Anlässlich der drastischen Kürzung der Städtebauförderung, vor allem des Programms Soziale Stadt, erklärt die SPD-Bundestagsabgeordnete für Tempelhof-Schöneberg und Landesgruppensprecherin der Berliner SPD-Bundestagsabgeordneten, Mechthild Rawert:
In der Haushaltsberatung am 24.11.2010 hat die SPD von der Regierung gefordert, die Kürzung der Städtebauförderung, insbesondere die Kürzungen im Programm Soziale Stadt, zurückzunehmen. In namentlicher Abstimmung lehnten die Abgeordneten der Koalitionsfraktionen, darunter auch die Tempelhof-Schöneberger Bundestagsabgeordneten Dr. Jan-Marco Luczak (CDU) und Holger Krestel (FDP), diesen Antrag ab.
Die Städtebauförderung insgesamt wird im Haushalt 2011 um 155 Millionen auf 455 Millionen Euro gekürzt. Besonders schlimm trifft es - entgegen den Empfehlungen sämtlicher Fachleute - das Programm "Soziale Stadt", aus dem auch die Projekte in unseren Quartiersmanagement-Gebieten Gelder erhalten. Dieses wird um 72 % von 95 Millionen Euro auf 28,5 Millionen Euro kaputt gespart und lediglich auf bauliche Maßnahmen beschränkt.
Damit ist dieses essentielle Programm jetzt das kleinste im Rahmen der Städtebauförderung. Stattdessen wird der Bereich „Kleinere Städte und Gemeinden“ um ca. 95 % angehoben – ein Programm, das vor allem den kleinen Städten im süddeutschen Raum, aus dem Minister Ramsauer kommt, zugute kommt.
Für Berlin sind das schlechte Nachrichten: die Fortführung der Sozialen Stadt ist gefährdet. Die Kürzungen haben weitreichende Auswirkungen. In Berlin werden 77 Fördergebiete finanziell unterstützt, um eine städtebauliche, wirtschaftliche und soziale Aufwertung des jeweiligen Kiezes zu erreichen. Es geht um Lebensqualität in ganz Berlin, es geht um das soziale Miteinander in Berlin.
Wir kennen in unserer Stadt auf das Genaueste die sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und städtebaulichen Gefahren, die mit sozialräumlicher Polarisierung, mit Gentrifizierung, mit der drohenden Abwertung von Kiezen verbunden sind.
Die Städtebauförderung gibt seit vielen Jahren wichtige Impulse und unterstützt die Städte bei gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen. Die drastischen Einschnitte bekommt insbesondere das Baugewerbe und das Handwerk zu spüren, da zudem auch das Konjunkturpaket ausläuft. Da gerade der Städtebauförderung durch die Anstoßwirkungen hohe Wachstums- und Beschäftigungseffekte beizumessen sind - nach DIW löst 1 Euro Städtebauförderung 8 Euro weitere öffentliche und private Investitionen aus - , wirken sich die Kürzungen direkt auf den Arbeitsmarkt aus.
Die Kürzungen treffen Tempelhof-Schöneberg
Im Schöneberger Norden wurde für 17.000 Menschen ein Quartiersmanagement eingeführt. Hier arbeiten BürgerInnen ehrenamtlich in Quartiersräten und engagieren sich für ihren Kiez. Allein im Jahr 2010 konnten durch das Programm Soziale Stadt im Quartiersmanagement Schöneberger Norden insgesamt 46 Projekte durch die Quartierfonds mit 142.000 € unterstützt werden. Gefördert werden Nachbarschaftsprojekte, Projekte zur Gesundheits- und Gewaltprävention, Spracherwerb, Freizeit- und Bildungsangebote und die lokale Ökonomie. Genau diese Projekte, die zum Zusammenleben der Kulturen und zur Integration der BürgerInnen beitragen, streicht die Bundesregierung.
Das Programm „Soziale Stadt“ ist erfolgreich, das schreibt die Regierung selbst in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der SPD-Fraktion im Juni 2010. Die Evaluation des Programms 2004 hatte gezeigt, dass es gerade durch den integrativen Ansatz gelingt, die Lebenssituation der Menschen in sozialen Brennpunkten zu verbessern. Die Bundesregierung hat nicht begriffen, dass allein Investitionen in Beton dazu nicht ausreichen. Denn wenn der soziale Kitt nicht hält, sind auch Investitionen in Gebäude und Wohnumfeld in den Sand gesetzt.
Die Kürzungen sind ein Schlag ins Gesicht für all diejenigen, die in den vergangenen 10 Jahren im Rahmen von Sozialer Stadt in ihren Stadtteilen und Gemeinden Projekte initiiert und in Quartiersräten und Nachbarschaftsinitiativen mitgearbeitet haben.
In einem Brief an alle Berliner Bundestagsabgeordneten und an den Bundesverkehrsminister Dr. Peter Ramsauer hatte ich appelliert, auf die Kürzungen des Programms „Soziale Stadt“ zum Wohle unserer Stadt zu verzichten. ALLE Bezirksbürgermeisterinnen und Bezirksbürgermeister hatten sich unabhängig ihrer Parteizugehörigkeit gegen die vorgesehene Kürzung gewandt! Jetzt müssen die Bundestagsabgeordneten Dr. Jan-Marco Luczak und Holger Krestel den Menschen in Tempelhof-Schöneberg erklären, warum die erfolgreichen Soziale Stadt-Projekte nun ohne Perspektive sind.