Anfang 2015 ist das Pflegestärkungsgesetz I (PSG I) mit deutlichen Leistungsverbesserungen für Pflegebedürftige, pflegende Angehörige und Pflegefachkräfte und dem von der SPD „ungeliebten“ Pflegevorsorgefonds in Kraft getreten.
Bereits im Koalitionsvertrag ist der SPD das Thema Pflege ein Herzensanliegen gewesen. Deshalb sind viele Vorhaben dort bereits detailliert verankert. Wir SozialdemokratInnen konnten somit wesentliche unserer Forderungen auch bei der zweiten Stufe des Pflegestärkungsgesetzes, dem Pflegestärkungsgesetz 2 (PSG 2), durchsetzen. Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff, das neue Begutachtungsverfahren und die Umstellung der Leistungsbeträge der Pflegeversicherung sollen zum 1. Januar 2017 wirksam werden, die Vorschriften zur Vorbereitung bereits 2016. Dafür müssen Bundestag und Bundesrat das Gesetz bis zum Jahresende verabschieden.
Obwohl sich der vom Bundesgesundheitsministerium vorgelegte Regierungsentwurf in sehr breiten Teilen an den Koalitionsvertrag hält, gibt es für uns als sozialdemokratische Arbeitsgruppe Gesundheit noch offene Fragen. Diese werden wir im parlamentarischen Verfahren klären, das im September beginnt.
Die Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs zusammen mit dem neuen Begutachtungsverfahren für den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) sowie die Ablösung der drei Pflegestufen durch fünf Pflegegrade ist eine höchst bedeutsame pflegepolitische Maßnahme. Ab 2017 werden alle den gleichen Zugang zu den Leistungen der Pflegeversicherung erhalten. Dabei stehen die vorhandenen individuellen Möglichkeiten und Fähigkeiten der einzelnen Menschen im Mittelpunkt. 2,8 Millionen bereits eingestufte pflegebedürftige Menschen werden automatisch in das neue System überführt und bekommen den nächsthöheren Pflegegrad. Es wird eine zusätzliche Unterstützung für rund 500.000 Menschen geben, davon viele an Demenz Erkrankte. Rund 3,3 Millionen Menschen werden von den Geld- und Sachleistungen der Pflichtversicherung profitieren.
Mehr Pflegefachlichkeit
Die Pflegeversicherung erhält mit dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff eine moderne, pflegefachlich fundierte Grundlage. Dies ist seit langem eine Forderung der Pflegefachkräfte.
Pflegebedürftigkeit wird auf der Grundlage des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs künftig völlig neu betrachtet. Das führt dazu, dass sowohl ambulante als auch stationäre Einrichtungen ihre konkreten Angebote einschließlich der dafür erforderlichen Personalausstattung nochmals überprüfen und ggf. weiterentwickeln müssen. Für die Personalbemessung vor Ort muss eine fachlich fundierte Grundlage existieren. Mit dem Gesetzentwurf verpflichten wir die Selbstverwaltung auf Bundesebene, in den nächsten fünf Jahren ein wissenschaftlich fundiertes Verfahren für die Personalbemessung in den Pflegeeinrichtungen auf Basis des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs zu erarbeiten und zu erproben.
Der Rechtsanspruch auf individuelle Beratung zu Rechten und Möglichkeiten der Pflegeversicherung und somit auf eine individuell bedarfsgerechte gute Pflege im ambulanten als auch stationären Sektor wird ausgebaut. Es werden Qualitätsstandards für die Beratung entwickelt, die einzuhalten sind. Außerdem erweitern wir den Anspruch auf Beratung durch die PflegeberaterInnen: Auch Pflegefachkräfte erhalten erstmals einen eigenständigen Anspruch auf die Pflegeberatung, wenn die pflegebedürftige Person dem zustimmt.
Mehr Gerechtigkeit und mehr Leistungen für Pflegebedürftige zu Hause
Das Wichtigste ist: Es gibt mehr Gerechtigkeit in der Pflegeversicherung! Mit der wichtigsten Änderung, dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff, werden die Leistungsansprüche von Menschen mit somatischen, psychischen und kognitiven Beeinträchtigungen gleichgestellt. Somit haben alle Pflegebedürftigen mit der Reform den gleichen Zugang zu den Leistungen der Pflegeversicherung. Im bisherigen Einstufungsverfahren kommen an Demenz Erkrankte bzw. Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz, die körperlich aber durchaus fit sind, zu kurz. Deshalb wird das Begutachtungsverfahren, in dem die Pflegebedürftigkeit ermittelt wird, grundlegend geändert. Körperliche, geistige und psychische Einschränkungen sollen gleichermaßen erfasst und berücksichtigt werden. Entscheidend ist, wie sehr die Selbständigkeit tatsächlich eingeschränkt ist.
