(Erschienen im Newsletter der Berliner Linken, Juni 2012)
Gleiches Entgelt für Frauen und Männer bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit - das will die SPD-Bundestagsfraktion. Und damit dies Wirklichkeit wird, haben wir zusammen mit Prof. Dr. Heide Pfarr, ehemalige Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institutes (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, ein Entgeltgleichheitsgesetz entwickelt. Unser „Entwurf eines Gesetzes zur Durchsetzung des Entgeltgleichheitsgebotes für Frauen und Männer (Entgeltgleichheitsgesetz)“ (Drucksache 17/9781) wird am Donnerstag, 14. Juni 2012, im Deutschen Bundestag in erster Lesung debattiert.
Mit einer Entgeltlücke in Höhe von 23 Prozent beim Durchschnittsverdienst von Männern und Frauen ist Deutschland unter den europäischen OECD-Ländern beschämender Europameister im Diskriminieren. Und dieser Gender Pay Gap hat Auswirkungen auf das gesamte Frauenleben: Aus 23 Prozent weniger Gehalt oder Lohn resultiert eine Rentenlücke von 59 Prozent zu Lasten der Frauen, resultiert Frauenaltersarmut.
Wir schaffen endlich gesetzliche Regelungen!
Maßnahmen wie Aufklärung, Appelle oder auf Freiwilligkeit setzende Vereinbarungen sind nachweislich wirkungslos. Wir machen Schluss mit den strukturellen Defiziten des geltenden Rechts. Deshalb erhalten sachverständige Personen eine entscheidende Rolle. Ihre Einbeziehung z.B. bei der Information über Verfahren zu Prüfinstrumenten zur Entgeltdiskriminierung und über geschlechtergerechte Entgeltsysteme sowie ihre Verpflichtung zur Prüfung der Entgeltsysteme stoßen Veränderungsprozesse in Betrieben und Dienststellen und bei den Tarifparteien an. Umgesetzt werden müssen diese dann allerdings von denjenigen selbst, die für die Entgeltsysteme zuständig sind. Gerichtliche Verfahren dienen nur der Sanktionierung bei gesetzwidriger Untätigkeit.
Mit unserem Entgeltgleichheitsgesetz bringen wir Arbeitgeber, betriebliche Interessenvertretungen und Tarifvertragsparteien dazu, Entgeltdiskriminierung zu beseitigen und endlich Entgeltgleichheit zu schaffen. Zu den gesetzlichen Verpflichtungen gehören u.a.
1. Schaffung von Transparenz über die Entlohnung
Über Löhne darf gesprochen werden. Wir verpflichten die Unternehmen zur Erstellung von Entgeltberichten. Das schafft die notwendige Transparenz über die betriebliche Bezahlung. Die Antidiskriminierungsstelle prüft diese Berichte auf Diskriminierung.
2. Einleitung eines Prozess zur Beseitigung der Entgeltungleichheit, der Lohndifferenz
Im Fall von Verdachtsmomenten für Lohndiskriminierung muss eine zweite detaillierte Prüfung diese bestätigen oder ausräumen. Vornehmen kann diese Prüfung die Tarifvertragsparteien, Betriebs- oder Personalräte und Antidiskriminierungsverbände. Wird Entgeltdiskriminierung festgestellt, wird ein verbindlicher Prozess zu ihrer Beseitigung in Gang gesetzt. Unter Beteiligung von Arbeitnehmervertreter/innen wird für diskriminierungsfreie Entgeltsysteme gesorgt.
3. Instrumente der Kontrolle und Durchsetzbarkeit von Lohngleichheit
Bleiben die Unternehmen untätig, zwingen wir sie zur Beseitigung der Entgeltdiskriminierung. Wir schaffen verbindliche Pflichten, Fristen und Sanktionen.
Entgeltungleichheit als Machtfrage
Entgeltungleichheit zwischen Frauen und Männern ist eine der zentralen Machtfragen unserer Gesellschaft. Längst ist diese Machtfrage mehr als eine „private“ ökonomische Beziehungsfrage zwischen Frauen und Männern auf der Basis der tradierten kulturellen Rollenbilder „Männer als erwerbstätige Haupternährer“, „Frauen als Familienfrauen und ggf. Zuverdienerinnen“. Vorbei die Zeiten die einen arbeiten für Geld, die anderen aus Liebe. Schon heute sind über 13 Prozent Frauen die häufig alleinigen HauptverdienerInnen. Diese Machtfrage im Zeitalter einer neuen Dienstleistungskultur ist verwoben mit der von Berufen und Branchen, von geschlechtersegregierten Arbeitsmärkten, von sogenannten Frauen- und von Männerberufen. Mit unserem Entgeltgleichheitsgesetz stoßen wir das Tor auf zu einer geschlechtergerechten Arbeitswelt, die allen alles ermöglicht: Erwerbsarbeit, familiale Care-Arbeit und zivilgesellschaftliches Engagement.