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Rede zum Zweiten Pflegestärkungsgesetz – PSG II

Der heutige Freitag, der 13., ist ein guter, ein sehr guter Tag für pflegebedürftige Kinder und Jugendliche, für pflegebedürftige ältere Menschen, für die Angehörigen und für die haupt- und ehrenamtlich in der Begleitung, Betreuung und Pflege tätigen Menschen. Wir alle profitieren von dem Gesetz, welches wir gleich beschließen werden, nämlich dem Zweiten Pflegestärkungsgesetz. 

Meine Rede im Deutschen Bundestag zur zweiten und dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften(Zweites Pflegestärkungsgesetz – PSG II), Drucksachen 18/5926, 18/6182, 18/6410.

 


 

137. Sitzung vom

13. November 2015 

Mechthild Rawert (SPD):

Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen!

Liebe Mitbürgerinnen! Liebe Mitbürger!

Der heutige Freitag, der 13., ist ein guter, ein sehr guter Tag für pflegebedürftige Kinder und Jugendliche, für pflegebedürftige ältere Menschen, für die Angehörigen und für die haupt- und ehrenamtlich in der Begleitung, Betreuung und Pflege tätigen Menschen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir alle profitieren von dem Gesetz, welches wir gleich beschließen werden, nämlich dem Zweiten Pflegestärkungsgesetz. Pflege ist damit in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen. Wir machen deutlich: Im Mittelpunkt steht die Solidarität miteinander und die Sorge füreinander, gerade dann, wenn für den einzelnen Menschen ein Lebensrisiko wie die Pflegebedürftigkeit auftritt. Das ist die Aufgabe der sozialen Pflegeversicherung. Dafür, dass wir heute dazu gekommen sind, gebührt vielen Menschen in den Institutionen, Verbänden und Bündnissen für gute Pflege Dank.

Es wurde schon daran erinnert, dass die erste Sitzung der Beiräte vor mehreren Jahren stattgefunden hat. In diesen waren die gesamte Zivilgesellschaft, sämtliche Akteurinnen und Akteure im Gesundheits- und Pflegewesen vertreten. Die Beiräte haben uns den Weg gewiesen. Sie haben Forderungen gestellt, und sie haben eine Roadmap vorgelegt. Wir sind dabei, die Roadmap mit diesem Gesetz abzuarbeiten. Das ist ein Gesetz nicht nur der Politik, sondern der Gesellschaft mit sämtlichen Akteuren. Auch deswegen ist heute ein guter Tag, und diesen gilt mein herzlicher Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Geschlossen wird eine Gerechtigkeitslücke zwischen somatischen, psychischen und kognitiven Beeinträchtigungen von pflegebedürftigen Menschen. Das ist gut so, das ist gerecht so.

Das Geschacher um die Pflege in Minuten hört auf. Betrachtet werden nicht mehr einzelne Defizite, betrachtet wird der Mensch mit seinen Ressourcen. Künftig ändert sich also die Blickrichtung. Nicht mehr die Pflegenden und deren Zeitbedarf stehen im Mittelpunkt, sondern der Grad der Selbstständigkeit und die individuellen Fähigkeiten des pflegebedürftigen Menschen. Die konkrete Frage lautet: Inwieweit ist es den Pflegebedürftigen noch möglich, ein eigenständiges Leben zu führen, oder bis zu welchem Grad ist diese Eigenständigkeit eingeschränkt? Danach wird bewertet.

Die neue Pflegebewertung wird würdevoller für alle Betroffenen, insbesondere für die Menschen mit Pflegebedürftigkeit. Es erfolgt eine Einstufung in fünf Pflegegrade, und zwar gerechter, nachvollziehbarer und transparenter. Das ist wichtig für die Pflegebedürftigen und selbstverständlich auch für deren Familienangehörige.

Auf den erweiterten Zugang zu den Leistungen der sozialen Pflegeversicherung von über 500 000 Menschen ist schon vom Minister und von Frau Mattheis hingewiesen worden. Es ist von mehr Gerechtigkeit für die an Demenz und an psychischen Leiden Erkrankten gesprochen worden. Wir haben einen Ausbau von Leistungen sowohl in den ambulanten Wohngruppen als auch in der Kurzzeitpflege sowie in der Tages- und Nachtpflege sichergestellt. Ab dem 1. Januar 2017 werden die an Demenz erkrankten Menschen mit einem sogenannten doppelten Stufensprung höher bewertet. Dies passiert automatisch; es bedarf keiner weiteren zusätzlichen Arbeit seitens der pflegebedürftigen Personen oder deren Angehörigen. Allein das ist ein zentraler und allgemein anerkannter pflegepolitischer Erfolg. Schon deswegen ist dieser Gesetzentwurf ein Meilenstein.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Von den Linken ist vorhin etwas zum Thema der ambulanten Pflege gesagt worden. Wegen der Kürze der Zeit kann ich leider nicht näher darauf eingehen. Weitaus zu kurz gegriffen wurde dabei wegen der vielen Verbesserungen in der Begleitung, in der Betreuung und in der Entlastung der Angehörigen. Wir fördern mit diesem Gesetz genau das, was die Mehrheit der Bevölkerung will, nämlich so lange wie möglich im eigenen häuslichen Umfeld bleiben. Das sichern wir ihnen hiermit zu, und das ist gut so.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir sichern auch den Angehörigen einen besseren Zugang zu Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung zu; denn es kann und darf nicht sein, dass die pflegenden Angehörigen, zumeist Frauen, dafür bezahlen, indem sie selbst in Altersarmut geraten. Dieser Punkt ist uns als SPD, aber auch darüber hinaus sehr wichtig.

(Beifall bei der SPD)

Ein weiterer großer sozialpolitischer Erfolg liegt darin, dass keine pflegebedürftige Person in stationären Einrichtungen aus Angst vor finanzieller Höherstufung nicht mehr beantragt, mehr Pflege zu bekommen. Damit machen wir Schluss. Keine Angst, liebe Einrichtungen, liebe Träger und Verbände von Einrichtungen: Die Höhe dieses Anteiles wird von den jeweiligen Pflegeeinrichtungen zusammen mit den Pflegekassen bzw. dem Sozialhilfeträger verhandelt. Auch das ist gut so; denn es gewährleistet ihnen mehr Flexibilität, und sie können somit mehr Kreativität und noch mehr Qualität in der Pflege erbringen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich muss leider zum Schluss kommen. Die individuelle bedürfnisorientierte Pflege werden wir mit diesem Gesetz stärker abbilden und sicherstellen. Selbstverständlich ist auch dieses Gesetz kein Allheilmittel. Das PSG III steht vor der Tür; davon ist schon gesprochen worden. Wir werden die Pflegeberatung unterstützen, wir werden die Pflegeinfrastruktur in den Kommunen verbessern, und wir werden vor allen Dingen die Netzwerke mit vielen zivilgesellschaftlichen Akteuren stärken.

Präsident Dr. Norbert Lammert:

Frau Kollegin.

Mechthild Rawert (SPD):

Ich komme zum letzten Satz. Danke. ‑ Mein Appell: Ich fordere uns alle als Verantwortliche dazu auf, diese Pflegereform mit voller Kraft mitzumachen, sie zu gestalten und mit Leben zu füllen. Zeigen wir gemeinsam Tatkraft für eine gute und würdevolle Pflege.

Haben Sie Dank fürs Zuhören.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)