„Es hat 64 Jahre nach Kriegsende gedauert: Mit der Entscheidung des Rechtsausschusses heute gibt es keinen Zweifel daran, dass der Deutsche Bundestag am 08. September endlich die Rehabilitierung sogenannter „Kriegsverräter“ unter dem Naziregime vornehmen wird. Mit diesem längst überfälligen „Zweitem Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege (2.NS-AufhGÄndG; BT-Drs. 16/13654) werden die entsprechenden Urteile der NS-Justiz endlich pauschal aufgehoben“, zeigt sich Mechthild Rawert bereits vor der Entscheidung des Rechtsausschusses am heutigen Mittwochnachmittag sicher. „Ich bin froh, dass es noch lebende Angehörige und Freunde der damals als „Kriegsverräter“ zum Tode verurteilten mutigen Menschen gibt, die diesen Tag der Wiedergutmachung noch erleben dürfen.“
„Es musste Druck in der Koalition gemacht werden“ begründet Mechthild Rawert ihre Unterstützung für den fraktionsübergreifenden Gruppenantrag gegen den Widerstand der CDU/CSU im Juni 2009. „Erst dieser Druck hat den gemeinsamen Gesetzentwurf der SPD, Bündnis 90/ Die Grünen, FDP und nun auch CDU/CSU ermöglicht. Mich ärgert sehr, dass die Union nach ihrem jahrelange Widerstand gegen die Erweiterung der Opfergruppen um die sogenannten „Kriegsverräter“ es nun wiederum nicht zulässt, dass sich die Linkspartei offiziell an dem eingebrachten Gesetzentwurf beteiligten darf. Das ist der Preis für ihre Zustimmung zum jetzigen Gesetzentwurf. Um das Naziunrecht deutlich zu brandmarken, hätte ich mir ein gemeinsames politisches Zeichen aller Fraktionen des Deutschen Bundestages gewünscht. Ich bin mir aber sicher, dass die Linkspartei unserem Gesetzentwurf zustimmen wird. Es wird dann am 08. September also doch noch dieses gemeinsame historische Zeugnis des Deutschen Bundestages geben“, zeigt sich Mechthild Rawert erfreut.
„Die Konservativen haben mit ihrer jahrelangen Weigerung und nun auch mit diesem Ausschluss der Linkspartei erneut deutlich gezeigt, dass sie nur in Sonntagsreden von Freiheit und Zivilcourage reden können. Bekannt ist schließlich: Seit April 1934 kam für die Nationalsozialisten für den Straftatbestand Kriegsverrat nur noch die Todesstrafe als Strafmaß in Frage. Der mit dem Tode bestrafte „Kriegsverrat“ konnte in den Augen der urteilenden NS-Richter dabei vieles sein: der von Soldaten, aber auch von ZivilistInnen, geleistete politische Widerstand, Hilfe für verfolgte Juden oder Unbotmäßigkeiten gegen Vorgesetzte. Mit diesem Instrument „Kriegsverrat“ hatte die NS-Justiz für sich ein Instrument geschaffen, nicht auf nationalsozialistischer völkischer Linie liegendes Verhalten drakonisch zu brandmarken und mit dem Tode zu bestrafen“ ärgert sich Rawert über den Widerstand und die aktuelle Verfahrensvorgabe der CDU/CSU.
Über die pauschale Rehabilitierung sogenannter „Kriegsverräter“ ist lange in der Politik gestritten worden. Im Juni 2002 sind die Opfergruppen im 1998 beschlossenen Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile um Homosexuelle und Deserteure erweitert worden. Kriegsverräter blieben draußen, jedes NS-Urteil konnte auch in den letzten Jahren nur nach Einzelfallprüfung aufgehoben werden. Seit 2006 wird im Deutschen Bundestag aufgrund eines Antrages der Linksfraktion erneut beraten, 2008 eine Anhörung durchgeführt - die Union blieb bei ihrer ablehnenden Haltung. „Obgleich eine im Sommer 2007 erschienene Studie zweier Militärhistoriker einwandfrei bewiesen hat, dass vor allem einfache Soldaten der Wehrmacht zum Tode verurteilt worden waren, hat die CDU/CSU auch dann noch mit dem Argument blockiert, es könne schließlich nicht ausgeschlossen werden, dass „einzelne Täter“ anderen Menschen Schaden zugefügt hätten. Auch das zu Jahresanfang veröffentlichte Gutachten des früheren Bundesverfassungsrichters Hans Klein, nach dem die NS-Strafvorschrift „Kriegsverrat“ mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar ist, hatte die Union nicht zum Umdenken bewegt. Der Widerstand der CDU/CSU ist erst mit dem fraktionsübergreifenden Gruppenantrag im Juni besiegt worden“, erläutert Mechthild Rawert, die in Tempelhof-Schöneberg wieder als Direktkandidatin antritt.