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Initiative für Gesundheits- und Pflegeberufe gestartet

Die Gesundheitspolitikerin der SPD-Bundestagsfraktion Mechthild Rawert hat eine bundesweite Initiative zur Erhöhung der Nachhaltigkeit und Attraktivität von Gesundheits- und Pflegeberufen in Leben gerufen. Dazu erklärt sie:
Niemand darf die Augen davor verschließen, dass auf unsere Gesellschaft des längeren Lebens im Bereich der Pflege und Gesundheit Aufgaben zukommen, die beispiellos sind. Wir werden diese Herausforderungen nur bewältigen, wenn die Gesundheits- und Pflegeberufe besser entlohnt und attraktiver gestaltet werden. Eine höhere gesellschaftliche Anerkennung ist notwendig.

Kürzlich schlugen die Wellen in den Medien hoch: In den privaten Pflegeeinrichtungen würden in den nächsten zehn Jahren rund 300 000 zusätzliche Pflegekräfte fehlen. Mehr Umschulungsmaßnahmen und eine gesteuerte Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland sollen Abhilfe leisten.

Diese Forderungen greifen zu kurz. Bundes- und Landesregierungen sind aufgerufen, Pflege und andere gesundheitsbezogene Berufe als Berufswahl nachhaltig attraktiv zu machen. Dafür müssen aber die Arbeitsbedingungen, die Personalausstattung, die Aus- und Weiterbildung, die Art der Aufgabenzuweisung, die Karrierechancen und vor allem die Vergütung der Pflege- und Gesundheitsfachkräfte verbessert werden. Das erfordert finanzielle Investitionen.

Ich unterstütze die Forderungen nach einer gesellschaftlichen - vor allem auch finanziellen - Aufwertung dieser Berufe JETZT.

„Initiative Gesundheitsberufe“

Noch vor der parlamentarischen Sommerpause habe ich die „Initiative Gesundheitsberufe“ ins Leben gerufen. Ziel ist die politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Aufwertung der Gesundheits- und Pflegeberufe im Kontext einer zunehmend beschäftigungsintensiveren Gesundheitswirtschaft. Ich will, dass wir als SPD-Bundestagsfraktion in Zusammenarbeit mit den relevanten gesellschaftlichen Gruppen und Institutionen eine umfassende Strategie zu einer dynamischen Aufwertung dieser Berufe entwickeln. Keine Arbeitsgruppe, kein Fachausschuss alleine kann die komplexen Herausforderungen lösen.

Als Mitglied des Gesundheitsausschusses habe ich daher zwei ExpertInnenrunden ins Leben gerufen: zum einen eine Runde mit VertreterInnen von Gewerkschaften, (Berufs-) Fachverbänden, Frauenorganisationen und der Arbeitsgemeinschaft der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Gesundheitswesen (ASG). Zum anderen eine Arbeitsgruppen-übergreifende Runde mit Kolleginnen und Kollegen der SPD-Bundestagsfraktion.

Zunehmender Bedarf an gesundheitlicher Versorgung

Personalmangel im Gesundheitswesen wird in der Öffentlichkeit als auch Politik vorrangig als Mangel an ÄrztInnen wahrgenommen. Das ist aber nur ein Aspekt des Problems. Mir liegt besonders am Herzen, dass der Fachkräftemangel in den vielfältigen nicht-ärztlichen Gesundheitsberufen zu pflegerischen und gesundheitlichen Versorgungsengpässen führt. In unserer immer älter werdenden Gesellschaft wird der Bedarf an professioneller Versorgung in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und im ambulanten Bereich ansteigen. Gleiches gilt für die Gesundheitsförderung und Prävention. Als Einwanderungsland brauchen wir auch eine Gesundheitsversorgung, die kultursensibel ist.

Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen verbessern

Die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen im nicht-ärztlichen Versorgungsbereich sind zumeist belastend: sowohl hinsichtlich der Arbeitsflexibilität und der Arbeitszeiten, der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, der hohen körperlichen als auch psychischen Belastungen. Die - zumeist weiblichen - Beschäftigten werden im Vergleich zu anderen Branchen unterbezahlt. Zu viele - vor allem jüngere - Fachkräfte verlassen daher bereits nach relativ kurzer Berufstätigkeit diese Berufsfelder. Die Belegschaften werden immer älter. Sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich fehlen alternsgerechte Arbeitsmodelle.

Ausbildungsstrukturen im Wandel

Die Ausbildungsstrukturen im Gesundheitswesen bedürfen dringend der Modernisierung. Sie sind flächendeckend noch zu uneinheitlich und haben eine zu geringe Durchlässigkeit. Für die Zukunft werden zunehmend Kompetenzen erwartet, die nicht nur in der Vermeidung bzw. Heilung liegen, sondern auch in der Gesundheitsförderung, im Aufschub bzw. der Minimierung einer Erkrankung.

Der Trend zur Akademisierung ist offensichtlich und anhaltend - auch wenn im Tarifgefüge noch entsprechende Regelungen für die anschließende Beschäftigung fehlen. Für einige Berufsgruppen hat der Gesetzgeber Modellklauseln geschaffen, damit außer an staatlich anerkannten Fachschulen auch an Hochschulen eine Ausbildung absolviert werden kann. Diese Erfahrungen sollen Bund und Ländern als Grundlage für die Weiterentwicklung der Berufsgesetze dienen, um die Ausbildungen dieser Berufe im europäischen Vergleich wettbewerbsfähig zu machen. Die Akademisierung der Gesundheitsfachberufe ist ein Beitrag zur Qualitätssicherung und Effektivitätssteigerung unserer gesundheitlichen Versorgung.

Ein Berufsstand emanzipiert sich

Die Assistenzberufe (der Medizin) professionalisieren sich. Das vor allem in Deutschland dominierende Abhängigkeitsverhältnis von den medizinischen Fachberufen wird von WwissenschaftlerInnen und beruflich Tätigen als zunehmend veraltet betrachtet. Auf ihrer berufspolitischen Agenda steht daher schon seit geraumer Zeit die Neuordnung der ärztlichen Aufgaben und damit verbundenen die Forderung nach „Substitution anstelle von Delegation“. Gemeint ist, dass einige der derzeit ausschließlich MedizinerInnen vorbehaltenen Tätigkeiten sollen auf andere Berufsgruppen übertragen werden. Damit verbunden ist auch eine eigene stärkere institutionelle Vertretung in den Gremien des Gesundheitswesens.