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Die Zukunftswerkstatt „Integration“ der SPD hat ihre Arbeit aufgenommen

Am 26.04. fand die Auftaktveranstaltung der Gesprächsreihe „Treffpunkt Integration“ mit viel medialer Aufmerksamkeit statt. Der auf zwei Jahre angelegte Prozess wird sich in den kommenden Monaten mit verschiedenen Aspekten des Themas Integration auseinandersetzen. Mechthild Rawert hat die kontroversen Diskussionen als stv. Sprecherin der AG Migration und Integration der SPD-Bundestagsfraktion mit Spannung verfolgt:

Mein Fazit: Deutschland ist ein Einwanderungsland. Deutschland muss noch lernen, ein interkulturelles Selbstverständnis in allen Formen des Zusammenlebens zu entwickeln. Selbstbewusst stellen sich Zugewanderte, stellen sich jüngere und ältere in Deutschland geborene Menschen mit Migrationsgeschichte als auch „Biodeutsche“ gemeinsam der Herausforderung für ein modernes und weltoffenes Deutschland. Verschiedene Kulturen bedeuten kultureller Reichtum. Es gibt millionenfach gelungene erfolgreiche Lebensgeschichten. Nichtsdestotrotz stehen wir vor der gesamtgesellschaftlichen Herausforderung, unser Zusammenleben so zu gestalten, dass Benachteiligungen und Diskriminierungen als solche auch benannt und bekämpft werden. Wir alle müssen uns fit machen für das Leben in einer interkulturellen Gesellschaft.

Die Journalistin Ferdos Forudastan führte sachkundig und geschickt durch mehrere lebhafte Diskussionsrunden. In einer der Runden wurden WissenschaftlerInnen nach ihren Einschätzungen und Kritikpunkten an der aktuellen Integrations- und Migrationspolitik der Bundesrepublik befragt, eine andere befasste sich mit „Integration im Alltag“ und richtete sich an PolitikerInnen und Aktive. Sie wurde unterbrochen durch eine Unterhaltung mit der bekannten Schauspielerin Dennenesch Zoudé, die trotz eigener Erfolgsgeschichte auch von der alltäglichen Zumutung eines offenen oder versteckten Rassismus berichtete. Den Abschluss bildete eine gemeinsame Zusammenfassung und Ausblick von Ferdos Forudastan mit dem Regierenden Bürgermeister von Berlin Klaus Wowereit und Kenan Kolat, dem Vorsitzenden der Türkischen Gemeinde Deutschland, die gemeinsam die „Zukunftswerkstatt Integration“ für die SPD leiten.

Größter Kritikpunkt der teilnehmenden DiskutantInnen mit Migrationshintergrund war die Defizitorientierung der gesamten Integrationsdebatte in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten. Sie reduziere MigrantInnen auf bestimmte Mängel, die per staatlicher Projektarbeit in Förderprogrammen behoben werden sollten, um die MigrantInnen zu integrieren. Integration verlangt aber, so der allgemeine Tenor, endlich auch der Mehrheitsgesellschaft etwas ab: Verschiedenheit anzuerkennen, Strukturen zu flexibilisieren und besondere Kompetenzen auch zu würdigen.

Selbstverständlich gibt es besondere Unterstützungsbedarfe bei bestimmten MigrantInnengruppen, wie Neuköllns Bürgermeister Buschkowsky deutlich herausstellte. Viele dieser Probleme sind sozial bedingt und beruhen auf Defiziten in Sprache und Bildung. Sie sind, so eröffnete Klaus Wowereit die Zukunftswerkstatt, auch keine ausschließlichen Merkmale von MigrantInnen, sondern treffen z.B. auch Herkunftsdeutsche mit besonderen Schwierigkeiten. Deshalb hat Berlin mit seiner Schulstrukturreform politisch schon viel erreicht, um Bildungsstrukturen für Alle zu verbessern. Zahlreiche Benachteiligungen gebe es - und damit politischen Handlungsbedarf -  allerdings noch auf dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt.

Viele MigrantInnen haben auch von der SPD eingefordert, endlich die besonderen Kompetenzen und die gesellschaftlichen Leistungen von MigrantInnen in den Blick zu nehmen. Erst dann mache die (alte) Forderung nach interkultureller Öffnung der Gesellschaft wirklich Sinn. Fast alle, WissenschaftlerInnen und PraktikerInnen, waren sich einig, dass eine Migrationsquote dafür notwendig sei.

Klaus Wowereit und Kenan Kolat haben in ihren Resümees festgestellt, dass es viel zu tun gibt, um den Migranten und ihren Kindern zu helfen, bei denen sich soziale und Bildungsdefizite häufen. Die Förderung muss früh einsetzen, die Ausbildungschancen müssen verbessert werden und ebenso die Zugänge in gute Arbeitsverträge. Zugleich soll auch die SPD selbst eine Öffnung vollziehen und mehr herausragende Positionen mit MigrantInnen besetzen. Eine MigrantInnenquote will Kenan Kolat aber erst einführen, wenn Förderpläne ebenso erfolglos blieben wie die freiwillige Frauenquote es ist. Die rot-rote Landesregierung bereitet derzeit ein Integrationsgesetz vor, mit dem die Partizipation und Gleichstellung von MigrantInnen im gesellschaftlichen Bereich erhöht werden soll.

Deutlich wurde: Damit eine Migrationsgeschichte kein Diskriminierungsgrund mehr ist, bedarf es noch viel politischer Durchsetzungskraft, um auch den Mentalitätswechsel in Deutschland und in Berlin zu erreichen.

Die weitere Ausgestaltung dieses großen gesellschaftlichen Prozesses findet unter Teilnahme der AG Integration im Willy-Brandt-Haus und der Bundestagsfraktion der SPD statt, beides mit aktiver Beteiligung von Mechtild Rawert.

Weitere Infos zu dieser und folgenden Veranstaltungen der Zukunftswerkstatt finden sich unter: www.zukunftswerkstatt.spd.de