Rede vom 9. Februar 2011 zur Aktuellen Stunde zum Thema "Gewalttaten und anhaltende Ausschreitungen in Berlin und anderen Städten im Zuge der Räumung eines besetzten Hauses (Liebig 14)"
Liebe Berliner und Berlinerinnen und vor allen Dingen liebe Nichtberliner, ich bin Berlinerin und freue mich, Sie alle hier in Berlin begrüßen zu dürfen,
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
unabhängig davon, ob Sie in Friedrichshain oder in Spandau leben. Sie selber machen deutlich, wie schön diese Stadt ist, wie wild und sexy sie ist – um unseren Regierenden Bürgermeister zu zitieren –, wie intensiv Sie um Stadtentwicklung bemüht sind.
Herr Wegner, ich bin sehr enttäuscht, dass ausgerechnet ein Spandauer – wie man so schön sagt: Spandau bei Berlin –
(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Ist denn schon Karneval?)
versucht, in dieser Aktuellen Stunde eine Debatte über Extremismus zu führen. Angesichts Ihrer heutigen Auslassungen zu potenziellem Extremismus hoffe ich, dass Sie in Kürze im Hinblick auf die notwendige Abschaffung der Extremismusklausel genauso aktiv werden; denn diese Klausel, die Ihre Ministerin befürwortet, greift genau das auf, was Sie ständig versuchen, nämlich Menschen unter Generalverdacht zu stellen und dabei auf dem einen Auge blind zu sein.
Die Rechtslage im Zusammenhang mit dem Projekt „Liebig 14“ ist schon erläutert worden; das möchte ich nicht wiederholen. Der Kollege Gunkel und der Kollege Schulz haben die Rechtslage sehr kompetent dargelegt. Dass die Polizei hier einen rechtsstaatlichen Dienst geleistet hat, ist, denke ich, unumstritten. Wir danken ihr für den Einsatz und vor allen Dingen für die Umsetzung des Konzeptes der ausgestreckten Hand. Das hat im Übrigen eine gute Tradition hier in Berlin und wird auch im Hinblick auf den kommenden 1. Mai gelten.
(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Es sind ganz schön viele ausgestreckte Hände notwendig!)
Zu Recht wurde vorhin darauf hingewiesen, dass man sich bei Stuttgart 21 schlicht und ergreifend Berlin zum Vorbild hätte nehmen sollen, gerade was Polizeieinsätze betrifft. (Christian Lange [Backnang] [SPD]: So ist es!) Ein anderer Anwurf war der Hinweis auf die potenzielle Gewaltbereitschaft in dieser Stadt. Die Berliner Parteien – in diesem Fall leider ohne die FDP – haben explizit eine Resolution zur Vermeidung von Gewaltaktionen verabschiedet.
(Stefan Liebich [DIE LINKE]: So ist es: ohne die FDP!)
Auf diesen gemeinsamen Grundbeschluss hier in Berlin – wohlgemerkt: ohne die FDP –
(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Wollen die nicht oder können die nicht?)
bin ich stolz. Das können alle Berliner Politikerinnen und Politiker durchaus sein.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Herr Mayer, die bundespolitische Relevanz dieses Projekts hat sich mir in Ihren Äußerungen nicht so ganz erschlossen. Aber das, was der Kollege Swen Schulz gesagt hat, ist auf jeden Fall richtig: Die von Ihnen zu verantwortende Zerstörung des Programms „Soziale Stadt“ wird flächendeckende Auswirkungen haben, und zwar nicht nur hier in Berlin. Dass Sie 75 Prozent der Teilhabemöglichkeiten kaltherzig gestrichen haben und dass es nur noch möglich ist, Investitionen in Steine zu tätigen,
(Stefanie Vogelsang [CDU/CSU]: Das rechtfertigt diese Gewalt?)
ist Ausdruck einer unsozialen Politik.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Das ist nicht nur ein flächendeckender Unsinn, sondern das ist ein soziales Verbrechen.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Ein bisschen abrüsten vielleicht! Verbrechen ist etwas anderes!)
Es gibt heute keine Liveübertragung dieser Debatte. Vielleicht hatten Sie sich das bei der Inszenierung der heutigen Sitzung gewünscht. Ich wünsche mir, dass Sie dabei sind, wenn wir demnächst in Dresden gegen die NPD auf die Straße gehen. Dann reden wir weiter über Gewalt.