Zum Aktionstag im Rahmen der Kampagne „Was ist die kranke Frau in Deutschland wert?“ am 16. Juni erklärt Mechthild Rawert, Mitglied im Gesundheitssausschuss des Deutschen Bundestages und zuständige Berichterstatterin der AG Gesundheit der SPD- Bundestagsfraktion:
Was ist die kranke Frau in Deutschland wert? Laut Berufsverband der Frauenärzte e.V. in Berlin nur 19,35 Euro. Mit seiner provozierenden Frage und der Aufforderung, eine Wunschhonorierung zu nennen, versucht ein bayerischer Frauenarzt, in seiner Funktion als Präsident des Berufsverbandes der Frauenärzte, die Patientinnen bundesweit zu verunsichern.
Die medizinische Versorgung von Frauen ist viel zu wichtig, als sie wie auf einem orientalischen Basar individuell auszuhandeln. Die Behauptung, ein Gynäkologe/eine Gynäkologin verdiene in Berlin pro Patientin nur 19,35 Euro für eine umfassende Behandlung, ist schlichtweg falsch. Vielmehr sind die so genannten Regelleistungsvolumina, eine Grundvergütung pro Patientin, im März dieses Jahres auf 21,98 Euro gestiegen. Zudem wird für die Behandlung älterer Patientinnen eine höhere Vergütung gezahlt. Leistungen, die darüber hinausgehen, werden seit Januar dieses Jahres gesondert abgerechnet. Hinzu kommen Honorierungen aus der privaten Krankenversicherung, integrierten Verträgen, Leistungen für Chronikerprogramme.
Die Aussage, dass Gynäkologinnen und Gynäkologen wegen zu geringer Honorierung in Zukunft nicht mehr ihre Familien ernähren könnten, entspricht nicht der Realität. Dass sich die Honorarreform durchaus für ÄrztInnen lohnt, zeigt das Beispiel Berlin ganz offenkundig: Die hier niedergelassenen Frauenärztinnen und Frauenärzte werden zu den GewinnerInnen der aktuellen Honorarreform gehören.
Ich bedaure, dass der Berufsverband der Frauenärzte seine Kampagne allein auf die Frage der Honorierung beschränkt und nicht diejenigen diskutiert, die vor allem seinen weiblichen Verbandsmitgliedern wichtig sind. Die jungen hoch qualifizierten Ärztinnen brauchen Bedingungen, die Ihnen die fachlich gute Ausübung ihres Berufs und gleichzeitig die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglichen.
Wenn dem Verband an der adäquaten medizinischen Versorgung von kranken Frauen in Deutschland gelegen ist, sollte vielmehr die Frage im Vordergrund stehen, wie eine geschlechtergerechte Gesundheitsversorgung sichergestellt werden kann. Dazu gehört insbesondere die Ausrichtung von Gesundheitsangeboten auf die jeweils unterschiedlichen Belastungen und Ressourcen von Männern und Frauen.
Darüber hinaus müssen geschlechtsspezifische Aspekte auch in der medizinischen Ausbildung und Forschung künftig stärker berücksichtigt werden.