Gestärkt wird der Grundsatz Rehabilitation vor Pflege - und das ist gut so, denn diese Vorsorge kommt derzeit immer noch zu kurz. Trotz drohender oder bereits eingetretener Pflegebedürftigkeit kann durch Rehabilitation Pflegebedürftigkeit verhindert, vermindert oder hinausgezögert werden. Dies schafft mehr Lebensqualität für Pflegebedürftige. Der Rehabilitationsbedarf wird bereits im neuen Begutachtungsverfahren erfasst. Dieses liefert künftig mehr Informationen über die Rehabilitationspotenziale der jeweils pflegebedürftigen Person. Verbessert werden so auch die Informationsgrundlagen für diejenigen, die über die Beantragung von Reha-Maßnahmen mit entscheiden. Die Kranken- und Pflegekassen werden verpflichtet, ein einheitliches und klar gegliedertes Verfahren zur Erfassung und Weitergabe des Rehabilitationsbedarfs anzuwenden.
Sichergestellt wird ein Bestandsschutz für jetzt schon eingestufte Pflegebedürftige. Wer schon Pflegeleistungen bekommt, wird automatisch in das neue System übergeleitet. Niemand wird schlechter gestellt, die Leistungen erfolgen weiterhin mindestens in gleichem Umfang, sehr viele Pflegebedürftige erhalten sogar deutlich mehr. Menschen, die nur körperliche Einschränkungen haben, werden automatisch in den nächst höheren Pflegegrad übergeleitet: Wer also die heutige Pflegestufe I hat, wird in Pflegegrad 2, wer die Pflegestufe III hat, wird in Pflegegrad 4 übergeleitet. PatientInnen mit geistigen Beeinträchtigungen werden automatisch zwei Grade höher eingestuft: Pflegestufe 0 wird zu Pflegegrad 2, Pflegestufe II mit eingeschränkter Alltagskompetenz wird zu Pflegegrad 4. Wer glaubt, durch eine neue Begutachtung bessergestellt werden zu können als durch die automatische Umstellung, kann eine neue Begutachtung verlangen. Diese Maßnahme dient dem Vertrauen, da auch hier sichergestellt ist, dass nur herauf- nicht aber herabgestuft wird.
In dem neuen Begutachtungsassessment ist die Zahl der in sechs Bereichen abgefragten 77 Kriterien mehr als verdoppelt. Festgestellt wird, wie mobil der Mensch ist, wie geistig rege und wie gut er kommunizieren und ob er sich allein versorgen kann. Auch psychische Probleme werden erfasst. Erfasst wird auch, ob der Mensch in der Lage ist, die Folgen von Krankheit und Therapie zu bewältigen, ob er beispielsweise die Medikamentation überblicken kann. Neu ist die Frage, wie sehr die PatientIn soziale Kontakte pflegen möchte und kann. Auf Basis all dieser Begutachtungskriterien wird entschieden, in welche der dann fünf mit Leistungsansprüchen hinterlegten Pflegegrade die PatientIn eingestuft wird.
Deutlich früher als bisher beginnt die Unterstützung durch die Pflegeversicherung: Der neue Pflegegrad 1 bezieht sich zum allergrößten Teil auf Personen, die bislang noch keinerlei Unterstützung bekommen. Hier werden ab 2017 all die Menschen eingestuft, die noch keinen erheblichen Unterstützungsbedarf haben, aber Maßnahmen zur Anpassung und Verbesserung ihres Wohnumfeldes benötigen, u.a. zum Einbau eines Treppenliftes, zur Absenkung von Stolperschwellen, um ein Sturzrisiko zu vermeiden oder zum Einbau einer altersgerechten Sanitäranlage. Gefördert werden aber auch allgemeine Betreuungs- und Entlastungsleistungen, damit zu Hause ein gut unterstütztes Leben weiter ermöglicht wird. Von diesem neuen Zugang zu den Pflegeleistungen werden 500.000 Versicherte erstmals profitieren.
