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Politik für Verbraucher ist sozialdemokratische Politik

Ob Verbraucherinformationsgesetz, Reform des Versicherungsvertragsrechts oder die Kennzeichnung „ohne Gentechnik“: Die verbraucherpolitischen Reformprojekte der letzten Jahre tragen eine sozialdemokratische Handschrift. Die aktuellen Diskussionen über die Falschberatung bei Finanzprodukten oder den Schutz von Verbraucherdaten zeigen, dass sozialdemokratische Lösungsansätze mehr denn je gefragt sind. Für uns heißt moderne VerbraucherInnenpolitik: Wir sehen genau hin, wo der Staat mit sinnvoller Regulierung Leitplanken einziehen muss, wo er für mehr Transparenz sorgen soll und wo er auf Marktkräfte und die Zivilgesellschaft vertrauen kann.

In mehr als zehn Jahren sozialdemokratischer Regierungsverantwortung haben wir die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher immer weiter gestärkt und für mehr Transparenz und Sicherheit in immer vielfältigeren und oft unübersichtlichen Märkten gesorgt. Damit haben wir selbstbestimmte und nachhaltige Entscheidungen der Verbraucherinnen und Verbraucher ermöglicht.

Als Partei, die in den 70er Jahren die moderne VerbraucherInnenpolitik erfunden hat, setzen wir damit eine gute sozialdemokratische Tradition fort. Die Verabschiedung der Gesetze zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen bzw. die Änderungen beim Telekommunikationsgesetz in dieser Woche sind weitere Schritte auf diesem Weg.

Verbraucherinnen und Verbraucher gestalten mit ihren Kaufentscheidungen nicht nur die eigene Umwelt und die eigenen Lebensbedingungen mit, sondern indirekt auch die anderer Menschen. Informationen über Beschaffenheit, Herkunft und Produktionsbedingungen sind oft lückenhaft. Es fehlen Geld und Zeit für realistische Alternativen, oder es ist schlicht zu kompliziert oder aufwändig, bei der Fülle täglich zu treffender Entscheidungen alle Alternativen sorgfältig abzuwägen: Beim täglichen Einkauf im Supermarkt werden Entscheidungen im Sekundentakt getroffen, über das neue Handy informiert man sich hingegen gern und nimmt sich länger Zeit, noch mehr Sorgfalt sollte auf die Auswahl von Altersvorsorgeprodukten und Versicherungen gelegt werden.

Qualität, Transparenz, Sicherheit als Zielmarken sozialdemokratischer VerbraucherInnenpolitik
Offene Märkte mit hohem Warenaustausch und starker Arbeitsteilung bringen Wohlstand, Beschäftigung und ein breites Angebot für VerbraucherInnen. Sie bergen aber auch die Gefahr nicht- nachhaltiger Wirtschaftsweisen, Übervorteilung und Ohnmacht gegenüber übermächtigen Anbietern. Hier setzt VerbraucherInnenpolitik an: Allen soll die gleichberechtigte Teilhabe an den Möglichkeiten und Chancen freier Märkte offen stehen. Qualität, Transparenz und Sicherheit - das sind die Zielmarken sozialdemokratischer VerbraucherInnenpolitik, die wir in vielen Gesetzen und Vorhaben umgesetzt haben.

Eine kleine aktuelle Auswahl soll dies unterstreichen:

1. Mehr Sicherheit im Alltag
Sozialdemokratische VerbraucherInnenpolitik steht für einen Gleichklang aus stärken und schützen: Die Stärkung von bewussten VerbraucherInnen muss begleitet sein durch Schutz vor Übervorteilung, illegalen Geschäftspraktiken und Gesundheitsgefährdung.
Vorsorge hat für uns Vorrang. Die Menschen sollen darauf vertrauen können, dass sie mit Grundwissen und gesundem Menschenverstand sicher durchs Leben kommen. Man muss sich sicher sein können, dass Nahrungsmittel gesund sind und der Toaster nicht die Wohnung in Brand steckt. Regeln für den Pflanzenschutz, Gentechnik oder Mobilfunk stellen sicher, dass Mensch, Tier und Umwelt nicht geschädigt werden. Die Benutzung des Handys treibt unsere Kinder nicht in die Schuldenfalle. Es gibt Mindeststandards für Versicherungs- und Finanzvermittler, damit Grundregeln eingehalten werden. Sozialdemokratisch geführte Regierungen seit 1998 haben daher zum Beispiel ein strenges Gentechnikgesetz sowie ein Lebens- und Futtermittelgesetzbuch geschaffen. Ebenso wurde das Pflanzenschutzrecht reformiert, die Spielzeugrichtline novelliert und das Versicherungsvertragsgesetz sowie das Finanzmarktrichtlinienumsetzungsgesetz verabschiedet. Erst letzte Woche wurden die Regeln für Handykosten und Lebensmittelhändler verschärft. Diese Woche geht es um unlautere Telefonwerbung und demnächst um den Handel mit Verbraucherdaten.

