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Meilenstein für die Anerkennung der Rechte von Trans*Menschen

Die Parlamentarische Versammlung des Europarates hat am 22. April 2015 den wegweisenden Bericht „Discrimination against transgender people in Europe“ gegen die vielfältigen Diskriminierungen von Trans*Menschen in Europa verabschiedet.

Ich bin froh, dass es im Vorfeld auch eine deutsche Übersetzung des Berichtes gegeben hat. Diese enthält noch nicht die wenigen Ergänzungen, die in der Parlamentarischen Versammlung vorgenommen worden sind.

In meiner dreiminütigen Rede der dazugehörigen Plenardebatte habe ich der zuständigen Berichterstatterin Deborah Schembri aus Malta für diese sehr wichtige Initiative gedankt. Im Bericht wird die Diskriminierung von Transgender aus menschenrechtlicher Perspektive beurteilt. Ziel ist Aufklärung und Sensibilisierung der europäischen Bevölkerung für die besonderen Belange transgeschlechtlicher Menschen. Ziel sind geänderte Rechtslagen und Einstellungen. Das Besondere an diesem Bericht ist auch, dass die Expertise von Menschenrechts- und Antidiskriminierungsstellen sowie von Nichtregierungsorganisationen, wie Transgender Europe, In die Erarbeitung mit einbezogen wurde.

Den Mitgliedsstaaten werden wichtige Handlungsvorschläge unterbreitet, um die bestehende Diskriminierung von Trans*Menschen zu stoppen.

In den Debatten im Ausschuss für Gleichstellung und Nichtdiskriminierung und abschließend in der Parlamentarischen Versammlung konnten eine Vielzahl an Änderungsanträgen von Seiten der Konservativen abgewehrt werden. In der Schlussabstimmung votierten 68 Delegierte für den Bericht, 23 stimmten dagegen und 12 enthielten sich.

Deutschland kann von Malta lernen

Malta macht seit dem Wahlsieg der Labour-Partei eine sehr fortschrittliche Gleichstellungspolitik für die Rechte von Schwulen, Lesben, Trans* und intersexuellen Menschen. Malta hat mittlerweile eine Vorreiterrolle für LGBTTI-Rechte inne. Von daher ist es kein Zufall, dass der Bericht von der  maltesischen Berichterstatterin Deborah Schembri auf den Weg gebracht wurde. Um den Stellenwert dieser Gleichstellungspolitik zu unterstreichen, ist die maltesische Ministerin für sozialen Dialog, Verbraucherschutz und Freiheitsrechte, Helena Dalli, extra für diese Debatte nach Straßburg gereist.

Als Vorsitzende der deutsch-maltesischen Parlamentariergruppe im Deutschen Bundestag erkläre ich voller Überzeugung: Wir können in Deutschland von Malta hier vieles lernen!

Wanderausstellung "Trans* in der Arbeitswelt"

Im Rahmen eines sogenannten Side-Events eröffneten der Generalkonsul der Bundesrepublik Deutschland in Straßburg Julius Georg Luy und die maltesische Ministerin für sozialen Dialog, Verbraucherschutz und Freiheitsrechte Helena Dalli die Wanderausstellung "Trans* in der Arbeitswelt". Die aus Berlin kommende Ausstellung wurde während der gesamten Sitzungswoche der Parlamentarischen Versammlung des Europarates gezeigt.

Die Wanderausstellung ist unter der künstlerischen Leitung der Fotografin Anja Weber entstanden. Sie porträtierte 12 Trans*Menschen und zeigt, wie verschieden diese Menschen sind. Sie sind Trans*Frauen, Trans*Männer oder verstehen sich einfach als Trans*Menschen oder Transgender. Gefördert wurde die Ausstellung von der Berliner Landesstelle für Gleichbehandlung - gegen Diskriminierung (LADS) der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen.

Auf den Bildern sind die Menschen in ganz unterschiedlichen Berufen und Arbeitsumfeldern zu sehen: in Büros, Produktions- und Dienstleistungsbetrieben, als Lehrende, als LKW-fahrende. Die Bilder laden ein, über die Lebensgeschichten, Diskriminierungs- und Erfolgserfahrungen transgeschlechtlicher Menschen nachzudenken.

Die Bilder sollen andere transgeschlechtliche Menschen ermutigen, offen auf Stellensuche zu gehen oder einen Transitionsprozess am Arbeitsplatz zu wagen, wenn dies für sie innerlich stimmt. Und sie appellieren an Arbeitgebende, sich für Trans*Menschen zu öffnen und das Potential zu erkennen, das in dieser Öffnung steckt.

Die nächste Station der Ausstellung ist im Rathaus von Kassel.

