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Arbeitsort im Wandel

Mechthild Rawert: Gesundheitsberufe aufwerten
(Erschienen in der Berliner Stimme, 11.5.2013, Nr. 9, S. 11)

Gesundheits- und Pflegeberufe bedürfen der gesellschaftlichen und finanziellen Aufwertung. Ohne massive Investitionen in die Ausbildung und in die ambulante und stationäre Infrastruktur gelingt dies nicht. Schwarz-Gelb hat versagt, das Rösler´sche „Jahr der Pflege“ war ein Flop, der Pflegebedürftigkeitsbegriff fehlt noch heute, der Pflege-Bahr ist reiner Hohn, ein neues Berufsrecht existiert nicht.

Beschäftigte leiden unter den stark belastenden Arbeitsbedingungen, in der Folge auch die Patientinnen und Patienten. Dabei hat der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklungen im Gesundheitswesen bereits 2007 darauf verwiesen, dass von einer „Neuordnung der Aufgabenverteilung im Gesundheitswesen alle Gesundheitsberufe profitieren können“. Der Skandal ist, dass Schwarz-Gelb die damit verbundenen Herausforderungen noch nicht einmal angegangen ist.

Krankenhäuser im Umbruch - Wohin geht die Reise?
2011 arbeiteten in den 2045 Krankenhäusern knapp 850.000 Vollzeitkräfte. Zahlreiche Umbrüche prägen ihre Arbeitssituationen:

  • Zwischen 2005 und 2011 sank die Beschäftigungsrate u.a. von Gesundheits- und KrankenpflegehelferInnen (-5,1%) bzw. von DiätassistentInnen (-5,5%).
  • Beschäftigungszuwächse verzeichneten u.a. aber die „Sonstigen Pflegepersonen“ (+ 27,9%), PTA´s (+15,5%), die Medizinisch-technischen RadiologieassistentInnen (+ 4,0%).
  • Der Anteil von Teilzeitbeschäftigten und geringfügig Beschäftigten ist gestiegen.
  • Umverteilt wurde das Arbeitsvolumen sowohl zwischen den Berufen als auch innerhalb der Berufsgruppen; medizinisch-technische, therapeutische sowie pflegeunterstützende Tätigkeiten gewinnen an Bedeutung.
  • Kranken- und IntensivpflegerInnen haben - obwohl rechtlich vielfach noch ungeklärt - in der Praxis diverse Aufgaben aus dem ärztlichen Bereich übernommen.

Zeitgleich findet ein umfangreicher Stellenabbau sowie eine Erhöhung der pflegefachlichen Anforderungen statt. Die Arbeitsverdichtung steigt aufgrund der kürzeren Verweildauern bei einer steigenden Zahl der durchgeführten medizinischen Leistungen.

Berufsbilder im Gesundheitssektor im Wandel
Die Aufwertung der Gesundheitsfachberufe im stationären Bereich wurde in einer von mir initiierten Arbeitsgruppe aus VertreterInnen von ver.di, der Friedrich-Ebert-Stiftung und des Instituts für Arbeit und Technik intensiv diskutiert. Ergebnisse sind die in Kürze bei der FES erscheinende Studie „Berufsbilder im Gesundheitssektor - Vom „Berufebasteln“ zur strategischen Berufsbildungspolitik“ sowie der „Arbeitsreport Krankenhaus“ der Hans-Böckler-Stiftung.

Die Studien bescheinigen: Nur neue Wege in der Gesundheitsarbeit stellen die künftige Gesundheitsversorgung sicher. Veränderte und wachsende Versorgungsbedarfe, Professionalisierung und Teilakademisierung in einigen Gesundheitsfachberufen, Kostendruck, Personalengpässe und Profilbildungen bei Leistungsanbietern sind Anzeichen des Wandels im Gesundheitsbereich. Der entsprechende Bildungsmarkt expandiert und die Berufelandschaft differenziert sich durch neue Berufe, Spezialkompetenzen und veränderte Qualifikationsprofile zunehmend aus. Häufig leider ohne einen systematischen Bezug auf die Entwicklungschancen und -probleme des Gesundheitssektors oder hinsichtlich einer strategisch ausgerichteten Berufsbildungspolitik.

Was macht die SPD-Bundestagsfraktion?
Nach unserem Antrag „Für eine umfassende Pflegereform: Pflege als gesamtgesellschaftliche Aufgabe stärken“ (Drs. 17/9977), 2012 leider von Schwarz-Gelb abgelehnt, hat meine Arbeitsgruppe Gesundheit das „Konzept zur Krankenhausreform und zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Pflege“ erarbeitet. Diesen Antrag beschloss die SPD-Fraktion am 23. April 2013: Wir wollen eine leistungsgerechte und planbare Krankenhausfinanzierung, wollen die Qualität sichern, die Sektorübergreifende Versorgung gestalten, Versorgungsübergänge absichern, die Krankenhaushygiene und Infektionsprävention verbessern und Innovationen für mehr Lebensqualität nutzbar machen.

Wir begreifen das Krankenhaus als Arbeitsort im Wandel. Deshalb wollen wir hierfür

  • verbindliche bundeseinheitliche Mindestpersonalstandards entwickeln, um dem Personalabbau entgegen zu wirken und Maßstäbe für eine angemessene Personalausstattung vor allem in der Pflege zu bestimmen,
  • die Unterschreitung von Mindestpersonalstandards oder dem gesetzlichen Mindestlohn mit Vergütungsabschlägen sanktionieren,
  • Frauenförderpläne implementieren, die auch der Prüfung dienen, ob die Tätigkeiten der Männer und Frauen nach gemeinsamen Kriterien bewertet werden und wie eine 40 % Frauenquote für alle Führungs- und Leitungsebenen in Krankenhausunternehmen einzuführen ist.

Die Bundestagswahl am 22. September entscheidet auch über Gute Arbeit und Guten Lohn für die Beschäftigten im Gesundheitswesen. Bitte denkt dran!