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Trans*Rechte sind Menschenrechte

Wie kann die gesellschaftliche Anerkennung von Trans*menschen gestärkt und bestehende Diskriminierung und Ausgrenzung bekämpft werden? Wie notwendig eine Verbesserung der Trans*Rechte in Deutschland und Europa sind, zeigt ganz deutlich der „Trans Rights Europe Index". Noch immer wird in 24 EU-Ländern die Sterilisierung gefordert, noch immer bieten 16 Länder keine Möglichkeiten zur Namens- und Geschlechtsänderungen. Trans*Menschen werden an einer aktiven Partizipation im sozialen und wirtschaftlichen Leben gehindert, erfahren vielfältige Diskriminierungen.

Darüber diskutierten am 4. und 5. November 2013 Expert*innen und Aktivist*innen aus über 10 europäischen Ländern, u.a. Albanien, Belgien, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Kroatien, Niederlande, Portugal und Schweden. Für Deutschland habe ich teilgenommen. Zum Runden Tisch legal gender recognition hatten die Antidiskriminierungsstelle des Bundes und TGEU transgender Europe sowie ILGA eingeladen. TGEU transgender Europe kämpft europaweit für die Rechte von Trans*Menschen. ILGA-Europe ist die Internationale Dachorganisation der Lesben-, Schwulen-, Bisexuellen-, Trans- & Intersex-Verbände. Mitglied der ILGA Europe ist auch die Arbeitsgemeinschaft der Lesben und Schwulen in der SPD (Schwusos).

Transsexualität ist keine Krankheit
Transsexualität ist keine Krankheit. Vielmehr geht es darum, dass Menschen, die im „falschen“ Körper geboren sind, das Recht haben, ihre sexuelle Identität zu wechseln. Ich unterstütze die dringende Forderung, dass das seit 1981 geltende Transsexuellengesetz dringend modernisiert werden muss. Bis jetzt hat das Bundesverfassungsgericht in sechs Entscheidungen Teile des Transsexuellengesetzes für verfassungswidrig erklärt. Fundamentale Rechte für Trans*menschen wurden verletzt. Das Gesetz entspricht weder der Lebenswirklichkeit von Trans*Menschen noch dem Stand der Wissenschaft. Es ist allerhöchste Zeit für eine wirkliche Novellierung. Bis dato sind jedoch alle Versuche zur Modernisierung an der CDU gescheitert.

Diskriminierungserfahrungen von Trans*Menschen in Deutschland

Die gesellschaftliche Anerkennung der Rechte von Trans*Menschen ist noch keine Selbstverständlichkeit. So hat die Studie „Erfahrungen mit Gewalt und Mehrfachdiskriminierung von lesbischen/bisexuellen Frauen und Trans*“ von LesMigraS - Lesbische/bisexuelle Migrant_innen und Schwarze Lesben und Trans*Menschen / Antidiskriminierungs- und Antigewaltbereich der Lesbenberatung Berlin e.V. - aus 2012 ergeben, dass ein Drittel bereits Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt gemacht hat. Die meisten Diskriminierungserfahrungen erleben Trans*Menschen am Arbeitsplatz, etwa 50%. Über ein Drittel berichtet über negative Reaktionen in Ämtern und Behörden. Fast Zweidrittel gibt an, dass es sie sehr belastet, dass ihr Trans*sein als "psychische Störung" gilt. Die Hälfte erklärt, dass das amtliche Verfahren zur Geschlechtsangleichung sie so sehr beansprucht, dass ihr Lebensalltag darunter leidet.

Die Situation in den europäischen Staaten

Ein wichtiger Punkt des Treffens bildete der Erfahrungsaustausch über die rechtliche und gesellschaftliche Situation von Trans*Menschen in europäischen Ländern. In 33 europäischen Staaten existieren Gesetze zur Anerkennung von Trans*Menschen, doch in 16 Ländern existieren überhaupt keine Regelungen. In diesen EU-Ländern wird so getan, als ob es Trans*Menschen nicht gibt. Sehr deutlich wurde, dass es noch ein langer Weg für mehr Anerkennung ist und bestehende Diskriminierungen aufgehoben sind.

Argentinien als Vorbild
Wie schon bei den Rechten für intersexuelle Menschen ist Argentinien Vorreiter, was die gesetzlichen Regelungen für Trans*Menschen angeht. Hier ist das Gesetz aus einer klaren Menschenrechtsperspektive geschrieben worden, betonte Julia Ehrt von TGEU.

Dagegen herrscht in den europäischen Ländern Trans*gender noch immer eine rein medizinische Sichtweise auf Trans*Menschen vor. Zum Beispiel sehen 24 europäische Ländern eine Zwangssterilisation zwingend vor, wenn Menschen ihr Geschlecht ändern wollen. In Deutschland wurde diese Regelung erst 2011 vom Bundesverfassungsgericht gekippt.

Bundesverfassungsgericht stärkt Rechte von Trans*Menschen
Für Trans*Menschen, die vor der Geschlechtsumwandlung verheiratet waren, herrscht in vielen Ländern ein Scheidungsgebot, wenn sie mit ihrer neuen sexuellen Identität dann in einer gleichgeschlechtlichen Ehe leben. Auch in Deutschland galt der Scheidungszwang bis 2008. Dann erklärte das Bundesverfassungsgericht auch diese Regelung für verfassungswidrig.

Zur Zeit ist ein Fall vor dem Europäischen Menschengerichtshof anhängig, wo eine Trans*Person aus Finnland gegen ihre Zwangsscheidung klagt. Diese Entscheidung des Europäischen Menschengerichtshofs könnte Strahlkraft für viele europäische Länder haben.

Hassgewalt - Transphobia
In den letzten 5 Jahren wurden 71 Morde an Trans*Menschen in Europa dokumentiert. Gelungen ist es allerdings in den letzten Jahren, durch den Begriff Transphobia die Hassgewalt gegen Trans*Menschen sichtbar zu machen. Das ist von hoher Bedeutung berichteten unter anderem Aktivist*innen aus Portugal.

Auch amnesty international hat die Menschenrechte von Trans*Personen im Fokus. Zur Zeit sammelt amnesty international die Diskriminierungsfälle in 5 europäischen Ländern für eine Studie, die im Januar 2014 erscheinen soll.

Der Austausch zwischen den Aktivist*innen und Expert*innen brachte viele Beispiele zur Sprache, wo das Engagement von Selbsthilfeorganisationen und AktivistInnen wichtige Erfolge brachte. Beispielsweise kämpft die schwedische Menschenrechtsanwältin Kerstin Burman seit Jahren für die Rechte von Trans*Menschen und regte im Zusammenspiel mit Aktivist*innen eine breite gesellschaftliche Debatte über Zwangssterilisation an. Es entstand sogar eine internationale Kampagne zur Aufhebung der Zwangssterilisation.

Der Runde Tisch brachte den Teilnehmenden, brachte mir wichtige Impulse für die Anerkennung von Trans*Menschen. Uns allen zeigt das fortschrittliche Beispiel Argentiniens, wie wichtig es ist, die Rechte von Trans*Menschen als Menschenrechte zu begreifen.