Beschämende 23 % bleiben Frauen in Deutschland bei der Bezahlung für ihre Arbeit hinter den Männern zurück. Fast ein Viertel Jahreseinkommen geht ihnen damit verloren. Mit dem Equal Pay Day wird nicht nur diese immer noch ungleiche Bezahlung für dieselbe Arbeitsleistung angeprangert, sondern auch die ungleiche Bewertung gleichwertiger Arbeit. Seit 2008 wird der Equal Pay Day auch in Deutschland gefeiert, dieses Jahr gab es Aktionen am Brandenburger Tor und auf dem Alexanderplatz am 25. März. Die Initiative dazu gab das Frauennetzwerk „Business and Professional Women Deutschland“ (BPW).
Aktuelle Zahlen vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung DIW belegen, dass Frauen auch bei den sogenannten Sondervergütungen benachteiligt sind, also beispielsweise bei der Zahlung von Urlaubsgeld oder Gewinnbeteiligungen. So ziehen sie trotz Tarifbindung und geschlechtsneutralen Tarifverträgen dennoch den Kürzeren, wenn es ums Geld geht.
Hinzu kommen Benachteiligungen beim beruflichen Fortkommen: Karriere machen ist für Frauen trotz ihres insgesamt höheren Bildungsniveaus immer noch schwerer als für Männer, ganz besonders in Spitzenpositionen. Berlin hat deshalb bei der Neufassung des Landesgleichstellungsgesetzes eine verbindliche Quote für Spitzenpositionen von Unternehmen und Stiftungen mit Landesbeteiligung eingeführt.
Wie kann die Ungleichheit im Berufsleben abgeschafft werden?
Diese Frage haben sich auch Wissenschaftlerinnen der Hans-Böckler-Stiftung gestellt und ein Verfahren entwickelt, um direkte und strukturelle Ungerechtigkeiten beim Entgelt aufzudecken: den Entgeltgleichheits-Check, kurz EG-Check. Anders als das vom Bundesfamilienministerium forcierte Logib-D-Verfahren wird beim EG-Check ein vollständiges Verfahren für alle angeboten, das durch ein Punktesystem eine vergleichende Bewertung von Arbeitsplätzen möglich macht. Das nicht überraschende Ergebnis ist, dass die Arbeit mit und für Menschen wie in pflegenden Berufen und haushaltsnahen Dienstleistungen - typische Frauenberufe eben - insgesamt viel schlechter bezahlt werden als solche, bei denen mit und an Maschinen gearbeitet wird – typischen Männerberufe.
Mit der Einführung des EG-Check fordern Frauen Transparenz durch betriebliche Entgeltberichte, die im Unternehmen veröffentlicht werden müssen. Ergeben sich Verdachtsmomente, wird von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes aus eine detaillierte Prüfung veranlasst. Bestätigt sich der Verdacht, muss der Arbeitgeber binnen einer gesetzlichen Frist die Entgeltgleichheit herstellen, will er nicht mit (finanziellen) Sanktionen belegt werden. Das Verfahren trägt so zu mehr Leistungs- und Lohngerechtigkeit bei.
Dabei geht die Forderung nach Entgeltgleichheit weit über die Forderung nach besseren Stundenlöhnen für dieselbe Arbeit hinaus. Equal Pay fordert eine grundlegende Neubewertung von Arbeit und Arbeitsplätzen.
- Es fordert die Aufwertung der personenbezogenen Dienstleistungen,
- es fordert geschlechterrollensensible Erziehung von Anfang an,
- es fordert sinnvolle Arbeitsstrukturen, die die Vereinbarkeit von Arbeit und Familien möglich machen.
- Es fordert auch Reformen des Steuer- und Sozialversicherungsrechts, um die Abwertung der Frauenerwerbsarbeit durch Fehlanreize in diesem Systemen zu verhindern.
All das ist wichtig, um die jungen, gut ausgebildeten Frauen als Fachkräfte für unsere Wirtschaft zu gewinnen und zu binden, ihnen Karriereperspektiven zu bieten und ihre Leistungsfähigkeit zu nutzen.
Entgeltgleichheit für Familienernährerinnen
Existenziell wichtig ist sie aber gerade auch für die zunehmende Zahl unfreiwilliger Familienernährerinnen: In rund 18 Prozent aller Mehrpersonenerwerbshaushalten, also knapp einem Fünftel, ist es heute eine Frau, die hauptsächlich oder allein die Familie ernährt. Sie trägt die volle Verantwortung für den Lebensunterhalt ihrer Kinder und Partner unter oft schwierigsten Bedingungen: 31 Prozent der Familienernährerinnen (nur 4% der Familienernährer) verdienten 2007 bis 900 EUR monatlich. Neben der Verantwortung für das Einkommen tragen sie oft gleichzeitig auch die Hauptverantwortung für die familiäre Fürsorgearbeit. Deshalb gehören in den Forderungskatalog des Nationalen Aktionsbündnisses zum Equal Pay Day auch die Forderung nach einer gleichmäßigeren Aufteilung der Elternzeit zwischen Müttern und Vätern und nach einem flächendeckenden Ausbau von Kindertageseinrichtungen und Ganztagsschulen.
Unterstützt von der Kompetenz der Hans-Böckler-Stiftung hat die AG Gleichstellung der SPD-Bundestagsfraktion ihren Antrag (17/5038) eingebracht, der mit einem klaren Forderungskatalog die gesetzliche Durchsetzung der Entgeltgleichheit von Männern und Frauen auf der Basis des EG-Checks verlangt. Die CDU-Familienministerin setzt bislang auf Freiwilligkeit – mit mäßigem Erfolg. Der Umgang mit der Atomkraft zeigt, dass vor allem öffentlicher Druck in der Lage ist, Themen dennoch auf die Tagesordnung des Kabinetts zu bringen und Kurskorrekturen anzustoßen. Daran sollten wir gemeinsam arbeiten!