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„Besatzungskinder“ - Vater gesucht!

Die Frage „Wo komme ich her?“ bewegt alle Menschen und ist Teil der lebenslangen Frage „Wer bin ich?“. Für viele Menschen ist die Frage nach der Herkunft leicht zu beantworten, da Mutter und Vater bekannt sind.

Anders ist es bei den über 200.000 Menschen in Deutschland, die nach dem Zweiten Weltkrieg als Kinder aus Verbindungen deutscher Frauen mit russischen, britischen, französischen und US-amerikanischen „Besatzungssoldaten“ zur Welt kamen. Auf der Geburtsurkunde dieser „Besatzungskinder“ steht zumeist „Vater unbekannt“. Nicht immer waren die Bedingungen des Aufwachsens für sie leicht: rund 70 Prozent der Kinder wuchsen bei ihren Müttern auf, rund 30 Prozent in einem Heim. Die Betroffenen haben die Wahrheit über ihren Vater häufig erst spät erfahren. Das Schweigen in den Familien und der Gesellschaft war groß. Hoch sind auch die Hürden, die Väter zu finden: Mal sind deren Unterlagen längst vernichtet, mal verzweifeln die Soldatenkinder an bürokratischen Vorschriften, mal werden sie von dubiosen Suchdiensten über den Tisch gezogen.

Erst vor drei Jahren habe ich anlässlich des 15. HistorikerInnentreffens „Kriegskinder - Kriegsalltag - Kriegsverbrechen“ die millionenfache Gruppe der Kriegs-, Besatzungs- und Wehrmachtskinder bewusst wahrgenommen. Damals kamen Menschen im Rentenalter zu mir, die sich noch heute fragen: Wer bin ich? Von wem stamme ich ab? Wer ist mein Vater? Wo ist mein Vater? Menschen, die häufig nach einem Leben mit (verdrängten) Diskriminierungen und Stigmatisierungen nun in den letzten Lebensjahren die Frage zur eigenen Herkunft und Identität für sich selbst zulassen - und noch einer Antwort bedürfen. Eines weiß ich mittlerweile genau: Die Fragen der heutigen RentnerInnen sind hochaktuell und werden wieder mehrere Generationen beschäftigen, wenn wir an die Folgen militärischer Einsätze in heutigen Konfliktregionen denken. Politik ist hier gefragt!

Politik kann aktiv werden und für die Fragen und Probleme sensibilisieren: 2010 haben wir im Deutschen Bundestag den interfraktionellen Antrag „Opfern von Unrecht und Misshandlungen in der Heimerziehung wirksam helfen“ (Drs. 17/6143) verabschiedet. Im Vorfeld ist es mir gelungen, die „Kriegs- und Besatzungskinder“ mit in diesen Antrag zu integrieren. Leider ist nur eine „kryptische“ Formulierung möglich gewesen:

„III. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, …
- für andere Opfergruppen in Abstimmung mit den betroffenen Ländern Regelungen zu finden.“

Einladung zum Pressegespräch

Ich möchte weiterhin Politik und Öffentlichkeit für das Thema „Kriegs- und Besatzungskinder“ sensibilisieren. Deshalb freue ich mich, am 26. Oktober zum ersten GI Transatlantic Childrens´ Enterprise (GI Trace) get together in Deutschland ins Reichstagsgebäude und zum Pressegespräch um 14.00 Uhr in der SPD-Presselobby einzuladen. Für die Veranstaltung konnten hochkarätige Referentinnen gewonnen werden. Andere Länder machen es uns vor, wie Besatzungskindern bei der Suche nach ihrer Identität geholfen werden kann.

Ich bedanke mich für die Arbeit der ehrenamtlichen Organisation GI Trace, einem Netzwerk von betroffenen „Kindern“ aus Großbritannien, Deutschland und Österreich, welche bei der Suche nach dem amerikanischen Vater hilft.

Programm  
10.00 Uhr Mechthild Rawert (SPD), MdB
Begrüßung
10.15 Uhr Ute Baur-Timmerbrink, GI trace
Begrüßung
10.20 Uhr
John Munro, Vorsitzender GI trace, GB
Bericht über die GI trace Organisation
10.30 Uhr
Dr. Niels Zussblatt, St. Louis, USA
Präsentation des The National Personnel Records Center (NPRC)
11.00 Uhr Lindsay Henderson, Konsulin im US-Konsulat, Frankfurt a.M.
„Am I am American?“
11.15 Uhr Pause
12.00 Uhr Raimund Briechle, München
Vorstellung der Arbeit mit Selbsthilfegruppen
12.30 Uhr PD Dr. Heide Gläsmer, Universität Leipzig
Zwischenbericht zur Studie zu den psychischen Folgen des Aufwachsens als "Besatzungskind" in Deutschland
13.00 Uhr Mittagspause
13.30 Uhr Begegnung der Besatzungskinder in Gruppen nach Staaten der Väter
15.00 Uhr Gemeinsamer Besuch der Reichstagkuppel