Mit der Umstellung der drei Pflegestufen auf die künftig fünf Pflegegrade wird also niemand schlechter gestellt - viele aber besser: Der individuelle Bedarf bei den Pflegebedürftigen wird mit Hilfe des neuen Begutachtungsverfahrens sehr viel genauer ermittelt. Die derzeitige "Pflegestufe null" für Demenzkranke gibt es künftig nicht mehr.
Mehr Qualität für Pflegebedürftige in stationären Pflegeeinrichtungen
Die Pflegeversicherung ist eine „Teilkaskoversicherung“, die nur einen Teil der Pflegekosten abdeckt. Das beunruhigt viele Menschen, da sie nicht abschätzen können, ob sie sich eine Versorgung und Betreuung in einer stationären Pflegeeinrichtung leisten können. Sie möchten auch im Alter nicht vom Sozialamt abhängig sein. Falls notwendig, übernimmt dieses den Eigenanteil.
Für Menschen, die im Heim gepflegt werden, soll mit dem neuen Gesetz keine Steigerung des pflegebedingten Eigenanteils erfolgen. Dazu kommt es aber bisher automatisch, wenn sich die Pflegestufe erhöht. Dieser Automatismus wird geändert: Künftig zahlen alle Pflegebedürftigen der Pflegegrade 2 bis 5 den gleichen pflegebedingten Eigenanteil. Voraussichtlich liegt dieser 2017 im Bundesdurchschnitt bei 580 Euro. Das bedeutet aber nicht, dass der Eigenanteil überall gleich ausfällt, denn die je nach Heim unterschiedlichen Kosten für Verpflegung, Unterkunft und Investitionen werden auch auf die BewohnerInnen umgelegt. Die BewohnerInnen haben künftig einen individuellen Rechtsanspruch auf zusätzliche Betreuungsangebote. Die Bereitstellung zusätzlicher Betreuungsangebote wird so für alle Heime verpflichtend gemacht.
Der so genannte „Pflege-TÜV“ wird weiterentwickelt, damit die tatsächliche Qualität von stationären Pflegeeinrichtungen besser und differenzierter bewertet werden kann.
Bessere Leistungen für pflegende Angehörige
Pflegende Angehörige erhalten mit den neuen Pflegegraden höhere Leistungsbeträge. Und für viele pflegende Angehörige wird es erstmals Rentenbeiträge geben, so dass sie selbst im Alter besser abgesichert sind. In bestimmten Fällen zahlt die Pflegeversicherung für sie Rentenbeiträge ein. Dazu muss die pflegebedürftige Person in Pflegegrad 2 bis 5 eingestuft sein und mindestens zehn Stunden in der Woche, verteilt auf mindestens zwei Tage, gepflegt werden. Wer einen Angehörigen mit außerordentlich hohem Unterstützungsbedarf (Pflegegrad 5) pflegt, erhält um 25 Prozent höhere Rentenbeiträge als bisher. Auch bei der Arbeitslosenversicherung wird es Verbesserungen geben. Für diejenigen, die aus dem Beruf aussteigen, um Angehörige zu pflegen, zahlt die Pflegeversicherung künftig 2 / 33 der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung für die gesamte Dauer der Pflegetätigkeit. Damit haben pflegende Angehörige Anspruch auf Arbeitslosengeld, wenn sie hernach keine Stelle finden.
Finanzierung der Leistungsverbesserungen
Für die verbesserten Leistungen wird der Beitragssatz zur Pflegeversicherung Anfang 2017 um weitere 0,2 Prozentpunkte auf 2,55 Prozent (2,8 Prozent für Kinderlose) steigen. Dies entspricht 2,4 Milliarden Euro. Die dauerhafte Finanzierung erfolgt paritätisch zu gleichen Teilen getragen von ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen sowie von RentnerInnen. Bereits Anfang 2015 war der Beitragssatz um 0,3 Prozentpunkte erhöht worden. Dadurch hat die Pflegeversicherung 3,6 Milliarden Euro erhalten. Von diesen gehen bereits 2,4 Milliarden Euro in die Verbesserungen der Pflege. Da diese Beträge dennoch für die Kosten der Umstellungsphase in Höhe von rund 4,4 Milliarden Euro nicht ausreichen, wird zusätzlich einmalig auf die Liquiditätsreserve der Pflegeversicherung zurückgegriffen. Auf dieser Grundlage ist eine Beitragssatzstabilität bis 2022 errechnet worden.
