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Internationaler Hurentag

Mechthild Rawert, SPD-Bundestagsabgeordnete aus Tempelhof-Schöneberg und Mitglied des Gesundheitsausschusses erklärt zum Internationalen Hurentag, der seit 1976 jährlich am 2. Juni begangen wird:

„Wir wollen menschenwürdige Arbeitsbedingungen für Prostituierte schaffen. In den Verhandlungen mit der Union um das Prostitutionsschutzgesetz konnte sich die SPD durchsetzen mit der Erlaubnispflicht für die Errichtung von Prostitutionsbetrieben. Hiermit werden Mindeststandards für die Arbeitsbedingungen und Kontrollbefugnisse festgelegt. Das sichert die Arbeitsbedingungen von Prostituierten ab.“, so Rawert. „Bedauerlich ist die Starrköpfigkeit der CDU/CSU-Fraktion besonders in Bezug auf die Verknüpfung einer bundesweiten Anmeldepflicht mit einer gesundheitlichen Zwangsberatung durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst. Zwangsberatungen als Voraussetzung für eine legale Tätigkeit werden ihren Zweck verfehlen.“ ist Rawert überzeugt. „Ich glaube nicht, dass die MitarbeiterInnen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes so Zwangsprostitution aufdecken bzw. verhindern können.“

Weiter erklärt Mechthild Rawert: „Mit dem Übergang vom Seuchenschutzgesetz zum Infektionsschutzgesetz hat die Bundesrepublik Deutschland seit 2001 einen Paradigmenwechsel vollzogen: Der öffentliche Gesundheitsdienst hat die Aufgabe, die Bevölkerung in die Lage zu versetzen, eigenverantwortlich mit der Gesundheit umzugehen. Dafür wird über vieles informiert und zu vielem beraten. Gerade in den schamhaft besetzten Themen wie sexuell übertragbare Krankheiten ist Vertrauen die Basis der Beratung. Die erfolgreich aufgebaute Arbeit darf nun nicht ad absurdum geführt werden. Das bedeutet auch, dass die zu Beratenden anonym bleiben können, wenn sie dies wünschen.“ „Doch wer dazu gezwungen wird den Öffentlichen Gesundheitsdienst aufzusuchen und einen Beratungsnachweis für die Anmeldedatenbank benötigt, wird kein Vertrauen zu den BeraterInnen aufbauen. Ob sich die zu Beratenden unter diesen Umständen tatsächlich hinsichtlich Erkrankungen oder in Bezug auf Zwangsprostitution offenbaren, ist mehr als fraglich.“, warnt Rawert.

„Statt der Pflicht Zwangsberatungen mit Prostituierten durchzuführen, brauchen die Gesundheitsämter mehr finanzielle und personelle Ausstattung, um die schon jetzt zu knappen Ressourcen für die freiwilligen, allen BürgerInnen offenstehenden Angebote zu verstetigen.“, erklärt Rawert abschließend.

Hintergrund zum Gedenktag:

Der Internationale Hurentag ist seit 1976 ein inoffizieller Gedenktag, der an die Diskriminierung von Prostituierten und deren oftmals ausbeuterischen Lebens- und Arbeitsbedingungen erinnert. Ausgangspunkt des Internationalen Hurentags als Gedenktag war der 2. Juni 1975, an dem mehr als 100 Prostituierte die Kirche Saint-Nizier in Lyon besetzten, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Damals setzten die französischen Strafverfolgungsbehörden Prostituierte in Frankreich zunehmend unter Druck. Die polizeilichen Repressalien zwangen die Frauen, zunehmend im Verborgenen zu arbeiten. Dadurch entfiel deren Schutz durch die Öffentlichkeit. Es kam zu vermehrten Gewalttaten gegen sie. Nach zwei Morden und der fehlenden Bereitschaft der Regierung, die Situation der Prostituierten zu verbessern, besetzten Sexarbeiterinnen in Lyon schließlich eine der örtlichen Kirchen. Das Ereignis wird als Ausgangspunkt der Hurenbewegung angesehen.