Korruption im Gesundheitswesen bekämpfen - Konsequenzen aus dem BGH-Urteil ziehen
29 Juni, 2012 - 14:49
Rede vom 28.06.2012 anlässlich der von der SPD-Bundestagsfraktion beantragten "Aktuellen Stunde" zum Thema Korruption im Gesundheitswesen:
Guten Tag, Herr Präsident! Guten Tag, meine Damen und Herren!
(Johannes Singhammer (CDU/CSU): Grüß Gott!)
Ich möchte am Anfang auf zwei Codewörter der Fraktion zu diesem Top eingehen, ohne zu wissen, wer sie als Steuerungsinstrumente eingebracht hat.
Zum einen auf das Codewort „Arbeitsverweigerung“. Wir haben zwischendurch nachgelesen. Es gibt gute, übergeordnete Gesichtspunkte, die dies erlauben. Ich weiß zwar nicht, ob das Gleiche bei Ihnen galt, als in der letzten Sitzungswoche 126 Abgeordnete fehlten. Aber das müssen Sie schließlich selbst beurteilen. Wir können nachweisen, ich würde Ihnen meine Website empfehlen, dass „ungehaltene Reden“ veröffentlicht worden sind. Es ging damals um die gleiche Thematik wie heute. Also, Codewort „Arbeitsverweigerung“ abgearbeitet, Schwachsinn Ihrerseits.
Zweites Codewort „Generalverdacht“. Keiner von uns, das nehme ich jetzt einmal insbesondere für unser Lager in Anspruch, niemand ist so undifferenziert, dass wir von Generalverdacht reden. Wir haben gute Ärzte und Ärztinnen. Wir haben aber auch solche, die sich bestechen lassen, sich der Bestechlichkeit anheimstellen. Um die Ärzte vor diesen Kollegen und Kolleginnen zu schützen, diskutieren wir heute diesen Antrag, der ja inhaltlich schon sehr gut begründet worden ist.
(Rudolf Henke (CDU/CSU): Wir diskutieren keinen Antrag! Es ist eine Aktuelle Stunde!)
Sie fordern hier stetig, es müsse etwas getan werden. Ich bin bereit, mit Herrn Lanfermann oder mit Herrn Spahn eine Wette um einen Gutschein für einen Einkauf im Reformhaus einzugehen, dass in dieser Legislaturperiode Ihrerseits nichts zur Beseitigung des in Rede stehenden Tatbestandes gemacht wird.
(Beifall bei der SPD)
Wir können uns hinterher unterhalten, ob Sie die Wette annehmen oder nicht.
(Heinz Lanfermann (FDP): Ich schenke Ihnen auch ein paar Körner!)
Faktum ist, dass insbesondere Herr Dietrich Monstadt schon im Mai 2011 befand, ich zitiere: „Es gibt Fehlverhalten.“ Also auch im Gesundheitswesen. Ich danke ihm ausdrücklich dafür, dass er in seiner Rede gerade viele Gründe zum Ausdruck gebracht hat, wieso es notwendig ist, Korruption zum Straftatbestand zu machen, damit die Ärzteschaft vor ihren der Bestechlichkeit anheimfallenden Kollegen und Kolleginnen geschützt wird.
Ich möchte noch auf etwas eingehen, was zu kurz gekommen ist: auf das Vertrauensverhältnis gegenüber Arzt und Ärztin. Ja, wir alle sind vielleicht noch so erzogen worden, dass wir glauben: Wenn ich krank und hilfsbedürftig zu meinem Arzt oder meiner Ärztin gehe, dann ist er oder sie diesbezüglich an meinem Wohl interessiert. Er oder sie will mir Heilung angedeihen lassen und nicht seinem oder ihrem eigenen Portemonnaie. Auch Herr Köhler, immerhin Vorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, hat öffentlich eingeräumt, dass es mehrere Möglichkeiten des illegalen Verhaltens gebe, und benannte unter anderem Bestechung in Form von, ich zitiere: „Motivationsprämien, Fangprämien, Kopfpauschalen“, auch Zuweisungen durch Niedergelassene an Krankenhäuser gegen Entgelt. Das Ganze ist also nicht „dürftig“, Herr Straubinger, sondern aus den eigenen Fachkreisen heraus kritisiert, und es wird beklagt. Daher ist unser Anliegen so notwendig. Wichtig ist, dass da endlich etwas getan wird, dass Ihrerseits nicht nur über Gesetzeslücken schwadroniert wird, sondern dass Ihren Worten endlich auch Taten folgen.
Die ärztliche Berufsordnung besagt - auch das ist schon gesagt worden: Es gibt ein Verbot der Zuweisung von Patientinnen und Patienten an die Krankenhäuser gegen Entgelt oder andere Vorteile. Ärzte sollen keinerlei Geschenke annehmen und andere Vorteile für sich in Anspruch nehmen.
(Volker Kauder (CDU/CSU): Jawohl!)
Dies reicht nicht. Das ist auch seitens der Ärzteschaft selber schon festgestellt worden. Ich blicke voller Spannung auf das, was Herr Henke im Hinblick auf die (Muster-) Berufsordnung der Bundesärztekammer auszuführen hat. Es werden nämlich selbst aus den eigenen Reihen längst Forderungen gestellt, dass die ärztliche Berufsordnung hier bei weitem nicht ausreicht und dass nachzubessern ist.
(Beifall der Abg. Petra Ernstberger (SPD))
Mit anderen Worten: Wir sind gegen Fangprämien. Wir gehen gegen Zuweisungen gegen Entgelt vor. Vor allen Dingen, liebe Kollegen und liebe Kolleginnen, liebe Regierung: Tun Sie etwas! Nehmen Sie meine Wette an! Vielleicht kommt es ja zum Schließen einer Gesetzeslücke.