Seit 2014 bin ich für Deutschland Mitglied im parlamentarischen Netzwerk „Gewaltfreies Leben für Frauen” der Parlamentarischen Versammlung des Europarates. Das korrespondiert auch mit meiner Mitgliedschaft im Ausschuss Gleichstellung und Nicht-Diskriminierung des Europarates. In diesem Netzwerk engagieren sich Mitglieder der parlamentarischen Delegationen der Mitglied- und Beobachterstaaten der Parlamentarischen Versammlung sowie den Delegationen der Partner für Demokratie gegen Gewalt gegen Frauen. Jede dieser ParlamentarierInnen kämpft dafür auch in ihrem jeweiligen Herkunftsland.
Während der 3. Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 22. bis 26. Juni 2015 in Straßburg wurde in Kooperation mit Vertretern des deutschen Außenministeriums eine Kampagnenveranstaltung des Netzwerkes für 2016 in Berlin geplant. Die Vorbereitungen beginnen jetzt.
Informationen zum Netzwerk und zur Istanbul-Konvention
Zum Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention) wurde 2012 ein deutschsprachiges „Handbuch für Parlamentarier/-innen“ herausgegeben. Ich empfehle allen diese in vielen weiteren Sprachen erschienene Broschüre.
Bedeutsame Referenztexte sind
Aktuelle Aktivitäten des Netzwerkes können Sie auf deren Facebook-Seite verfolgen.
Europarat sichert Frauenrechte: das Netzwerk „Gewaltfreies Leben für Frauen”
Das Netzwerk „Gewaltfreies Leben für Frauen” wurde 2006 im Rahmen der Kampagne zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen gegründet. Mit ihrer Entschließung 1635 (2008, Seite 47) und der Empfehlung 1847 (2008, Seite 49) zur „Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen: Für ein Übereinkommen des Europarats“ entschied die Parlamentarische Versammlung des Europarates (PACE), dass das Ende dieser Kampagne nicht das Ende des Netzwerks sein sollte. Gewollt wurde vielmehr, mit diesem innovativen und leistungsstarken Instrument die Aufklärungsarbeit unter den ParlamentarierInnen und die Koordinierung von gemeinsamen Aktionen zu stärken.
In der einstimmig verabschiedeten Entschließung wird festgestellt, dass häusliche Gewalt gegen Frauen eine der am weitesten verbreiteten Verletzungen der Menschenrechte ist. Die Netzwerkmitglieder sollen sich insbesondere für eine Verschärfung der nationalen Gesetzgebung zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen stark machen. In der ebenfalls einstimmig verabschiedeten Empfehlung wird das Ministerkomitee aufgefordert, eine Rahmenkonvention zu den schwersten und häufigsten Formen von Gewalt gegen Frauen zu entwerfen, insbesondere in Fällen häuslicher Gewalt gegen Frauen, sexueller Übergriffe und Belästigung, erzwungener Heiraten oder so genannter „Ehrenverbrechen“.
Die Istanbul-Konvention
Am 11. Mai 2011 hat das Ministerkomitee des Europarats in Istanbul das Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Häusliche Gewalt (Istanbul-Konvention) verabschiedet. Dieses Übereinkommen ist das erste übergreifende, rechtlich bindende Instrument in Europa und stellt somit einen Meilenstein in der Bekämpfung aller Arten von Gewalt gegen Frauen dar.
Deutschland hat das Übereinkommen am Tag der Verabschiedung gezeichnet und somit anerkannt und die Absicht erklärt, mit Ratifizierung beizutreten. Das Übereinkommen ist mittlerweile mehr als lediglich ein politisches Dokument. Die Istanbul-Konvention ist seit dem 1. August 2014 in Kraft. Die Ratifizierung in Deutschland steht noch aus.
Um das Potenzial dieser Konvention in der Prävention von Gewalt gegen Frauen und ihrer Kinder voll auszuschöpfen, ist es wichtig, dass Frauen- und Menschenrechtsorganisationen auf das Übereinkommen hinweisen und es auf nationaler Ebene bekanntmachen! Ich fordere alle zivilgesellschaftlichen Kräfte auf, durch gezielte Empfehlungen an die Bundesregierung den Ratifizierungsprozess auch bei uns voranzutreiben und somit die Sicherung der Grundrechte zu stärken und vor allem das Recht auf ein gewaltfreies Leben zu gewährleisten!
Die Bundesrepublik Deutschland muss noch wichtige „gesetzgeberische Hausaufgaben“ machen, bevor eine Ratifizierung dieses völkerrechtlichen Vertrages erfolgen kann. Derzeit prüft die Bundesregierung unter Federführung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend welche gesetzgeberischen Maßnahmen umzusetzen sind. Nach innerstaatlichem Recht muss das Übereinkommen für eine Ratifizierung vollständig umgesetzt sein, auf allen verantwortlichen Ebenen im föderalen Staat. Zurzeit wird das nach Artikel 59 Abs. 2 GG erforderliche Vertragsgesetz vorbereitet und bundesgesetzlicher Anpassungsbedarf geprüft.
Laut Istanbul-Konvention besteht gesetzlicher Handlungsbedarf bei uns beispielsweise in einer Reform des § 177 StGB (Strafbarkeit bei nicht einvernehmlichen sexuellen Handlungen), im Opferentschädigungsgesetz und bei der Rücknahme der aufenthaltsrechtlichen Vorbehalte.
Das Netzwerk setzt sich (Stand Juni 2015) aus 50 Mitgliedern der parlamentarischen Delegationen der Mitglied- und Beobachterstaaten der Parlamentarischen Versammlung sowie den Delegationen der Partner für Demokratie zusammen. Generalberichterstatterin ist Sahiba Gafarova, Aserbaidschan, die als politische Koordinatorin des Netzwerks agiert.