Für die Einführung einer Frauenquote hat sich die deutliche Mehrheit der eingeladenen ExpertInnen während der Anhörung „Geschlechtergerechte Besetzung von Aufsichtsräten“ am 11.05. im Deutschen Bundestag ausgesprochen. Als stellvertretende Sprecherin der AG Gleichstellung der SPD-Bundestagsfraktion habe ich daran teilgenommen.
Auf die massive Unterrepräsentanz von Frauen an der Spitze großer Unternehmen haben alle verwiesen: Der Frauenanteil in den Vorständen der Top-200-Unternehmen lag Anfang 2011 bei 3,2 Prozent und in den Aufsichtsträten bei 10,6 Prozent. Freiwillige Selbstverpflichtungen haben nichts genutzt. Deutlich sei vielmehr eine „erhebliche Resistenz gegen Veränderungen“, so Elke Holst vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung.
Verfassungsrechtliche Gründe gegen eine Frauenquote gäbe es laut Prof. Dr. Ute Sacksofsky, Lehrstuhlinhaberin für Öffentliches Recht und Rechtsvergleichung an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main, nicht. Der „Gesetzgeber verfolge damit nicht nur ein legitimes Ziel des Gemeinwohls, sondern er setzt ein ihm verfassungsrechtlich aufgegebenes Ziel um“. Kritiker sehen in der Quote einen Angriff auf das Eigentum. Dem ist aber nicht so, da auch das Eigentum der Sozialbindung unterliege. Außerdem zeigen Studien, „dass Diversität in Gremien zu einem höheren Unternehmenserfolg führt“.
Die Professorin Heide Pfarr, Mitglied der Geschäftsführung der Hans-Böckler-Stiftung (HBS) lässt in dieser Debatte keine sachlichen Zwänge mehr gelten und vertritt damit die provokante These: „Wer sachliche Gründe zulässt, will keine Gleichstellung“. Die damit verbundene Provokation resultiert aus Erfahrungen mit TeilnehmerInnen von Schulungen, die die HBS für AufsichtsrätInnen durchführt. Während sich die Strukturen von Beschäftigungsverhältnissen in der Wirtschaft sehr verändert hätten, seien tradierte Strukturen bei den Führungskräften nicht aufgebrochen worden. Es müsse sich aber die Arbeitswelt den Menschen und die Menschen der Arbeitswelt anpassen.
Die Initiativen, eine Frauenquote für Aufsichtsräte und Vorstände einzuführen, kommen ausschließlich aus den Oppositionsfraktionen. In unserem Antrag der SPD-Bundestagsfraktion „Quotenregelung für Aufsichtsräte und Vorstände gesetzlich festschreiben“ (Drs. 17/4683), fordern wir von der CDU/CSU/FDP-geführten Bundesregierung, endlich einen Gesetzentwurf vorzulegen, der eine Frauenquote von mindestens 40 Prozent in den Aufsichtsräten von börsennotierten und der Mitbestimmung unterliegenden Unternehmen festschreibt. Es scheint, dass die Bundesregierung diese Forderung ebenso fürchtet, wie der Teufel das Weihwasser. Die Wirtschaft hat die zu lange Phase der freiwilligen Selbstverpflichtungen zu einer stärkeren Besetzung von Führungsgremien mit Frauen nicht genutzt. Nun wollen wir eine sanktionsbewehrte Quote, damit frischer Frauenwind in die Spitzengremien kommt.