzierungsregeln, die Einrichtung eines Finanzmarktstabilisierungsfonds (FMS) in Höhe von max. 100 Mill. Euro, die Garantien des Bundes für eine Refinanzierung, die Risikoübernahme durch den Erwerb von problematisch gewordenen Aktiva, die Sicherung der Liquidität von Geldmarktfonds durch die Bundesbank Vorrang. Die Feuerwehr fragt schließlich bei einem brennenden Haus auch nicht, ob sie es löschen darf.
Es freut mich, dass nun sogar die KollegInnen der Union und der FDP applaudieren, wenn strengere (Haftungs-)Auflagen für Manager (Gehaltsobergrenzen, Streichung von Boni, Beschränkung ihrer Dividenden, etc.) und Finanzinstitutionen ebenso wie eine nachhaltige Verbesserung der Finanzmarktaufsicht sowie eine staatliche Kontrolle und Garantiebedingungen gefordert werden.
Ich begrüße, dass unsere halbe Billion schweren Rettungsmaßnahmen - immerhin ein Geldvolumen in anderthalbfacher Größe des gesamten Bundeshaushaltes - in Absprache mit den anderen europäischen Ländern in der Regel bis zum 31.12.2009 befristet sind. Mir ist übel aufgestoßen, dass Ackermann nach Zeiten der Privatisierung der Gewinne nun eine Sozialisierung der Verluste gefordert hat. Die Rettungsanker für das Finanzsystem sind doch die sonst von den Großfürsten der privaten Finanzdynastie stets belächelten Sparkassen, Volks- und Genossenschaftsbanken sowie der Staat gewesen.
Da es sich um eine gesamtstaatliche Aufgabe handelt, beteiligen sich an dieser Rettungsaktion durch den FMS neben dem Bund auch die Bundesländer im Verhältnis von 35 Länder:65 Bund. Was diese Herausforderung für den Haushalt des Landes Berlin bedeutet, wird noch eine spannende Frage nicht nur für die HaushälterInnen sein.
Ich finde, Europa hat Stärke gezeigt. Ihm wird beim Bau einer neuen, nachhaltigen Finanzarchitektur eine Schlüsselrolle zukommen. Deutschland kann nun unsere Vorstellungen von einem europäischen Sozialmodell verstärkt in die Diskussionen einbringen. Unser sozialdemokratisches Ziel ist die Erneuerung der Wirtschaftsordnung. Wir Linken stellen auf dem Bundesparteitag am 18. Oktober deshalb einen Antrag, in dem u.a. gefordert wird die Eindämmung der Spekulationen und verstärkte Orientierung an der Realwirtschaft weltweit, ein Stop der Shareholdervalue-Mentalität angloamerikanischer Bilanzierungsregeln sowie stärkere Kontrolle und Aufsicht bei der Einführung neuer Finanzprodukte durch einen „Finanzmarkt-TÜV“. Doch auch hier in Deutschland braucht es einen Paradigmenwechsel: Das Primat der Politik auf den Finanzmärkten muss wiederhergestellt werden. Erste Schritt hat die SPD sowohl in punkto Wohlstandsförderung, sozialer Gerechtigkeit und gesellschaftlicher Machtverteilung gemacht. Wir haben die Rechte der Betriebsräte im Risikobegrenzungsgesetz verankert, haben den Aktionsradius von Real Estate Investment Trusts begrenzt, erfolgreich die öffentlich-rechtlichen Strukturen der Sparkassen erhalten und gestärkt.
Beitrag von Mechthild Rawert für die Mitgliederzeitung "Mitgestalten" der SPD Tempelhof-Schöneberg, November 2008