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TTIP: Gefahr für Arbeitsschutz und soziale Sicherheit?

In der laufenden Diskussion um die Freihandelsabkommen CETA und TTIP werden nur Wenige im ersten Moment an die gesetzliche Unfallversicherung denken. Umso wichtiger ist es, sich mit diesen nicht unbedingt im Zentrum der öffentlichen Diskussion stehenden Aspekten sachlich zu befassen. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV), die sich bereits im vergangenen Jahr mit einer Stellungnahme zu TTIP positioniert hatte, lud daher am 18. Februar 2015 zur Diskussion "TTIP: Eine Gefahr für Arbeitsschutz und soziale Sicherheit?"

Dabei stand zunächst die Frage der "Systembetroffenheit" im Mittelpunkt, also die Befürchtung, die Unfallversicherung oder andere Sozialversicherungssysteme könnten als Dienstleistungen der Marktöffnung unterliegen und künftig mit ausländischen Anbietern im Wettbewerb stehen. Laut Bundeswirtschaftsministerium wird es dazu nicht kommen. Die Sozialversicherungen werden explizit von der Marktöffnung ausgenommen, so wie es auch im vorliegenden Textentwurf des CETA-Abkommens im Kapitel zu Finanzdienstleistungen niedergelegt ist. Die Diskussion dreht sich damit nicht um den Grundsatz, sondern lediglich um eine entsprechend rechtssichere und rechtsklare Formulierung. Die DGUV hätte sich hier, wie viele andere auch, den Ansatz der Positivliste gewünscht: Geöffnet werden Märkte nur da, wo es im Abkommen explizit vereinbart ist.

Die möglichen Regelungen zum Investitionsschutz haben auch bei den Sozialversicherungen zu Bedenken geführt. Es ist deshalb wichtig, dass die Prinzipien der gesetzlichen Unfallversicherung, insbesondere die Präventionsanforderungen, nicht durch Investitionsschutzklagen amerikanischer Unternehmen ausgehebelt werden können.  Auch muss eine Absenkung der Standards im Arbeits- und Gesundheitsschutz ausgeschlossen sein. Dabei geht es auch darum, die Verabredungen zur Weiterentwicklung der Abkommen genau zu prüfen, damit auch zukünftig neue und bessere Schutzstandards gesetzt werden können.

Gerade beim Arbeitsschutz sind die Ausgangssituationen von EU und USA sehr unterschiedlich. So erwartet die DGUV z. B. eine stärkere Beteiligung der USA an der internationalen Bildung von Normen, wie etwa der ILO-Kernarbeitsnormen. Und auch bei den Normen über sichere und gesundheitsgerechte Arbeitsmittel und Schutzausrüstungen soll statt bloßer Anerkennung der jeweiligen Standards vielmehr eine Harmonisierung angestrebt werden, um tatsächlich gleich hohe Schutzniveaus zu sichern.

Wie exakt der Blick auf die einzelnen Standards sein muss, zeigt das Beispiel der Atemschutzmasken, in einigen Berufen eine lebensrettende Schutzausrüstung. Vor ihrem Inverkehrbringen müssen die Masken in der EU durch eine notifizierte Stelle darauf geprüft werden, ob sie dicht sind. In den USA dagegen sind keine externen Prüfer, sondern die Betriebe selbst dafür verantwortlich. Würden nun in den USA hergestellte Atemschutzmasken ohne Drittprüfung in der EU in Verkehr gebracht, wäre die fehlende Prüfung nicht erkennbar und die Schutzausrüstung nicht sicher.

Dass es bei den angestrebten Harmonisierungen aber auch darum geht, gemeinsam Verbesserungen zu erreichen, hat auf Seiten der DGUV den Ausschlag dafür gegeben, ein Freihandelsabkommen wie TTIP nicht im Grundsatz abzulehnen. Ein Abkommen mit rechtsklaren Ausnahmen für die Sozialversicherungen, mit einem Investorenschutz, der Gleichbehandlung aber keine Umgehung von Standards zum Ziel hat, und mit dem gemeinsamen Willen, Schutzstandards und Normen für alle zu verbessern, kann einen positiven Beitrag zur Regulierung des internationalen Handels leisten.