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15. Bundesversammlung 2012: Joachim Gauck zum Bundespräsidenten gewählt

Der 18. März war für Joachim Gauck und für die 991 Wahlfrauen und -männer, die ihn gewählt haben, „ein schöner Sonntag“. Die Eidesleistung des neuen Bundespräsidenten wird am kommenden Freitag stattfinden. Wir haben einen Vertreter aus dem Volke gewählt, der es schaffen wird, das Vertrauen in die Politik zu stärken, uns durch seine Persönlichkeit noch zu überraschen mit der Freiheit nicht nur von, sondern auch für etwas, mit seiner Vorstellung vom „Glück der Verantwortung“. Konstruktive Auseinandersetzungen zur und in der Demokratie sind gut, denn wenn es Reibung gibt, werden wir alle daraus lernen.

Uns Wahlfrauen und -männer verbindet die Hoffnung,  dass der 18. März nun der neue Traditionstag für die kommenden Bundesversammlungen oder Vereidigungen der künftigen BundespräsidentInnen sein wird.

Mitglieder der Bundesversammlung sind die 620 Mitglieder des Deutschen Bundestages (237 CDU/CSU, 146 SPD, 93 FDP, 68 Bündnis 90/Die Grünen, 76 Die Linke) und 620 von den jeweiligen Parlamenten der Länder gewählte Wahlfrauen und -männer - aus Berlin  25 (SPD 8, CDU 7, Grüne 5, Linke 3, Piraten 2 und FDP niemand).

Die SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus hatte jeweils vier Frauen und Männer nominiert. Diese wurden vom Berliner Abgeordnetenhaus gewählt: Dr. Susanne Kitschun (MdA, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion), Michael Müller (MdA, Landesvorsitzender der SPD Berlin und Senator für Stadtentwicklung und Umwelt), Sabine Röhrbein (Vorsteherin der Bezirksverordnetenversammlung Pankow und stellvertretende ASF-Landesvorsitzende), Raed Saleh (MdA, Vorsitzender der SPD-Fraktion des Berliner Abgeordnetenhauses), Michael Sommer (DGB-Bundesvorsitzender), Angelika Schöttler (Bezirksbürgermeisterin Tempelhof-Schöneberg), Iris Spranger (MdA, stellvertretende Landesvorsitzende der SPD Berlin) und Klaus Wowereit, Regierender Bürgermeister von Berlin. Ersatzdelegierter war Ralf Wieland, Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses.

Sonntag, 18.3.2012,  4.25 Uhr: Joachim Gauck zum 11. Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland gewählt
Nun ist es offiziell: Mit 991 (79 Prozent der gültigen) Stimmen ist Joachim Gauck im ersten Wahlgang zum 11. Bundespräsidenten der Bundesrepublik gewählt worden. Die von der Linkspartei aufgestellte  Beate Klarsfeld erhielt 126 Stimmen. Gaucks erste Rede schien unter der Überschrift „Ein schöner Sonntag“ zu stehen. Wer glaubte, damit sei dieser aktuelle Tag gemeint, irrte. Es war eine Preisung des 18. März 1990, dem Tag, an dem die erste freie Wahl zur Volkskammer stattfand. Das große Glück des Joachim Gauck, an freien, geheimen und gleichen Wahlen teilnehmen zu dürfen, war noch heute spürbar.

Im Anschluss fand auf der Fraktionsebene auf Einladung des Bundestagspräsidenten ein Empfang statt. Wählen macht hungrig, wie der Run auf´s Buffet zeigte.