2. Mehr Transparenz für selbstbestimmte VerbraucherInnen und einen nachhaltigen Konsum
Die SPD ist für Vielfalt und Wahlfreiheit, für eigene Verantwortung und gegen Bevormundung. Wir wollen Verbraucher und Verbraucherinnen in die Lage versetzen, selbst zu entscheiden, was für sie selbst und ihre Umwelt gut ist.

Transparenz ist daher ein Leitmotiv sozialdemokratischer VerbraucherInnenpolitik. Transparenz ist aber nicht gleichbedeutend mit Informationsflut: Anleger dürfen nicht erst auf Seite 87 erfahren, dass das angeblich so sichere Produkt ein riskantes Zertifikat ist. Bei Lebensmitteln sollen Tabellen und Grafiken nicht darüber hinweg täuschen, dass das angeblich gesunde Milchprodukt für Kinder in Wahrheit eine Zuckerbombe ist. Und wer mit einem günstigen Kredit wirbt, muss auch beweisen können, dass ein Verbraucher/eine Verbraucherin mit durchschnittlichen Voraussetzungen ihn auch bekommen kann. Die Kennzeichnung von Verbraucherprodukten muss deshalb besser werden: Wir wollen die „Ampelkennzeichnung“ für Nährstoffe in Lebensmitteln, um Eltern in die Lage zu versetzen, auf einen Blick die richtige Pizza für ihre Kinder auszuwählen. Bei Elektrogeräten soll auf einen Blick erkennbar sein, ob das Gerät zu viel Strom in seiner Klasse verbraucht. Und wer keine Gentechnik in seinem Essen will, soll mit einem Blick erkennen können, welche Produkte ohne Gentechnik produziert wurden. Wir haben das „Biosiegel“ geschaffen und die „ohne Gentechnik“- Kennzeichnung durchgesetzt, wir haben eine kurze, verständliche Produktinformation für Versicherungen verabschiedet und dies auch für Finanzprodukte vorgeschlagen.

Der „Umweltengel“ trägt seit 1978 dazu bei, dass besondere Umwelt- Qualitäten erkannt werden können. Freiwillige Gütesiegel können auch in anderen Bereichen helfen, besondere Produkte von anderen zu unterscheiden, oder deutlich zu machen: Hier gibt es geprüfte Sicherheit durch laufende und unabhängige Kontrolle! Auch für Finanzdienstleistungen haben wir vorgeschlagen, mit freiwilligen Zertifizierungssystemen mehr Übersicht in den Markt für Produkte und Vermittler zu bringen. VerbraucherInnen wollen wissen, wie es um die Qualität ihrer Produkte bestellt ist, und sie reagieren sehr empfindlich, wenn Vertrauen missbraucht und ihnen z. B. Gammelfleisch als Frischfleisch verkauft wird. Manche Krise einer Branche hätte vermieden werden können, wenn mehr Transparenz über bereits aufgedeckte Missstände hergestellt worden wäre.

