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BGW: Politische Weichenstellungen zur Förderung lebensphasenorientierter Arbeitsmodelle in der Pflege

Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) hat unter meiner Schirmfrauschaft zum Parlamentarischen Abend mit dem Thema „Politische Weichenstellungen zur Förderung des Lebensphasenorientierten Arbeitens“ in die Deutsche Parlamentarische Gesellschaft eingeladen. Gemeinsam mit TeilnehmerInnen aller Fraktionen aus dem Gesundheitsausschuss wurde über das wichtige Thema lebensphasenbezogener Arbeitsmodelle in der Pflege diskutiert.

Als Berichterstatterin für Pflege der SPD-Bundestagsfraktion bedanke ich mich für zahlreiche Anregungen zur Umsetzung eines lebensphasenorientierten Personalmanagements und der Implementierung individueller Arbeitsmodelle. Gerne begleite ich die BGW in ihrem Streben, die Kommunikation von Best Practices Beispielen auszubauen und die Möglichkeit mit Modellprojekten oder Studien das Thema zu befördern.

Demografieorientierte Personalentwicklung im Krankenhaus

Gesundheitsberufe, insbesondere die Pflegeberufe, bieten eine Voraussetzung für eine lebenslange Berufsperspektive. Davon ist Josef Hug, Pflegedirektor und Prokurist im Städtischen Klinikum Karlsruhe (SKK) gGmbH, überzeugt. In seinem Impulsvortrag „Die Mehrdimensionalität der demographischen Personalentwicklung im Krankenhaus“ macht er deutlich, dass Ausbildungs-, Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten und die perspektivische Entwicklung der Pflegeberufe mit bereits vorhandener horizontaler und vertikaler Durchlässigkeit bereits heute Entwicklungsmöglichkeiten in Abstimmung mit der persönlichen Entwicklung zulassen. Ein zentrales Anliegen des SKK ist es, die beruflichen, privaten und persönlichen Perspektiven in allen Lebensphasen in Einklang zu bringen und insbesondere die beruflichen Perspektiven zu konzipieren.

Die sich am Alter orientierenden „beruflichen Lebensphasen“ im Pflegedienst gliedern sich in die Dekaden 17+: Ausbildungs- und Weiterbildungsphase, 27+: Karriere-/Familienphase – Etablierung, 37+: Konsolidierung- und Neuorientierungsphase, 47+: Erfahrungsphase, 57+: Zielerreichungs- und Überleitungsphase. Auf der Grundlage dieses Phasenmodells finden zahlreiche Befragungen und Analysen statt. Daraus wird ein betriebliches Gesundheitsmanagement und Prävention konzipiert. Es finden Beratung und die Organisation von Arbeitszeitmodellen statt. Aus Sicht von Josef Hug stellen die so gewonnenen Erkenntnisse den Arbeitgeber und die vom ihm beauftragten Führungskräfte, wie auch die MitarbeiterInnen und die MitarbeiterInnenvertretungen vor eine dauerhafte Herausforderung zur Anerkennung von Veränderungsnotwendigkeit gerade in den medizinischen und pflegerischen Berufen. Diese Herausforderung ist zu gestalten.

Unternehmensführung zwischen Baby-Boomern und Generation Internet

Auch Stephan Köhler, Referent der BGW, beschäftigte sich in seinem Impulsvortrag unter dem Titel „Unternehmensführung zwischen Baby-Boomern und Generation Internet - lebensphasenorientierte Arbeitsgestaltung“ mit den Herausforderung in der Pflegebranche auseinander, die auch zugleich Herausforderung für die Einrichtungen, Sozialversicherung und die Politik ist. Intensiv diskutiert werden die Gründe für eine Teilzeitbeschäftigung in der Pflegebranche. Auch er verweist darauf, dass in der Arbeitswelt „Pflege“ zeitgleich unterschiedliche Generationen tätig sind, die sich auch durch Wertvorstellungen hinsichtlich der Arbeitswelt, den Erwartungen an die Vereinbarkeit, an Solidarität und Sicherheitsbestreben unterscheiden. Köhler differenziert zwischen der  „Wirtschaftswundergeneration“ (Geburtsjahrgänge 1946-1956), der „Baby-Boomer Generation“ (1956-1965), der „Generation Golf“ (1966-1980) und der „Internetgeneration“ (ab 1981). Handlungsfelder einer lebensphasenorientierten Arbeitsgestaltung seien der Gesundheits- und Arbeitsschutz, Qualifizierung und Kompetenzentwicklung, die Personalrekrutierung, Führung und Unternehmenskultur sowie die Arbeitsorganisation und Arbeitsgestaltung.

Unterstützung bei einer alter(n)sgerechten Beschäftigung in der Pflege

Die BGW kann bei der Ausgestaltung einer alter(n)sgerechten Beschäftigung in der Pflege auch unterstützen. So finden sich ein Demografie-Check und eine Altersstrukturanalyse auf der BGW-Website, verschiedene entsprechende Seminare und Handlungshilfen sowie Beratungsangebote zur Organisationsentwicklung.