Nun stärken wir die Pflege mit einer zweiten darauf aufbauenden Stufe: Seit dem 12. August 2015 liegt der Gesetzentwurf der Bundesregierung „Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Zweites Pflegestärkungsgesetz - PSG II)“ vor.
Bereits im Koalitionsvertrag ist der SPD das Thema Pflege ein Herzensanliegen gewesen. Deshalb sind viele Vorhaben dort bereits detailliert verankert. Wir SozialdemokratInnen konnten somit wesentliche unserer Forderungen auch bei der zweiten Stufe des Pflegestärkungsgesetzes, dem Pflegestärkungsgesetz 2 (PSG 2), durchsetzen. Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff, das neue Begutachtungsverfahren und die Umstellung der Leistungsbeträge der Pflegeversicherung sollen zum 1. Januar 2017 wirksam werden, die Vorschriften zur Vorbereitung bereits 2016. Dafür müssen Bundestag und Bundesrat das Gesetz bis zum Jahresende verabschieden.
Obwohl sich der vom Bundesgesundheitsministerium vorgelegte Regierungsentwurf in sehr breiten Teilen an den Koalitionsvertrag hält, gibt es für uns als sozialdemokratische Arbeitsgruppe Gesundheit noch offene Fragen. Diese werden wir im parlamentarischen Verfahren klären, das im September beginnt.
Die Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs zusammen mit dem neuen Begutachtungsverfahren für den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) sowie die Ablösung der drei Pflegestufen durch fünf Pflegegrade ist eine höchst bedeutsame pflegepolitische Maßnahme. Ab 2017 werden alle den gleichen Zugang zu den Leistungen der Pflegeversicherung erhalten. Dabei stehen die vorhandenen individuellen Möglichkeiten und Fähigkeiten der einzelnen Menschen im Mittelpunkt. 2,8 Millionen bereits eingestufte pflegebedürftige Menschen werden automatisch in das neue System überführt und bekommen den nächsthöheren Pflegegrad. Es wird eine zusätzliche Unterstützung für rund 500.000 Menschen geben, davon viele an Demenz Erkrankte. Rund 3,3 Millionen Menschen werden von den Geld- und Sachleistungen der Pflichtversicherung profitieren.
Mehr Pflegefachlichkeit
Die Pflegeversicherung erhält mit dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff eine moderne, pflegefachlich fundierte Grundlage. Dies ist seit langem eine Forderung der Pflegefachkräfte.
Pflegebedürftigkeit wird auf der Grundlage des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs künftig völlig neu betrachtet. Das führt dazu, dass sowohl ambulante als auch stationäre Einrichtungen ihre konkreten Angebote einschließlich der dafür erforderlichen Personalausstattung nochmals überprüfen und ggf. weiterentwickeln müssen. Für die Personalbemessung vor Ort muss eine fachlich fundierte Grundlage existieren. Mit dem Gesetzentwurf verpflichten wir die Selbstverwaltung auf Bundesebene, in den nächsten fünf Jahren ein wissenschaftlich fundiertes Verfahren für die Personalbemessung in den Pflegeeinrichtungen auf Basis des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs zu erarbeiten und zu erproben.
Der Rechtsanspruch auf individuelle Beratung zu Rechten und Möglichkeiten der Pflegeversicherung und somit auf eine individuell bedarfsgerechte gute Pflege im ambulanten als auch stationären Sektor wird ausgebaut. Es werden Qualitätsstandards für die Beratung entwickelt, die einzuhalten sind. Außerdem erweitern wir den Anspruch auf Beratung durch die PflegeberaterInnen: Auch Pflegefachkräfte erhalten erstmals einen eigenständigen Anspruch auf die Pflegeberatung, wenn die pflegebedürftige Person dem zustimmt.
Mehr Gerechtigkeit und mehr Leistungen für Pflegebedürftige zu Hause
Das Wichtigste ist: Es gibt mehr Gerechtigkeit in der Pflegeversicherung! Mit der wichtigsten Änderung, dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff, werden die Leistungsansprüche von Menschen mit somatischen, psychischen und kognitiven Beeinträchtigungen gleichgestellt. Somit haben alle Pflegebedürftigen mit der Reform den gleichen Zugang zu den Leistungen der Pflegeversicherung. Im bisherigen Einstufungsverfahren kommen an Demenz Erkrankte bzw. Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz, die körperlich aber durchaus fit sind, zu kurz. Deshalb wird das Begutachtungsverfahren, in dem die Pflegebedürftigkeit ermittelt wird, grundlegend geändert. Körperliche, geistige und psychische Einschränkungen sollen gleichermaßen erfasst und berücksichtigt werden. Entscheidend ist, wie sehr die Selbständigkeit tatsächlich eingeschränkt ist.