Die SPD hat deshalb das Verbraucherinformationsgesetz durchgesetzt: Verbraucherinnen und Verbraucher haben einen Rechtsanspruch auf Informationen von Behörden. Die Behörden wiederum sollen von sich aus Erkenntnisse über mangelhafte Qualitäten in Lebens- und Futtermitteln veröffentlichen. Noch nicht alle Behörden und vor allem auch nicht die Unternehmen haben realisiert, welche Chancen für die Stabilität und Entwicklung von Märkten darin bestehen, die „schwarzen Schafe“ von denjenigen zu trennen, die die Regeln einhalten oder sogar vorbildlich agieren. Die CDU/CSU verteidigt sogar die „Betriebsgeheimnisse“ von Missetätern und lehnt Regelungen zum Schutz von Arbeitnehmern ab, die die Öffentlichkeit vor kriminellen Machenschaften ihrer Arbeitgeber gewarnt haben. 3. Keine Übervorteilung – Hilfe bei der Durchsetzung von VerbraucherInnenrechten „Gute“ Gesetze alleine reichen nicht aus. Entscheidend ist auch, ob die Verbraucherinnen und Verbraucher tatsächlich zu ihrem Recht kommen. Telefontarifdschungel, Altersvorsorge, gesunde Ernährung: Verbraucherinnen und Verbraucher müssen heute immer mehr Informationen verarbeiten und immer schneller Entscheidungen treffen. In stark liberalisierten Märkten verlieren sie schnell den Überblick und fallen daher besonders leicht auf unlautere Geschäftspraktiken herein.

VerbraucherInnenrechte müssen auch durchgesetzt werden
VerbraucherInnenrechte müssen nicht nur klar definiert werden und bekannt sein, sie müssen auch durchgesetzt werden. Verantwortung für die Qualität von Produkten und Dienstleistungen haben Hersteller und Anbieter. Es wäre aber weltfremd und kaum rational, dass Verbraucherinnen und Verbraucher selbst feststellen können, ob die Tankuhr auch tatsächlich die richtige Menge Benzin anzeigt, und dass sie einen Prozess anstrengen müssen, weil sie bei der Telefonabrechnung um wenige Cent betrogen worden sind. Deshalb kann Wettbewerb nur funktionieren, wenn solche Regeln eingehalten werden. Behörden und beauftragte Stellen können mit Genehmigungen und Zulassungen, mit Stichprobenkontrollen, Anordnungen und Strafen für diese Einhaltung sorgen. Auch die staatliche Wettbewerbsregulierung in hochkonzentrierten Bereichen wie Strom oder Gas hilft den VerbraucherInnen.

Mehr Rechte für Fahrgäste
Unlautere Geschäftsgebaren und unfaire Angebote in funktionierenden Märkten haben so keine Chance. Denn wo Alternativen vorhanden sind, müssen sich VerbraucherInnen nicht auf schlechte Produkte einlassen. Sozialdemokratische VerbraucherInnenpolitik kümmert sich daher um einen funktionierenden Wettbewerb, schafft rechtliche Möglichkeiten und bietet ökonomische Anreize für einen fairen Wettbewerb. Wir wollen deshalb zum Beispiel auch mit verbrieften Fahrgastrechten Anreize setzen, dass Züge pünktlich sind und Reiseketten funktionieren. Durch unabhängige Schlichtungsstellen sollen Kunden schnell und unbürokratisch zu ihrem Recht kommen. Der Gesetzentwurf von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries schafft damit eine neue Qualität für die Rechte Bahnreisender.

Mehr VerbraucherInnenschutz bei Finanzprodukten
Aktuell verhandeln wir mit der CDU/CSU auch über weitere Maßnahmen für mehr VerbraucherInnenschutz bei Beratung und Verkauf von Finanzprodukten. Unsere Vorschläge sehen neben Maßnahmen der Regulierung und für mehr Transparenz auch Regeln vor, damit Anleger und Anlegerinnen ihre Rechte besser durchsetzen können: Eine Dokumentation der Beratung und die Verlängerung der Verjährungsfristen werden helfen, gegen Falschberatung besser vorgehen zu können.

Staatliche Aufsicht und privates Vorgehen gegen unlautere Praktiken reichen aber nicht aus: Verbraucherorganisationen wie zum Beispiel der Verbraucherzentrale Bundesverband müssen als „Marktwächter“ im Auftrag der Verbraucherinnen und Verbraucher nachforschen, aufzeigen und wenn nötig auch dagegen vorgehen können. Sie sollen den Markt beobachten, aus VerbraucherInnensicht bewerten, Regulierungsdefizite (z. B. im Hinblick auf Markttransparenz oder Vertriebspraktiken) dokumentieren und dagegen mit Abmahnungen, Klagen oder Hinweisen an die Regulierungsbehörden vorgehen können. Verbraucherorganisationen brauchen dafür nicht nur ausreichende personelle und finanzielle Kapazitäten, sondern auch ausreichende rechtliche Möglichkeiten. Dafür haben wir in der Großen Koalition ebenfalls Vorschläge gemacht.