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Bundesregierung verweigert Entschuldigung für Völkermord

Als Mitglied des überfraktionellen Parlamentarischen Beirats für Bevölkerung und Entwicklung bin ich in den vergangenen Jahren häufiger in afrikanischen Ländern gewesen. Daher weiß ich, wie wichtig eine diskriminierungsfreie Erinnerungskultur zwischen den Staaten für einen politischen und zivilgesellschaftlichen Dialog „auf Augenhöhe“ ist. Ich bedauere es zutiefst - zumal nach dem beschämenden Auftritt der Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Cornelia Pieper, in der Charité anlässlich der Übergabe von 20 Schädeln von Stammesangehörigen an Vertreter der Völker der Herero und Nama im vergangenen Jahr und der anschließenden diplomatischen Verstimmungen -, dass die Bundesregierung sich weiterhin einer Entschuldigung für die Kriegsverbrechen und den Völkermord zu Deutschlands kolonialen Zeiten im heutigen Namibia entzieht.

Der Bundestag hat am 22. März - einen Tag nach dem namibischen Unabhängigkeitstag und dem internationalen Tag gegen Rassismus - über den von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gestellten Antrag „Die Beziehungen zwischen Deutschland und Namibia stärken und Deutschlands historischer Verantwortung gerecht werden“ (Drs. 17/9033 neu) und einen Antrag der Linken debattiert. In unserem Antrag erkennen wir die schwere Schuld an, die deutsche Kolonialtruppen mit den Verbrechen an den Herero, Nama, Damara und San auf sich geladen haben und dass der Vernichtungskrieg in der ehemaligen Kolonie „Deutsch-Südwestafrika“ (1904-08), dem heutigen Namibia, ein Kriegsverbrechen und Völkermord war. Alle Oppositionsparteien bitten die Nachfahren der Opfer des in deutschem Namen geschehenen Unrechts und zugefügten Leids an ihren Vorfahren um Entschuldigung.

Beide Anträge wurden nach einer halbstündigen Debatte mit den Stimmen der Regierungskoalition abgelehnt, obwohl nach Aussagen eines Mitglieds von Berlin Postkolonial im Vorfeld der 1. Lesung der Anträge innerhalb weniger Tage der Bündnisaufruf „Völkermord verjährt nicht!“ von mehr als 100 Nichtregierungsorganisationen aus allen Teilen Deutschlands unterzeichnet worden war. In der Community wurde sehr positiv wahrgenommen, dass sich in Deutschland nun – auch dank der SPD - eine neue, kritische Sicht auf unsere koloniale Vergangenheit durchzusetzen beginnt. Ich habe Mitglieder des zivilgesellschaftlichen Bündnisses zu einem Gespräch im Deutschen Bundestag eingeladen.