Die Verabschiedung des „Gesetzes über den Beruf der Notfallsanitäterin und des Notfallsanitäters sowie zur Änderung weiterer Vorschriften“ (Drs. 17/11689) am 27. Februar ist ein weiterer Baustein auf dem Weg zur notwendigen Modernisierung der Gesundheitsfachberufe. Für die Zukunft ist es angesichts des demografischen Wandels und der damit verbundenen gravierenden gesellschaftlichen Veränderungen unabdingbar, die Potentiale aller Gesundheitsfachkräfte zu nutzen, um flächendeckend eine gesundheitliche Versorgung für alle sicherzustellen - insbesondere der älteren, der hilfs- und pflegebedürftigen Menschen. Damit das gelingt, bin ich auch jederzeit bereit, über die Delegation und Substitution der Tätigkeiten im Gesundheitswesen zu debattieren, die bisher unter Arztvorbehalt standen.
Dieses neue Berufszulassungsgesetz hat im Vergleich zum Rettungsassistentengesetz von 1989 erhebliche Verbesserungen. In vielem entspricht es den schon jahrelang erhobenen Forderungen der entsprechenden Fachverbände. Wesentliche Vorteile sind die Anhebung der Ausbildungsdauer von zwei auf drei Jahren, die Modernisierung der Ausbildungsstruktur und Ausbildungsziele. Auch wird endlich eine Ausbildungsvergütung gezahlt. Geschaffen wird ein neues Berufsbild, von dem alle profitieren: sowohl die im Rettungswesen Tätigen, die neuen Auszubildenden und vor allem die Patientinnen und Patienten.
Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben im Gesetzgebungsprozess allerdings weiteren Änderungsbedarf nicht zur angemahnt, sondern auch vier Änderungsanträge eingebracht. Leider haben die Fraktionen von CDU/CSU und FDP diese abgelehnt, so dass für uns eine Zustimmung zum Gesetz nicht möglich war.
Kritikpunkte der SPD-Bundestagsfraktion
Ich habe in meiner Rede im Namen der SPD-Bundestagsfraktion die Kritik und unsere Änderungsinitiativen skizziert.
Erstens: Die Widerrufung der Erlaubnis des Führens der Berufsbezeichnung Notfallsanitäterin oder Notfallsanitäter aus gesundheitlichen Gründen
Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist es nicht hinnehmbar, dass die Berufsbezeichnung „Notfallsanitäterin/Notfallsanitäter“ - damit ist eine Berufszulassung verbunden - bei einem möglichen Wegfall der gesundheitlichen Eignung aberkannt werden soll. Diese Regelung stößt nicht nur auf unsere Gegenwehr, sondern auch auf die der Gewerkschaften. Für mich ist klar, dass erworbene Kompetenzen und Qualifikationen durch gesundheitliche Beeinträchtigungen nicht verloren gehen.
Zweitens: Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sprechen uns für bundeseinheitliche Standards für das eigenständige Durchführen von heilkundlichen Maßnahmen aus. Ziel ist die Gewähr einer gleichwertigen Versorgung aller Notfallpatientinnen und -patienten in städtischen und ländlichen Regionen. Die Durchführung heilkundlicher Maßnahmen soll an die in der Ausbildung erworbenen Qualifikationen gebunden sein und nicht von Landkreis zu Landkreis unterschiedlich vom Ärztlichen Leiter Rettungsdienst (ÄLRD) definiert werden können. Schwarz-Gelb hätte hier klare gesetzliche Regelungen schaffen müssen, hätte die künftigen NotfallsanitäterInnen ausdrücklich dazu berechtigen müssen, die erlernten und beherrschten Ausbildungsziele bis zum Eintreffen einer Notärztin oder eines Notarztes auch tatsächlich auszuüben zu können. So bleibt dies nach wie vor eine rechtliche Grauzone.
Drittens: Bisherige Rettungsassistentinnen und Rettungsassistenten müssen für die Erlaubnis, die neue Berufsbezeichnung „Notfallsanitäterin bzw. Notfallsanitäter“ führen zu dürfen, an einer entsprechenden Anpassungsqualifizierungs-Maßnahme teilnehmen. Das ist richtig. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten wollen jedoch, dass die Kosten nicht privat getragen werden müssen. Dafür sollen die Kostenträger aufkommen, und zwar überwiegend die gesetzliche Krankenversicherung und zum geringeren Teil auch die privaten Krankenversicherungsunternehmen/Beihilfe.
Leider hat sich die Vertreterin der Bundesregierung bei der Debatte über die Änderungsanträge der SPD im Ausschuss für Gesundheit mit der Äußerung disqualifiziert, dass eine Kompetenzerweiterung für NotfallsanitäterInnen dazu führen könnte, dass Notfallärzte und Notfallärztinnen erst später zum Notfall gerufen würden. Aus dieser Äußerung lässt sich ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber nicht-ärztlichen Gesundheitsfachberufen heraushören. Dieses Denken muss im Interesse der vielen Beschäftigten in den Gesundheitsberufen, hier ganz konkret im Rettungswesen, abgestellt werden! Es ist einfach unangemessen.