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Wahlkämpfen in Schleswig-Holstein: Für faire Arbeitsbedingungen in unseren Kliniken und eine gute Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum

Krankenhäuser als Gesundheitsleister, Mutter/Vater-Kind-Kuren, eine flächendeckende Gesundheitsversorgung für alle als die zentrale Gerechtigkeitsfrage waren Themen der Gespräche und der Fraktion vor Ort-Veranstaltung „Für faire Arbeitsbedingungen in unseren Kliniken und eine gute Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum“ in Brunsbüttel, Büsum und Heide. Bettina Hagedorn, Bundestagsabgeordnete für Ostholstein und Nordstormarn, hatte mich als Mitglied des Gesundheitsausschusses für den 12. April zu einem Wahlkampftag in ihren Betreuungswahlkreis Nordfriesland-Dithmarschen eingeladen. Gemeinsam wollten wir mit Gesundheitsfachleuten und der Bevölkerung vor Ort zukunftsorientierte Konzepte für den Gesundheitsstandort Schleswig-Holstein diskutieren und dabei sozialdemokratische Vorhaben auf Bundes- und Landesebene erläutern.

Am 06. Mai finden in Schleswig-Holstein Landtagswahlen statt. Im CDU/FDP geführten Schleswig-Holstein wird die zweite vorzeitige Wahl vor Ablauf der regulären Legislaturperiode in Folge nötig. Das Landesverfassungsgericht hatte am 30. August befunden, dass die nur durch nicht kompensierte CDU-Überhangmandate erreichte Mehrheit der Sitze im Landtag verfassungswidrig sei. Eine klatschende Ohrfeige!

Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum
Wer über die Lande fährt, kann die Herausforderung der Verantwortlichen vor Ort - aber eben auch in Berlin - für eine flächendeckend qualitativ hochwertige Versorgung mit Gesundheitsdienstleistungen ermessen. Der starke Zuzug älterer Menschen nach Schleswig-Holstein mildert zwar den Bevölkerungsrückgang, stellt das ländliche Schleswig-Holsteins aber auch vor große Herausforderungen: Zunehmend weniger ÄrztInnen lassen sich nieder, das Durchschnittsalter der noch Tätigen ist hoch, Pflegedienste und Pflegeheime klagen über Fachkräftemangel. Krankenhäusern kommt folglich für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung eine enorme Bedeutung zu.

Kommunale Krankenhäuser als notwendige Gesundheitsstandorte
Bettina Hagedorn, Michael Wolpmann (SPD-Landtagskandidat) und ich trafen bei unserem Besuch im Westküstenklinikum Brunsbüttel auf ausgesprochen engagierte Mitglieder der Krankenhaus- und Pflegedienstleitung, des Betriebsrates als auch des Fördervereins. Gemeinsam kämpfen sie mit öffentlichen Aktionen, mittlerweile aber auch mit gerichtlichen Klagen um den Erhalt der durchgängigen Notfallversorgung am Westküstenklinikum Brunsbüttel und für eine bessere Krankenhausfinanzierung.

Harald Stender, Leitender Krankenhausdirektor der als hundertprozentige Tochter des Kreises Dithmarschen in Form einer gemeinnützigen GmbH geführten Westküstenkliniken Brunsbüttel und Heide, führte in drängenden Worten aus: Die Reduzierung des Leistungsangebotes in der Grund- und Regelversorgung im Westküstenklinikum Brunsbüttel gefährde nicht nur eine wohnortnahe Gesundheitsversorgung sondern reduziere auch die Standortqualität der einzigen Industriegegend in Schleswig-Holstein. Schon jetzt fungiere das Klinikum in Brunsbüttel als „letzte gesundheitliche Auffanginstanz“, wenn die zu wenigen niedergelassenen Ärzte einen „Roten Schein“ für die Aufnahme in die Zentrale Auffangstation ausstellen, um selber mal Urlaub nehmen zu können. Die Vorhaltung umfassender Krankenhausleistungen sei geboten. Dieser Ansicht sei auch die Landesregierung, die die Voraussetzungen für die Zubilligung eines Sicherstellungszuschlages gemäß § 17 b Abs. 1KHG (Krankenhausfinanzierungsgesetz) erfüllt sähe. Eine solche Entscheidung ist aber eine Entscheidung zu Lasten Dritter. Die Kassen verweigerten sich noch der Zahlung dieses Zuschlags und forderten stattdessen die Schließung des Klinikums. Die letztendliche Entscheidung falle vor Gericht.



„Über(das)Leben im Krankenhaus - Gerecht geht anders!“
2008 hatten Arbeitnehmervertretungen aus Krankenhäusern in Schleswig-Holstein die Kampagne „Über(das)Leben im Krankenhaus - Gerecht geht anders!“ ins Leben gerufen, um sich für Gute Arbeit für die Beschäftigten und ein faireres Krankenhausfinanzierungssystem zu engagieren. Nachdem Ulla Schmidt strukturelle Verbesserungen in Aussicht gestellt hatte, ruhte es für 2009 ruhte, wurde allerdings im September 2010 wieder aktiviert, um gegen die von CDU/CSU/FDP vollzogene Kehrtwende in der Krankenhausfinanzierung zu protestieren. Dieses Bündnis vertritt mittlerweile 32.000 Beschäftigte in Schleswig-Holstein. Ich freue mich sehr auf den für den Sommer vereinbarten Besuch der BetriebsrätInnen bei Bettina Hagedorn und mir in Berlin.

