Am 12. Mai fand die Verleihung des „Aspirin Sozialpreises 2011“ in der „Heilig-Geist-Kapelle“ der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin statt. Dieser Preis wird an Projekte und Initiativen vergeben, die soziale Arbeit im Gesundheitswesen leisten. Als Gesundheitspolitikerin und Sprecherin der Landesgruppe Berlin der SPD-Bundestagsfraktion habe ich an der Preisverleihung teilgenommen.
„Mit Medikamenten alleine ist es nicht getan“, bekannte Dr. Richard Pott, im Vorstand der Bayer AG verantwortlich für Personal und Strategie und Vorstand der Bayer-Stiftung, in seiner Rede. Die „Bayer Cares Foundation“ vergibt diesen Preis jährlich. Die Auswahl trifft ein unabhängiger Stiftungsrat. Dieses Jahr musste eine Auswahl aus 152 Projektvorschlägen getroffen werden. Den mit 15.000 Euro dotierten 1. Preis erhielt die Initiative „Paulinchen e.V.“ aus Schleswig-Holstein, die sich um Kinder mit schwersten Verbrennungen kümmert. Der 2. Preis ging an „MediMobil“, ein Kooperationsprojekt zwischen der Tafel Solingen e.V. und dem Solinger Ärztenetzwerk „solimed“, welches seit 2007 unbürokratisch eine medizinische Grundversorgung für Bedürftige und Obdachlosen anbietet. Dieser Preis war mit 10.000 Euro dotiert.
Berliner Preisträger
Zu den Preisträgern gehört auch das Diakonische Werk Berlin-Stadtmitte für sein Projekt „Vergiss mich nicht“, das Kindern und Jugendlichen aus Suchtfamilien Patenschaften vermittelt. Dafür erhielt das Projekt den mit 5.000 Euro dotierten 3. Preis. Die Patinnen und Paten sollen für diese Kinder und Jugendlichen langfristige, stabile Bezugspersonen sein. Als Unterstützerin der bundesweiten Aktionswochen für Kinder aus Suchtfamilien (siehe http://www.mechthild-rawert.de/inhalt/2011-02-11/aktionswoche_f_r_kinder_aus_suchtfamilien), begrüße ich diese Entscheidung sehr. In Deutschland leben mehr als 2,6 Millionen Kinder und Jugendliche in Familien mit suchtkranken Eltern. Für sie ist das Risiko, als Erwachsene selbst suchtkrank zu werden, sechsmal höher als bei Kindern und Jugendlichen aus nicht betroffenen Familien.
Der zusätzlich vergebene, ebenfalls mit 5.000 Euro dotierte Publikumspreis, der im Rahmen eines Online-Votings ermittelt wird, ging an das 2009 in Berlin gegründete „Muslimische Seelsorge Telefon“. Es war das erste seiner Art in Deutschland. Träger ist die humanitäre Organisation „Islamic Relief“. Hier werden Muslime und Nicht-Muslime in Krisensituationen in deutscher, türkischer und in anderen Sprachen beraten. Mittlerweile ist es möglich, zwischen 8 bis 24 Uhr anzurufen, und sich Hilfe für die Seele zu holen. Das Muslimische Seelsorge Telefon hat sich mit bisher über 4.100 Hilfeanrufen in der Telefonseelsorgelandschaft Deutschlands etabliert. Die Inanspruchnahme ist steigend. Die Ausbildung zur TelefonseelsorgerIn erfolgt in der Zusammenarbeit mit der Diakonie und der Caritas. Der Austausch zwischen der Kirchlichen Telefonseelsorge Berlin, der Russischen TelefonSeelsorge Dowerija und dem Muslimischen Seelsorge Telefon läuft sehr gut. Gemeinsam besuchten sie 2010 den alle drei Jahre statt findenden Kongress der IFOTES (International Federation of Telephone Emergency Services) in Wien.
Universitätsmedizin im sozialmedizinischen Kontext
In seiner Rede forderte Professor Dr. Karl Max Einhäupl, Vorstandsvorsitzender der Charité-Universitätsmedizin Berlin, eine notwendig neue Kultur der Zusammenarbeit zwischen Universitätsmedizin und Unternehmen. Die Kooperation dürfe nicht auf Sponsoring und Marketing beschränkt sein. Das Gesundheitswesen sei mit einem Anteil von 11 Prozent am Bruttoinlandsprodukt bereits längst ein konstitutiver gesellschaftlicher Wirtschaftsfaktor. Ich teile die Meinung, dass die Reduzierung des Gesundheitswesens auf den Kostenfaktor, endlich aufhören muss. Es gibt viel zu viele Gesundheitsberufe, die es verdient haben, auch unter anderen gesellschaftlichen Gesichtspunkten betrachtet zu werden.
Professor Dr. Einhäupl verwies weiter darauf, dass das Gesundheitswesen ein bedeutender Bildungsfaktor ist. Allein die Charité stelle dem Gesundheitswesen jährlich 600 ÄrztInnen zur Verfügung, habe sieben verschiedene Studiengänge und sechs Promotionsprogramme. Entscheidend sei die Qualität der Ausbildung, schließlich seien die AbsolventInnen die Netzwerker europäischer Allianzen von morgen. Die Charité stehe wie jeder andere Universitätsstandort auch für regionalen medizinischen Fortschritt. Für die „Innovation am Bett“ müssten Standards aufgestellt werden. Diese Standards entscheiden schließlich über die Qualität der Versorgung von morgen.
Gerade die Entwicklungen der Biomedizin fordere die Gesellschaft heraus, sowohl in medizinscher als auch im Kontext solidarischer Kostenverteilung. Hier warten noch große Herausforderungen für die Gesellschaft und die Politik.