Die Auswirkungen des demographischen Wandels in der Diskussion

Die Vorträge verdeutlichten die Auswirkungen des demographischen Wandels für die Branche und die Bedeutung der Bedürfnisse der verschiedenen Generationen. Derzeit stellt die Gruppe der 47 bis 57jährigen bei der Verteilung der Mitarbeitenden auf die Lebensphasen die größte Gruppe innerhalb der Pflegebranche. Diese Gruppe wird in den nächsten Jahren die stärkste Generation in der Pflege sein. Wir alle waren uns einig, dass in den Unternehmen gerade für diese Gruppe der älteren Pflegenden neue Arbeitsmodelle entwickelt werden müssen. Die Entwicklung der individuellen Gesundheit und der Ausbau des betrieblichen Gesundheitsmanagements müssen verstärkt werden. Das ist eine Herausforderung für die Unternehmen aber auch für die Politik.

Können lebensphasenorientierte Arbeitsmodelle auch für die Nachwuchsgewinnung genutzt werden? Nach Aussagen der BGW kommen Auszubildende schon mit gesundheitlichen Beschwerden in den Beruf - eine Herausforderung angesichts der Tatsache, dass medizinische und pflegerische Berufe eine lebenslange Berufsperspektive bieten wollen. Die BGW fordert deshalb, dass der „Arbeits- und Gesundheitsschutz“ verbindlich in die Ausbildungspläne und die Curricula aufgenommen werden. Ob diese Forderung bereits Berücksichtigung bei der sich im parlamentarischen Beratungsprozess befindlichen generalistischen Ausbildung finden kann, wird seitens der anwesenden PolitikerInnen aber bezweifelt.

Ich freue mich auf weitere Kooperationen und bedanke mich bei Erhard Weiß, BGW-Beauftragter für gesundheitspolitische Kooperationen für einen gelungenen Parlamentarischen Abend.

care4future

Im Rahmen des „gemütlichen Teils“ lernte ich Jessica Hernández, Organisationsberaterin bei contec GmbH kennen. Sie ist im Rahmen der Nachwuchsgewinnung für die Pflege unterwegs und leitet das Projekt care4future, ein innovatives Konzept zur regionalen Sicherung von Pflegekräften. Da die Personalgewinnung junger Menschen nicht nur eine Herausforderung für Pflegeeinrichtungen sondern auch für Berufsfachschulen darstellt, wird versucht, bereits SchülerInnen für die Pflege zu begeistern. Aufgrund des schlechten Image des Pflegeberufs keine leichte Aufgabe. Studien zufolge zählen SchülerInnen, Pflegeberufe - allen voran die Altenpflege - zu den „Out-Berufen“. Deutlich wird in den Studien aber auch, dass der Mangel an Informationen vor allem in der Berufswahlphase ein wesentlicher Grund für diese Einschätzung ist. Ich begrüße Modelle dieser Art, denn es besteht wahrlich akuter Handlungsbedarf, um auch zukünftig qualitätsvolle Pflege sicherzustellen.

„Healthcare Assistants“

Von hohem Interesse waren auch die Informationen zu einem von der contec GmbH gemeinsam mit dem IEGUS Institut im Rahmen eines von der EU-Kommission in Auftrag gegebenen Projektes“ Aufbau und Koordinierung eines europäischen Pflegenetzwerkes zur Ausbildung von „Healthcare Assistants (HCA)“ durchgeführt. Zusammen mit PartnerInnen aus Finnland, Deutschland, Polen und dem Vereinigten Königreich wurde ein tragfähiges Ausbildungskonzept für diese Berufsgruppe innerhalb der Europäischen Union formuliert. Ziel ist es auf der Basis eines gemeinsamen, europaweit anerkannten Ausbildungskonzeptes die Vergleichbarkeit der Ausbildung für Gesundheits- und Pflege-AssistentInnen zu erleichtern. „Hierdurch eröffnen wir den HCA eine über die nationalen Grenzen hinausreichende Option für eine Pflegekarriere und fördern auf diese Weise die berufliche Mobilität innerhalb Europas.“ Auch für Deutschland werde damit die Chance greifbar, die bisherige einjährige Kranken- und Altenpflegehelferausbildung in den einzelnen Bundesländern zielgerichtet weiterzuentwickeln. Auch das Land Berlin steht noch vor dieser großen Herausforderung.

Der Endbericht und die Projektergebnisse im Einzelnen können sowohl auf der Projektwebsite und hier als PDF-Dokument heruntergeladen werden.

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Parlamentarischer Abend_Vortrag Hr. Köhler.pdf946.46 KB
Parlamentarische Gesellschaft Vortrag Hr. Hug.pdf576.19 KB