 

Handlungsempfehlungen des Europarates für die Mitgliedsstaaten

Die Mitgliedsstaaten werden aufgerufen:

6.1.   im Hinblick auf Anti-Diskriminierungsgesetze und Politiken

6.1.1.    Diskriminierung aufgrund der geschlechtlichen Identität in den nationalen Anti-Diskriminierungsgesetzen ausdrücklich zu verbieten und die Menschenrechtslage von Transgendern mit dem ausdrücklichen Hinweis auf die geschlechtliche Identität in das Mandat nationaler Menschenrechtseinrichtungen aufzunehmen;

6.1.2.    die internationalen Menschenrechtsnormen einschließlich des Fallrechts des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ohne jede Diskriminierung aufgrund der geschlechtlichen Identität umzusetzen;

6.1.3.    Informationen und Daten über die Menschenrechtslage von Transgendern zu sammeln und zu analysieren, auch über Diskriminierung aufgrund der geschlechtlichen Identität und über multiple Diskriminierung sowie transphobe Intoleranz und Hassverbrechen, mit dem Ziel, sie als notwendige Leitlinien für die Gestaltung, Umsetzung und Überwachung der Wirkung von Anti-Diskriminierungsgesetzen und -politiken zu nutzen;

6.1.4.    Gesetze gegen Hassverbrechen zu erlassen, die Transgendern besonderen Schutz vor transphoben Verbrechen und Vorfällen bieten; spezielle Schulungen zur Sensibilisierung von Polizeibeamten und Mitgliedern der Justiz anzubieten;

6.1.5.    wirksamen Schutz vor Diskriminierung aufgrund der geschlechtlichen Identität beim Zugang zu einer Beschäftigung im öffentlichen wie im privaten Sektor sowie beim Zugang zu Wohnraum, zur Justiz und zur Gesundheitsversorgung zu bieten;

6.1.6.    Transgender und ihre Organisationen an der Ausarbeitung und Umsetzung sie betreffender politischer und rechtlicher Maßnahmen zu beteiligen und sie zu konsultieren;

6.2.   im Hinblick auf die rechtliche Anerkennung der Geschlechtszugehörigkeit

6.2.1.    schnelle, transparente und leicht zugängliche Verfahren auf der Grundlage der Selbstbestimmung für die Namensänderung und des auf Geburtsurkunden, Personalausweisen, Pässen, Zeugnissen und anderen Dokumenten vermerkten Geschlechts von Transgendern zu entwickeln und diese Verfahren allen Menschen, die sie benötigen, unabhängig vom Alter, dem medizinischen Status, den finanziellen Möglichkeiten oder einer aktuellen oder früheren Inhaftierung zur Verfügung zu stellen;

6.2.2.    Sterilisation und andere obligatorische medizinische Behandlungen, wie die Diagnose einer psychischen Erkrankung, als notwendige rechtliche Voraussetzungen für die Anerkennung der geschlechtlichen Identität in den Gesetzen abzuschaffen, die den Prozess der Namensänderung und des offiziell vermerkten Geschlechts regeln; 

6.2.3.    alle Einschränkungen des Rechts von Transgendern, nach Anerkennung ihres Geschlechts in einer bestehenden Ehe zu bleiben, abzuschaffen und sicherzustellen, dass Ehepartner oder Kinder nicht ihre Rechte verlieren;

6.2.4.    zu erwägen, für diejenigen, die es beantragen, eine dritte Geschlechtsoption in Ausweisdokumenten vorzusehen; 

6.3.   im Hinblick auf eine Geschlechtsumwandlung und auf die Gesundheitsversorgung

6.3.1.    Transgendern Verfahren für eine Geschlechtsumwandlung, wie Hormonbehandlung, chirurgische Eingriffe und psychologische Unterstützung, zugänglich zu machen und sicherzustellen, dass sie von den gesetzlichen Krankenversicherungen eine Erstattung erhalten; Beschränkungen in Bezug auf die Kostenübernahme müssen rechtens, objektiv und verhältnismäßig sein;

6.3.2.   Transgender ausdrücklich in die Studien, Pläne und Maßnahmen zur Suizidprävention aufzunehmen und alternative Modelle für die Gesundheitsversorgung von Transgendern auf der Grundlage der Einwilligung nach vorheriger Information zu untersuchen; 

6.3.3.    die auf nationaler Ebene verwendeten Klassifizierungen von Krankheiten zu ändern und für eine Abänderung internationaler Klassifizierungen einzutreten und dabei sicherzustellen, dass Transgender, einschließlich Kinder, nicht als geisteskrank bezeichnet werden, und gleichzeitig einen stigmafreien Zugang zu der notwendigen medizinischen Behandlung zu gewährleisten;

6.4.   im Hinblick auf Information, Sensibilisierung und Schulung

6.4.1.    die notwendigen Maßnahmen in Bezug auf die Menschenrechte von Transgendern und Diskriminierung aufgrund der geschlechtlichen Identität über Bildungs- und Schulungsprogramme im Hinblick auf die Menschenrechte sowie Sensibilisierungskampagnen für die allgemeine Öffentlichkeit zu ergreifen;

6.4.2.    Informationen und Schulungen für Fachkräfte des Bildungswesens, Polizeibeamte und Angehörige der Gesundheitsdienste, wie Psychologen, Psychiater und Allgemeinärzte, in Bezug auf die Rechte und speziellen Bedürfnisse von Transgendern mit besonderem Schwerpunkt auf der Notwendigkeit, ihr Privatleben und ihre Würde zu respektieren, anzubieten.

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Dok. 13742 - Diskriminierung von Transgendern in Europa.pdf151.71 KB