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Chancengleichheit ist das Ziel - Zur Diskussion um das Berliner Partizipationsgesetz

Am 15. Juni wurde vom Senat öffentlich ein Eckpunktepapier zum sogenannten Partizipationsgesetz vorgestellt. Es soll die Integration von Migrantinnen und Migranten in Berlin fördern und die praktische Umsetzung ihrer Ansprüche auf mehr Teilhabe und Chancengleichheit fördern. Die Diskussion um das Gesetz wird auch in der SPD-Bundestagsfraktion aufmerksam wahrgenommen und diskutiert.

Das spätere Gesetz soll aus 2 Teilen, einem Stammgesetz und einem Artikelgesetz bestehen. Im zweiten Teil, dem Stammgesetz, werden übergreifende Sachverhalte geregelt. Dort sind die Ziele, die Grundsätze und der Anwendungsbereich des Gesetzes niedergelegt. Im dritten Teil werden eine Reihe von Änderungen in unterschiedlichen Gesetzen unter Federführung der zuständigen Senatsverwaltungen vorgenommen. Federführend ist die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales. Von Anfang an waren die Integrationsbeiräte an der Planung beteiligt, so dass die Anliegen der Betroffenen unmittelbar eingearbeitet werden konnten.

Auch in der AG Migration-Integration der SPD-Bundestagsfraktion wird diskutiert, wie eine bessere Beteiligung von MigrantInnen und eine bessere Integration auf dem Arbeitsmarkt praktisch erreicht werden kann. Das Land Berlin ist hier gesetzgeberisch vorbildlich. Daher habe ich gemeinsam mit Raed Saleh, dem migrationspolitischen Sprecher der Abgeordnetenhausfraktion, die Eckpunkte zum Gesetzesentwurfs auch hier zur Diskussion gestellt, um zu prüfen, was bundespolitisch zu tun ist. Dazu gehört die Reform des Staatsbürgerrechts ebenso wie die Frage der politischen Teilhabe bei Landtagswahlen und die Überarbeitung der Regelungen zur Beschäftigungserlaubnis.

Das geplante Gesetz zielt auf die Landesverantwortlichkeiten und soll den Partizipationsgedanken in Institutionen und Verwaltungen sowie in demokratischen Beteiligungsverfahren im Land Berlin stärken. Partizipation und Gleichberechtigung definieren Integration als interkulturellen, also wechselseitigen Prozess. Die Gewährleistung der schon jetzt grundgesetzlich gebotenen Chancengleichheit und gleichberechtigten Teilhabe der Menschen mit Migrationsgeschichte wird verbessert, indem die integrationspolitischen Schwerpunkte und Handlungsfelder in Berlin auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden. Damit soll Integration zur Pflichtaufgabe werden, die bezirkliche (kommunale) Integrationspolitik stärker vereinheitlicht und die gesellschaftspolitische Anerkennung der Menschen mit Migrationsgeschichte bestärkt werden.

Einer der Streitpunkte des Entwurfes zeigt, dass Integrationspolitik nicht aus der allgemeinen Debatte um Sozial-, Arbeitsmarkt- und Bildungspolitik herausgelöst werden kann: die Definition des Begriffs MigrantIn im Stammgesetz. Nach der im Entwurf verwendeten Definition sind Zugewanderte der 3. Generation keine Migranten, sofern sie die Deutsche sind. AussiedlerInnen fallen ebenfalls heraus, weil sie grundsätzlich als Deutsche gelten.

Auf die Reaktionen der Verbände und Vereine, die nun zu Kommentaren aufgefordert sind, darf man gespannt sein. Denn gerade auch diese Gruppe erfährt Diskriminierung und fordert mehr Chancengleichheit bei Ausbildungs- und Arbeitsplätzen. Gute Integrationspolitik ist also in erster Linie eine gute Politik der Teilhabe und Chancengleichheit für Alle und in allen Lebensbereichen. So greifen die Artikel des 2. Gesetzesteils in unterschiedliche Berliner Gesetze ein und verändern sie zugunsten von mehr Teilhabe. Die Änderung des Begriffs „kirchliche“ in „religiöse Feiertage“ hat einen hohen Symbolwert, bei der Änderung des Anforderungsprofils für den Öffentlichen Dienst geht es um Zugangsmöglichkeiten zum öffentlichen Dienst auf dem hart umkämpften Ausbildungs- und Arbeitsmarkt.

Beitrag von Mechthild Rawert für die Mitgliederzeitung "Mitgestalten" der SPD Tempelhof-Schöneberg, Ausgabe 6, Juli/August 2010