Zum Ende des Wahlkampfs in der Türkei für die Parlamentswahlen am 12.06. erklärt die Berliner Bundestagsabgeordnete aus Tempelhof-Schöneberg, Mechthild Rawert:
Unsere sozialdemokratische Schwesterpartei CHP hat unter ihrem neuen Vorsitzenden Kemal Kılıçdaroğlus einen guten Wahlkampf geführt, in dem sie sich mit den drängenden Problemen der Türkei befasste: mit Korruptionsbekämpfung, Arbeitsplätzen und wirtschaftlichen Themen. Ich hoffe, dass diese Neuausrichtung der Sozialdemokratie in der Türkei ein gutes Wahlergebnis beschert und die guten Verbindungen zwischen Deutschland und der Türkei weiter befördert!
Es bleibt aber enttäuschend, dass den Türkinnen und Türken, die hier in Deutschland leben, ihr Wahlrecht vorenthalten wurde: Die türkische Regierung hat leider die Möglichkeit verwehrt, bei Konsulaten und der Botschaft in Deutschland die Stimme abzugeben, obwohl bereits Vorbereitungen dazu getroffen waren; eine Briefwahl wurde ebenfalls nicht angeboten. Das heißt für hier lebende Türken und Türkinnen, sie sind doppelt ausgeschlossen von politischer Partizipation. Sie wählen nicht hier, wo sie leben, arbeiten und Steuern zahlen und nicht für das Land, deren Pass sie besitzen.
Ich glaube nicht, dass wir oder die Türkei es uns leisten können, diesen Menschen weiterhin ihre politischen Rechte zu verwehren.
Vielfach wird auch die zu hohe 10%-Hürde in der Türkei kritisiert, die das Wahlergebnis verzerrt. Und auch die parteiinternen Reformen zu mehr Demokratie innerhalb der Parteistrukturen lassen immer noch auf sich warten. Dennoch: Der Wahlausgang wird maßgeblich die lang erwartete Verfassungsdiskussion beeinflussen, die nach der Wahl wieder aufleben wird. Behält die AKP ihre 2/3-Mehrheit für Verfassungsänderungen oder muss sie sich politisch mit der CHP, der MHP und der BDP einigen? Das wäre zu wünschen. Ministerpräsident Reçip Erdoğan strebt eine Präsidialverfassung an. Die wichtigsten Fragen aber bleiben die weitere Demokratisierung des Landes, die Dezentralisierung der Verwaltung und die Lösung der sogenannten Kurdenfrage.