Erfolgreich für Mutter/Vater-Kind-Kuren
Im vergangenen Jahr hat der Deutsche Bundestag große Anstrengungen unternommen, um die zunehmend restriktiver werdende Bewilligungspraxis der Vater/Mutter-Kind-Kuren zu verbessern.  Mittlerweile liegt die im Auftrag des Gesundheitsausschusses und des Bundesministeriums für Gesundheit überarbeitete Begutachtungsrichtlinie Vorsorge und Rehabilitation vor, in die wissenschaftliche Erkenntnisse des Forschungsverbundes Familiengesundheit eingeflossen sind. Diese soll zu mehr Transparenz und Klarheit in der bundesweiten Bewilligungspraxis führen. Wie nötig all das war und ist zeigen die Zahlen: Der Bedarf an Mutter/Vater-Kind-Kuren liegt bei 20 Prozent, noch nehmen dieses Angebot aber erst fünf Prozent der Mütter und Väter in Anspruch.

Zusammen mit Thomas Bultjer, SPD-Landtagskandidat, konnten Bettina Hagedorn und ich uns in der AWO Nordseeklinik des Muttergenesungswerks in Büsum in Gesprächen mit Müttern als auch Beschäftigten davon überzeugen, dass sich der parlamentarische Einsatz gelohnt hat. „Es hat eine Kehrtwende in der Bewilligungspraxis stattgefunden“, bestätigte Doris Mausbach, Einrichtungsleiterin. Diskutiert wurde auch, in wie weit Mutter/Vater-Kind-Kuren in allen Teilen unserer Bevölkerung ausreichend bekannt sind oder ob noch mehr hinsichtlich einer interkulturellen Öffnung getan werden müsse.

„Für faire Arbeitsbedingungen in unseren Kliniken und eine gute Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum“

Im Bürgerhaus in Heide fand die „Fraktion vor Ort“-Veranstaltung zusammen mit Thomas Bultjer,  Joachim Luplow, Betriebsratsvorsitzender der Westküstenkliniken Brunsbüttel und Heide, Bettina Hagedorn und mir statt. Rege diskutiert wurde über aktuelle Gesundheitsthemen wie die hausärztliche Versorgung und die Fallkostenpauschale, demografischer Wandel und Fachkräftesicherung. Thematisiert wurden auch die sich verschlechternden Arbeitsbedingungen im Gesundheitsbereich. So sei zu beobachten, dass in immer mehr Klinik-Konzernen die Zahl der LeiharbeiterInnen ansteige, immer mehr Beschäftigte in betriebseigene Servicegesellschaften ausgegliedert und hier bei gleichem Job aber geringerem Gehalt weiterbeschäftigt würden.

Deutlich wurde auch das Versagen von Schwarz-Gelb bei der Krankenhausfinanzierung:
Wesentliche Ursache roter Zahlen in schleswig-holsteinischen Kliniken ist der zu geringe Landesbasisfallwert. Dieser ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich, betrug 2011 z.B. in Schleswig-Holstein 2.884,86 Euro, in Rheinland-Pfalz aber 3.130,14 Euro. Um die Landesbasisfallwerte bundesweit anzugleichen wurde 2009 auf der GesundheitsministerInnenkonferenz in Plön von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) und den GesundheitsministerInnen ein Bundesbasisfallwert vereinbart. Dafür sollte das Statistische Bundesamt ab 2010 jährlich einen sogenannten Orientierungswert (Krankenhauswarenkorb) ermitteln, mit dem die Kostenstrukturen und -entwicklungen der Krankenhäuser besser abgebildet werden. Die bundesländerspezifischen Ungleichheiten sollten bis 2014 angeglichen und bis 2019 gemäß „Gleiches Geld für gleiche Leistung“ vereinheitlicht werden. Dieser Prozess wurde von der CDU/CSU/FDP-geführten Bundesregierung mit dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz zum großen Teil gestoppt. Die derzeitige sogenannte „Korridor“-Regelung“ bedeutet eine wesentliche Verschlechterung für die Kliniken Schleswig-Holsteins. Viele Krankenhäuser sind derzeitig noch nicht einmal in der Lage, die berechtigten Tarifsteigerungen für die Beschäftigten zu erwirtschaften. Insbesondere kommunal geführten Krankenhäusern gehen in die roten Zahlen - ein Schelm, der nicht an eine bewusste Privatisierungsabsicht der schwarz-gelben Bundesregierung glaubt. Ebenfalls gestoppt wurde das Pflegestellenförderprogramm, mittels dessen z.B. das Westküstenklinikum Brunsbüttel 26 KrankenpflegerInnen hat einstellen können. Diese haben dazu beigetragen, dass das Überstundenkontingent von 15.000 Überstunden auf „normale“ 30-40 Stunden pro Fachkraft zu senken.

Wir haben mit unserer Veranstaltung in Heide „Flagge“ für die Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum und gegen die mangelhafte Finanzausstattung unserer Kliniken gezeigt.