Gestärkt wird der Grundsatz Rehabilitation vor Pflege - und das ist gut so, denn diese Vorsorge kommt derzeit immer noch zu kurz. Trotz drohender oder bereits eingetretener Pflegebedürftigkeit kann durch Rehabilitation Pflegebedürftigkeit verhindert, vermindert oder hinausgezögert werden. Dies schafft mehr Lebensqualität für Pflegebedürftige. Der Rehabilitationsbedarf wird bereits im neuen Begutachtungsverfahren erfasst. Dieses liefert künftig mehr Informationen über die Rehabilitationspotenziale der jeweils pflegebedürftigen Person. Verbessert werden so auch die Informationsgrundlagen für diejenigen, die über die Beantragung von Reha-Maßnahmen mit entscheiden. Die Kranken- und Pflegekassen werden verpflichtet, ein einheitliches und klar gegliedertes Verfahren zur Erfassung und Weitergabe des Rehabilitationsbedarfs anzuwenden.
Sichergestellt wird ein Bestandsschutz für jetzt schon eingestufte Pflegebedürftige. Wer schon Pflegeleistungen bekommt, wird automatisch in das neue System übergeleitet. Niemand wird schlechter gestellt, die Leistungen erfolgen weiterhin mindestens in gleichem Umfang, sehr viele Pflegebedürftige erhalten sogar deutlich mehr. Menschen, die nur körperliche Einschränkungen haben, werden automatisch in den nächst höheren Pflegegrad übergeleitet: Wer also die heutige Pflegestufe I hat, wird in Pflegegrad 2, wer die Pflegestufe III hat, wird in Pflegegrad 4 übergeleitet. PatientInnen mit geistigen Beeinträchtigungen werden automatisch zwei Grade höher eingestuft: Pflegestufe 0 wird zu Pflegegrad 2, Pflegestufe II mit eingeschränkter Alltagskompetenz wird zu Pflegegrad 4. Wer glaubt, durch eine neue Begutachtung bessergestellt werden zu können als durch die automatische Umstellung, kann eine neue Begutachtung verlangen. Diese Maßnahme dient dem Vertrauen, da auch hier sichergestellt ist, dass nur herauf- nicht aber herabgestuft wird.
In dem neuen Begutachtungsassessment ist die Zahl der in sechs Bereichen abgefragten 77 Kriterien mehr als verdoppelt. Festgestellt wird, wie mobil der Mensch ist, wie geistig rege und wie gut er kommunizieren und ob er sich allein versorgen kann. Auch psychische Probleme werden erfasst. Erfasst wird auch, ob der Mensch in der Lage ist, die Folgen von Krankheit und Therapie zu bewältigen, ob er beispielsweise die Medikamentation überblicken kann. Neu ist die Frage, wie sehr die PatientIn soziale Kontakte pflegen möchte und kann. Auf Basis all dieser Begutachtungskriterien wird entschieden, in welche der dann fünf mit Leistungsansprüchen hinterlegten Pflegegrade die PatientIn eingestuft wird.
Deutlich früher als bisher beginnt die Unterstützung durch die Pflegeversicherung: Der neue Pflegegrad 1 bezieht sich zum allergrößten Teil auf Personen, die bislang noch keinerlei Unterstützung bekommen. Hier werden ab 2017 all die Menschen eingestuft, die noch keinen erheblichen Unterstützungsbedarf haben, aber Maßnahmen zur Anpassung und Verbesserung ihres Wohnumfeldes benötigen, u.a. zum Einbau eines Treppenliftes, zur Absenkung von Stolperschwellen, um ein Sturzrisiko zu vermeiden oder zum Einbau einer altersgerechten Sanitäranlage. Gefördert werden aber auch allgemeine Betreuungs- und Entlastungsleistungen, damit zu Hause ein gut unterstütztes Leben weiter ermöglicht wird. Von diesem neuen Zugang zu den Pflegeleistungen werden 500.000 Versicherte erstmals profitieren.