Sonntag, 18.3.2012, 12.00 Uhr: Beginn der 15. Bundesversammlung
Bundestagspräsident Norbert Lammert hat in seiner Einführungsrede klar zum Ausdruck gebracht, dass er hofft, dass der neue Bundespräsident die von der Verfassung vorgesehene volle Wahlperiode von 5 Jahren auch tatsächlich ausfüllen werde. Er nutzte die Rede zur historischen Aufklärung zum „18. März“, einem für die Freiheitsbewegungen in Deutschland immer wieder zentralen Datum. Bis zum 18. März 1990, an dem in der Deutschen Demokratischen Republik erstmals und zugleich letztmals die einzigen freien, geheimen und gleichen Wahlen zur Volkskammer stattfanden, sind die meisten Revolutionen in den vergangenen Jahrhunderten gescheitert. So auch die Märzrevolution 1848: Berliner Bürgerinnen und Bürger forderten Freiheit und Demokratie, es kam zum bewaffneten Kampf zwischen BürgerInnen und Militär, 270 Menschen kamen zu Tode. Der „Platz des 18. März“ westlich vor dem Brandenburger Tor erinnert an die historischen Wendepunkte der Märzrevolution 1848 ebenso wie an die Volkskammerwahl 1990. Ein guter Termin für die Wahl bzw. die Vereidigung des/der  BundespräsidentIn.

Sonntag, 18.3.2012, 11.00 Uhr: „Zählappell“

„Wir sind komplett“ - so Frank-Walter Steinmeier am Ende des für 11.00 Uhr angesetzten sonntäglichen „Zählappels“ im SPD-Fraktionssaal vor Beginn der 15. Bundesversammlung. Neben vielen regional bekannten Persönlichkeiten, den Bundestagsabgeordneten waren SPD-Wahlfrauen und -männer die SPD-Landes- und Fraktionsvorsitzenden, die zunehmende Zahl der sozialdemokratischen MinisterpräsidentInnen sowie viele Prominente u.a. die Schauspielerin Senta Berger (Bayern), Jan Josef Liefers (Sachsen), vielen aus dem Münsteraner Tatort als Pathologe Karl-Friedrich Boerne bekannt, der Comedian Ingo Appelt, der sich für den Ehrensold für Christian Wulf aussprach - allerdings nicht bezahlt aus Steuergeldern sondern von seinen privaten Freunden, die Sportlerin Verena Bentele, die Gewerkschafter Michael Sommer und Berthold Huber sowie weitere VertreterInnen aus Wissenschaft und Kultur.

Sonntag, 18.3.2012, 10.00 Uhr: Verabredung mit Gülsen Aktas
Für 10.00 Uhr hatte ich mich mit Gülsen Aktas, meiner Begleiterin bei dieser 15, Bundesversammlung, im Tucher, Brandenburger Tor, getroffen. Kennen und schätzen gelernt hatten wir uns über unsere Arbeit für den Bezirk Tempelhof-Schöneberg. Mir war und ist es sehr wichtig, ein deutliches Zeichen zu setzen: Wir wählen hier UNSER aller Staatsoberhaupt.

Die Schöneberger Stadtteilzeitung hat 2009 anlässlich der 1. KOSMOPOLITA-Verleihung über Gülsen Aktas geschrieben: „Gülsen Aktas, die Gewinnerin der 1. Kosmopolita ist 1957 in Ostanatolien geboren. Früh verstarb ihr Vater. Ihre Mutter kam als Gastarbeiterin ohne Ihre Kinder nach Deutschland. Hier arbeitete sie jahrelang in einer Fabrik, um für ihre vier Töchter in der Türkei sorgen zu können. Gülsen Aktas wuchs bei Verwandten und in Heimen in der Türkei auf. Sie machte das Abitur und wurde Grundschullehrerin in der Provinz Diyarbakir. Erst mit 21 Jahren folgte Gülsen Aktas ihrer Mutter nach Deutschland.

Zunächst in Frankfurt am Main und später hier in Berlin, absolvierte sie dann ein Studium der politischen Wissenschaften. Nach Ihrem Studienabschluss arbeitete Gülsen Aktas unter anderem in einem der ersten Frauenhäuser Berlins und wurde in verschiedenen Immigranten- und Frauenprojekten tätig. 2004 betreute und beriet Sie SchülerInnen und Eltern unterschiedlicher Herkunft an der Neumark-Grundschule in der Steinmetzstrasse in Schöneberg. Sie gründete ein Frauennetzwerk für armenische, türkische, kurdische, bosnische und arabische Frauen, Mütter und Mädchen.

