Mit der vereinbarten Debatte zum Thema Sterbehilfe im Deutschen Bundestag ist ein weiterer Impuls für eine gesellschaftliche Debatte gegeben worden, in welcher Form Sterbehilfe geleistet werden darf. Es handelt sich hierbei um eine Gewissensentscheidung und wie immer bei ethischen Grundsatzfragen besteht kein Fraktionszwang.
Folgen wir Umfragen ist die große Mehrheit der BundesbürgerInnen im Falle einer unheilbaren Krankheit für Sterbehilfe. Zur Würde des Menschen gehöre ein würdevoller Tod. Viele sind auch der Meinung, dass ein selbstbestimmter Tod angesichts der Möglichkeiten der Medizin ein hohes Gut ist.
Die Debatte ist nicht neu. Bereits seit Jahren diskutieren insbesondere Wissenschaft und Politik darüber. Doch ist diese Debatte tatsächlich schon in der Gesellschaft, in den Familien angekommen? Haben Sie schon eine PatientInnenverfügung gemacht? Haben Sie schon eine Vorsorgevollmacht ausgestellt? Haben Sie in der Familie, im Freundeskreis schon über den Wunsch der Umstände für das eigene Sterben, für den eigenen Tod gesprochen? Wir alle schieben diese Fragen - und vor allem die Antworten - gerne hinaus. Aber die Auseinandersetzung mit dem Sterben und dem Tod gehören in die Familie und in den Freundeskreis, mitten in unsere Gesellschaft. Es geht um eine höchstpersönliche Entscheidung, auch unerträgliche Leiden und Qualen sind keine objektivierbaren Kategorien.
Die vierstündige Orientierungsdebatte am 13. November 2014 war der Auftakt für das parlamentarische Ringen um ein Gesetz zur Sterbehilfe, welches in der zweiten Jahreshälfte 2015 beschlossen werden soll. Es geht darum, ob und wenn ja wie die Sterbehilfe bzw. die Sterbebegleitung rechtlich neu geregelt werden muss.
Derzeitige rechtliche Lage
Assistierter Suizid ist in Deutschland nicht verboten. Verboten ist die Tötung auf Verlangen, also zum Beispiel die Giftspritze auf Wunsch eines Betroffenen (§ 216 StGB). Straffrei ist die Beihilfe zu einem frei verantwortlichen Suizid.
Rechtliche Grauzonen
Wer darf beim Sterben helfen? Wie viel Hilfe beim Sterben ist erlaubt? In Deutschland sind kommerzielle Sterbehilfe-Organisationen verboten. Es geht insbesondere um Antworten auf die Frage, was ÄrztInnen, die häufig mit dem Leiden todkranker PatientInnen und dem Wunsch, den Tod selbst zu bestimmen und in Würde zu sterben, konfrontiert sind, erlaubt sein soll. Sie agieren derzeit in einer rechtlichen Grauzone. In vielen Bundesländern machen sie sich strafbar, wenn sie beim Sterben helfen - zum Beispiel mit der Vergabe hoher Dosen von schmerzlinderndem Morphium.
Derzeitige Positionen im Parlament
Der Vorschlag von Peter Hintze (CDU) und Karl Lauterbach, stellvertretender SPD-Fraktionschef, will ÄrztInnen unter strengen Auflagen und in Fällen unheilbaren Leidens erlauben, Hilfe beim Suizid zu leisten. Es geht vor allem darum, todkranke Menschen in ihren Nöten nicht allein zu lassen. Sie sollen sich an eine ÄrztIn ihres Vertrauens wenden können, anstatt den Freitod zu wählen oder sich an Sterbehilfe-Organisationen wenden zu müssen. Im Mittelpunkt steht die Verantwortung der ÄrztIn. Voraussetzungen für die Straffreiheit des ärztlichen Handelns sind: Die PatientIn muss unheilbar krank sein und extrem leiden. Es muss ein nachhaltiger Todeswunsch vorliegen, der von zwei unabhängigen ÄrztInnen bestätigt werden muss.
Die CDU-Politiker Gesundheitsminister Hermann Gröhe, Fraktionschef Volker Kauder und Generalsekretär Peter Tauber wollen ausnahmslos jede professionelle Sterbehilfe gesetzlich verbieten lassen. Bei der Sterbehilfe machen sich alle strafbar, Sterbehilfevereine ebenso wie die ÄrztInnen.
Elisabeth Scharfenberg und Harald Terpe von Bündnis90/Die Grünen wollen die Beihilfe zum Suizid grundsätzlich unter Strafe stellen. Davon ausgenommen sind ÄrztInnen, PsychologInnen und Angehörige, wenn ein langjähriges "Vertrauens- und Fürsorgeverhältnis" besteht.
Die Sozialdemokratinnen Kerstin Griese und Eva Högl wollen lediglich die organisierte Sterbehilfe - also die Vereine und Organisationen, die Tötung auf Verlangen anbieten - verbieten.
Renate Künast von Bündnis90/Die Grünen setzt sich für eine Erlaubnis der Beihilfe zum Suizid durch gemeinnützige Organisationen und ÄrztInnen ein. Sie will die durch Beratung und Hilfe unterstützte Selbstbestimmung der PatientInnen gewahrt wissen.
Der Ausbau der Palliativmedizin und der Hospizarbeit wird von allen ParlamentarierInnen unterstützt.