Mit der Umstellung der drei Pflegestufen auf die künftig fünf Pflegegrade wird also niemand schlechter gestellt - viele aber besser: Der individuelle Bedarf bei den Pflegebedürftigen wird mit Hilfe des neuen Begutachtungsverfahrens sehr viel genauer ermittelt. Die derzeitige "Pflegestufe null" für Demenzkranke gibt es künftig nicht mehr.
Mehr Qualität für Pflegebedürftige in stationären Pflegeeinrichtungen
Die Pflegeversicherung ist eine „Teilkaskoversicherung“, die nur einen Teil der Pflegekosten abdeckt. Das beunruhigt viele Menschen, da sie nicht abschätzen können, ob sie sich eine Versorgung und Betreuung in einer stationären Pflegeeinrichtung leisten können. Sie möchten auch im Alter nicht vom Sozialamt abhängig sein. Falls notwendig, übernimmt dieses den Eigenanteil.
Für Menschen, die im Heim gepflegt werden, soll mit dem neuen Gesetz keine Steigerung des pflegebedingten Eigenanteils erfolgen. Dazu kommt es aber bisher automatisch, wenn sich die Pflegestufe erhöht. Dieser Automatismus wird geändert: Künftig zahlen alle Pflegebedürftigen der Pflegegrade 2 bis 5 den gleichen pflegebedingten Eigenanteil. Voraussichtlich liegt dieser 2017 im Bundesdurchschnitt bei 580 Euro. Das bedeutet aber nicht, dass der Eigenanteil überall gleich ausfällt, denn die je nach Heim unterschiedlichen Kosten für Verpflegung, Unterkunft und Investitionen werden auch auf die BewohnerInnen umgelegt. Die BewohnerInnen haben künftig einen individuellen Rechtsanspruch auf zusätzliche Betreuungsangebote. Die Bereitstellung zusätzlicher Betreuungsangebote wird so für alle Heime verpflichtend gemacht.
Der so genannte „Pflege-TÜV“ wird weiterentwickelt, damit die tatsächliche Qualität von stationären Pflegeeinrichtungen besser und differenzierter bewertet werden kann.
Bessere Leistungen für pflegende Angehörige
Pflegende Angehörige erhalten mit den neuen Pflegegraden höhere Leistungsbeträge. Und für viele pflegende Angehörige wird es erstmals Rentenbeiträge geben, so dass sie selbst im Alter besser abgesichert sind. In bestimmten Fällen zahlt die Pflegeversicherung für sie Rentenbeiträge ein. Dazu muss die pflegebedürftige Person in Pflegegrad 2 bis 5 eingestuft sein und mindestens zehn Stunden in der Woche, verteilt auf mindestens zwei Tage, gepflegt werden. Wer einen Angehörigen mit außerordentlich hohem Unterstützungsbedarf (Pflegegrad 5) pflegt, erhält um 25 Prozent höhere Rentenbeiträge als bisher. Auch bei der Arbeitslosenversicherung wird es Verbesserungen geben. Für diejenigen, die aus dem Beruf aussteigen, um Angehörige zu pflegen, zahlt die Pflegeversicherung künftig 2 / 33 der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung für die gesamte Dauer der Pflegetätigkeit. Damit haben pflegende Angehörige Anspruch auf Arbeitslosengeld, wenn sie hernach keine Stelle finden.
Finanzierung der Leistungsverbesserungen
Für die verbesserten Leistungen wird der Beitragssatz zur Pflegeversicherung Anfang 2017 um weitere 0,2 Prozentpunkte auf 2,55 Prozent (2,8 Prozent für Kinderlose) steigen. Dies entspricht 2,4 Milliarden Euro. Die dauerhafte Finanzierung erfolgt paritätisch zu gleichen Teilen getragen von ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen sowie von RentnerInnen. Bereits Anfang 2015 war der Beitragssatz um 0,3 Prozentpunkte erhöht worden. Dadurch hat die Pflegeversicherung 3,6 Milliarden Euro erhalten. Von diesen gehen bereits 2,4 Milliarden Euro in die Verbesserungen der Pflege. Da diese Beträge dennoch für die Kosten der Umstellungsphase in Höhe von rund 4,4 Milliarden Euro nicht ausreichen, wird zusätzlich einmalig auf die Liquiditätsreserve der Pflegeversicherung zurückgegriffen. Auf dieser Grundlage ist eine Beitragssatzstabilität bis 2022 errechnet worden.