Seit 2007 leitet Gülsen Aktas die Seniorenfreizeitstätte Huzur in der Katzlerstrasse, das besonders von Migrantinnen der ersten Generation frequentiert wird. In dieser Einrichtung werden Selbsthilfepotentiale gefördert, der interkulturelle Dialog zwischen unterschiedlichen Ethnien jeden Alters verwirklicht und die Integration durch Bildung und Freizeitaktivitäten organisiert. Ob Schwimmen oder Rad fahren, Gülsen Aktas versucht den Huzur Besucherinnen Träume aus Kindheitstagen zu erfüllen.

Auch in Zukunft wird Gülsen Aktas mit ihren großartigen Projektideen und außergewöhnlichen Aktionen in Schöneberg und darüber hinaus Menschen verschiedenster Kulturen und Altersgruppen zusammen führen. Sie hat die Gabe jene Menschen zu mobilisieren, die für andere unerreichbar erscheinen. Aufgrund Ihrer eigenen Biographie, aber auch weil Sie keine Probleme scheut, engagiert sie sich besonders für das selbstbestimmte und selbstständige Leben von Frauen und Mädchen.“


Zur Erinnerung an die 15. Bundesversammlung erhielten die Wahlfrauen und -männer einen Bild-Steinquader, der aus dem Jurastein des Rechtstagesgebäudes gefertigt ist. Der Quader ist mit einem doppelseitigen Bildaufsatz versehen, der das Reichstagsgebäude in zwei Ansichten zeigt, auf einer Seite verbunden mit der Aufschrift „15. Bundesversammlung 18. März 2012“. Es war mir eine Freude, dieses Geschenk an Gülsen Aktas weiterzureichen.

Samstag, 17.3.2012, 19.00 Uhr: Gesellige Veranstaltung im Goya

Am Samstagabend wurde gefeiert: Im Goya Berlin, am Nollendorfplatz in Tempelhof-Schöneberg, hatten die Wahlfrauen und -männer sowie weitere Gäste einen fröhlichen und entspannten Abend, eine gute Gelegenheit zum Austausch mit vielen aus der ganzen Bundesrepublik. Ich möchte mich bei allen, die diesen Abend vorbereitet und durchgeführt haben, bedanken - er war wirklich sehr schön.

Samstag, 17.3.2012, 18.00 Uhr: Fraktionssitzung
Sowohl für die Bundesversammlung als auch für die beiden angesetzten SPD-Fraktionssitzungen galt für die Bundestagsabgeordneten absolute Präsenzpflicht. Die 332 Delegierten, die auf dem SPD-Ticket an der Bundesversammlung teilnehmen dürfen, hatten die Freude, Joachim Gauck bereits in dieser Sitzung begrüßen zu dürfen. Frank-Walter Steinmeier zeigte sich hocherfreut darüber, dass die Zahl der "bejahenden Fraktionen" gestiegen ist. Joachim Gauck sei „der richtige Präsident zur richtigen Zeit am richtigen Ort“. Joachim Gauck sei ein „Demokratielehrer“, wie auch die hohe Zustimmung gerade der jüngeren Menschen zeige. In seiner circa 10minütigen Rede wies Gauck darauf hin, dass die erneute Benennung für ihn kein automatischer Selbstläufer gewesen sei, ihn die enorme Zustimmung auch sehr bewege. In der Vergangenheit hätten ihm einige vorgehalten, er sei ein „Naivling“, weil er einen verengten Freiheitsbegriff habe. Dem widersprach er: Sein Freiheitsbegriff sei die „Freiheit zu etwas und für etwas", nicht nur von etwas. Für ihn sei Freiheit, nicht die „ Freiheit des Stärkeren“. Gauck bekam großen Applaus für seine Ansprache.