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Kampf gegen Rechtsextremismus: Untersuchungsausschuss zu Neonazi-Morden nimmt seine Arbeit auf

In Anwesenheit des Bundestagspräsidenten Prof. Dr. Norbert Lammert konstituierte sich heute der 2. Untersuchungsausschuss der 17. Wahlperiode des Deutschen Bundestages. Die SPD-Bundestagsfraktion sendet drei Abgeordnete in den neuen Ausschuss: Sebastian Edathy als Vorsitzender, Dr. Eva Högl als Obfrau und Sönke Rix.

Dazu hat das Parlament bereits im Vorfeld den gemeinsamen Antrag (Drs. 17/8453) aller fünf Fraktionen zur Einsetzung des Untersuchungsausschusses einstimmig verabschiedet. Ihm sollen zukünftig elf ordentliche und elf stellvertretende Mitglieder angehören, jeweils vier von CDU/CSU, drei von der SPD, zwei von der FDP und je ein Mitglied von der Linksfraktion und von den Grünen. Der designierte Vorsitzende des Untersuchungsausschusses ist der SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy.

Bundestag untersucht die Mordserie des „Nationalsozialistischen Untergrundes“
Der Untersuchungsausschuss soll einen umfassenden Einblick in die Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" erarbeiten, beispielsweise über ihre Mitglieder und Taten, ihr Umfeld und ihre Unterstützer, um letztendlich der Frage nachgehen zu können, warum aus ihren Reihen so lange und unerkannt schwerste Straftaten begangen werden konnten. Auf der Grundlage so gewonnener Erkenntnisse soll das Gremium Schlussfolgerungen für Struktur, Zusammenarbeit, Befugnisse und Qualifizierung der Sicherheits- und Ermittlungsbehörden und für eine effektive Bekämpfung des Rechtsextremismus ziehen und Empfehlungen aussprechen. Wir von der SPD-Bundestagsfraktion beabsichtigen damit die Ungereimtheiten in der furchtbaren Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) aufzuklären und Licht ins Behördendunkel zu bringen. Dazu soll der Ausschuss eng mit den Ländern zusammenarbeiten und das Geflecht zwischen Bundes- und Landesbehörden entwirren, um zukünftig die Bekämpfung rechtsextremistischer Gewalt in allen Bereichen zu verbessern.

Beschluss der SPD-Fraktion zum Kampf gegen Rechtsextremismus auf Bundesebene

In einem Positionspapier, das die Fraktion am 17. Januar beschlossen hat, fordert die SPD-Bundestagsfraktion die lückenlose und schonungslose Aufklärung der Ereignisse. „Null Toleranz“ gegen Neonazis und ihre Helfershelfer ist das Gebot der Stunde. Mit Polizeipräsenz, hoher Kontrolldichte und der Ausschöpfung aller repressiven Mittel müssen die Rechten spüren, dass sie die wehrhafte Demokratie keinen Tag länger erträgt.
Folgende konkrete Aktivitäten werden dem Beschluss zufolge eingeleitet bzw. verstärkt:

Prävention

•    Den sozialen Zusammenhalt in den Kommunen stärken und die Städte und Gemeinden finanziell gut ausstatten, so dass sie Kultur, Sport, Jugendarbeit und Sozialarbeit vorhalten können. Es gilt, Bildung als öffentliches Gut zu stärken und alles dafür zu tun, um allen Kindern und Jugendlichen gleiche Chancen auf beste Bildung zu garantieren.
•    Die Zuständigen und die Anständigen müssen ein breites Bündnis bilden. Der Staat und seine Organe, Parteien, Kirchen, Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände und Vereine - schlicht: alle Meinungsträger der Zivilgesellschaft müssen die Bekämpfung des Rechtsextremismus ganz zu ihrer Sache machen. In Schulen und Universitäten, in Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen tut Aufklärung not.
•    Die unzulässige Vermischung von Links-, Rechts- und islamistischem Extremismus muss beendet werden. Gerade die Rechtsextremisten müssen mit eigenen Ansätzen beobachtet und verfolgt werden.
•    Die Extremismusklausel muss sofort fallen. Wer gegen Neonazis kämpft, darf nicht unter Generalverdacht gestellt werden. Die Finanzierung der Programme gegen Rechtsextremismus muss dauerhaft gesichert werden. Die Bundeszentrale für politische Bildung muss mit ausreichend Mitteln ausgestattet sein, Aussteigerprogramme sind zu professionalisieren.

Repression
•    Die behördliche Sicherheitsarchitektur ist zu überprüfen und gegebenenfalls neu zu ordnen.
•    Die Bildung des „Abwehrzentrum Rechts“ unter Beteiligung des Bundesamtes für Verfassungsschutz und des Bundeskriminalamts ist ein Schritt in die richtige Richtung.
•    Eine Verbunddatei Rechts als Indexdatei ist grundsätzlich möglich.
•    In der polizeilichen Kriminalstatistik will die SPD-Fraktion die Zählweise verbessern, damit rechtsextreme Taten dort auch wirklich erfasst werden. Polizei und Justiz müssen in Zusammenarbeit mit den Vertretern der Zivilgesellschaft sensibilisiert und geschult werden.
•    So genannte „Hatecrimes“ müssen strafverschärfend wirken. Dazu hat die SPD-Bundestagsfraktion einen entsprechenden Gesetzentwurf bereits vorgelegt (Drs. 17/8131).
•    Zur Gewährleistung einer effektiven Strafverfolgung bedarf die Mindestdatenspeicherung der Formulierung einer rechtsstaatlich abgewogenen Regelung nach den strikten Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes.
•    Ein erneuter Vorstoß zum Verbot der verfassungsfeindlichen NPD ist überfällig.

Bund-Länder-Expertenkommission

Die SPD-Bundestagsfraktion begrüßt den Beschluss der Bundesinnenministerkonferenz, den Bundesminister des Innern zu beauftragen, eine Bund-Länder-Expertenkommission bei seinem Ministerium einzusetzen, und erwartet eine rasche Aufnahme der Arbeit der Kommission. Sie soll – in Ergänzung zur Aufklärungsarbeit auf der Ebene der Bundesbehörden durch den zeitgleich eingesetzten parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Bundestages – vor allem die Aufarbeitung des Sachverhalts auf der Ebene der Sicherheitsbehörden der Länder betreiben. Die SPD-Bundestagsfraktion unterstützt daher die intelligente Kombination einer paritätisch besetzten Bund-Länder-Kommission und des eingesetzten Untersuchungsausschusses, um die Sicherheitsarchitektur der Bundesrepublik Deutschland auf ihre Effektivität hin zu überprüfen. Aus den Ergebnissen werden die nötigen Konsequenzen gezogen. Das schließt ausdrücklich organisatorische oder gesetzgeberische Konsequenzen im Rahmen des Rechtsstaates mit ein.

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120117_SPD-Bundestagsfraktion_Kampf gegen Rechtsextremismus.pdf83.13 KB