Wie wollen, können oder müssen wir in Zukunft arbeiten? Welchen Stellenwert nimmt „Arbeit“ in einer Gesellschaft des langen Lebens für Frauen und Männer unterschiedlicher Generationen und der verschiedenen sozialen Lebenslagen ein? Auf welche Weise begegnen Unternehmen, Betriebe und ihre Mit-Arbeitenden den Herausforderungen sich rasant verändernder Arbeitskontexte und dynamischer Lebenswelten? Wie sieht eine geschlechtergerechte und generationsbezogene aktive Lebenslaufpolitik aus, um soziale Ungleichheit auf dem Arbeitsmarkt sowie bei der Verteilung von Erwerbs- und Fürsorgearbeit zu verändern?
Diese und viele anderen Fragen wurden auf dem gesellschaftspolitischen Kongress des Katholischen Deutschen Frauenbundes (KDFB) e.V. im Plenum und in mehreren Workshops rege debattiert. Der Kongress fand am 15. März 2013 in der Katholischen Akademie in Berlin statt.
Was bedeutet gute Arbeit in einer Gesellschaft des langen Lebens?
In ihrem Einführungsreferat Professorin Dr. Marianne Heimbach-Steins beschrieb Arbeit als Erwerbsarbeit, Sorgearbeit (Erziehung, Pflege) und gesellschaftliches Engagement (Ehrenamt). Sie lehrt christliche Sozialethik an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Aus ihrer Sicht dient Arbeit nicht ausschließlich ökonomischen Zwecken, sondern ist auch ein Medium sozialer Interaktion und Kooperation. Heimbach-Steins stellte fest, dass die Teilhabe an den unterschiedlichen Typen von Arbeit und deren Erträgen einer starken geschlechterspezifischen Asymmetrie mit weitreichenden Auswirkungen auf die gesamte Lebenszeit und die Absicherung biographischer Risiken unterliegen. Nach Ausführungen zu den Rahmenbedingungen einer Gesellschaft des langen Lebens und den Kriterien für „Gute Arbeit“ benannte Heimbach-Steins als Voraussetzungen für „gute Arbeit“:
- eine konsequente Lebenslauf-Orientierung der Sozial-, Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik
- die Entwicklung von Anreizen und Maßnahmen zur kooperativen und geschlechtergerechten Übernahme der unterschiedlichen Formen von Arbeit
- eine gute familienunterstützende Infrastruktur für die Rush hour des Lebens
- das Ausgleichen von Gerechtigkeitslücken zwischen den Generationen
- die Entwicklung von Modellen einer lebenslauforientierten Personalpolitik in Unternehmen und Betrieben
- das Eintreten von Verbänden wie dem KDFB als Frauen-Lobby für die Entwicklung einer an der Person orientierten, lebenslaufsensiblen Sozial-, Familien- und Arbeits(markt)politik.
„Wenn (k)eine Arbeit krank macht“
In sechs Workshops wurden Aspekte der „Arbeitswelt der Zukunft“ intensiver diskutiert. Im Workshop „Wenn (k)eine Arbeit krank macht“ hielt ich das Eingangsstatement. Schwerpunkte meiner Ausführungen waren:
- Arm trotz Arbeit - Zunahme prekärer Beschäftigungsverhältnisse
- Unterschiedliche Dimensionen und Auswirkungen in den Lebensverläufen von Männern und Frauen
- Arbeitslosigkeit macht unglücklich
- Zusammenhang soziale und gesundheitliche Lage
- Anstieg psychischer Belastungen in der Arbeitswelt
- Einbeziehung des Faktors Migration.
Hingewiesen habe ich auf die Notwendigkeit eines Präventionsgesetzes, an dem alle Verantwortung übernehmen.
Die anschließende Diskussion wurde von Christine Hoffmann, Generalsekretärin der deutschen Sektion von pax christi, moderiert. In Hier wurde ich intensiv nach den Vorstellungen der SPD zur Festlegung des Rückkehrrechtes von Teil- auf Vollzeit und zur Aufwertung der Gesundheitsberufe gefragt. Einen herausgehobenen Stellenwert in der Diskussion nahmen auch ein:
- die Situation von Alleinerziehenden sowie
- die zunehmende Entrechtlichung der Beschäftigten auch in kirchlichen Einrichtungen durch Outsourcing, durch Leiharbeit, zunehmenden Einsatz von Kapovaz (kapazitätsorientierte variable Arbeitszeit) etc.
Ich begrüße es, wenn immer mehr Frauenverbände engagierte Frauenlobby-Arbeit leisten. Wir machen uns gemeinsam stark für den Abbau von Diskriminierungen der Frau und für die Aufwertung von Erziehungs-, Gesundheits- und Sozialberufen.