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Gemeinsam geschafft: Nein heißt Nein!

Persönliche Erklärung der Abgeordneten MECHTHILD RAWERT zum Abstimmungsverhalten nach § 31 Absatz 1 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zum Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung (Drucksache 18/8210).

Als Mitglied für Deutschland im parlamentarischen Netzwerk „Gewaltfreies Leben für Frauen” und als Mitglied im Ausschuss Gleichstellung und Nicht-Diskriminierung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ist mir die Ratifizierung des „Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“, kurz Istanbul-Konvention, ein gewichtiges Anliegen. Die Istanbul-Konvention schafft als völkerrechtlicher Vertrag in Europa verbindliche Rechtsnormen gegen Gewalt an Frauen und häusliche Gewalt. Gewalt gegen Frauen soll umfassend verhütet, bekämpft und bestraft werden. Dieses Übereinkommen stellt somit einen Meilenstein in der Bekämpfung aller Arten von Gewalt gegen Frauen dar.

Ratifizierung der Istanbul-Konvention

Deutschland hat das Übereinkommen am Tag der Verabschiedung gezeichnet und somit anerkannt. Es wurde die Absicht erklärt, mit Ratifizierung beizutreten. Das Übereinkommen ist mittlerweile mehr als „nur“ ein politisches Dokument. Die Istanbul-Konvention ist seit dem 1. August 2014 in Kraft – noch nicht aber in Deutschland. Die Ratifizierung Deutschlands steht noch aus, da die gesetzgeberische Anpassung des nationalen Rechtes noch nicht abgeschlossen ist. Das wollen wir ändern: Mit der Novellierung des Sexualstrafrechts gemäß der Devise „Nein heißt Nein“ beseitigen wir einen Hinderungsgrund für die Ratifizierungsmöglichkeit.

Notwendiger Paradigmenwechsel

Mit der Novellierung des Sexualstrafrechts schließen wir die erkannten Schutzlücken und schaffen zugleich auch den erforderlichen Paradigmenwechsel: Durch die Einführung der so genannten Nichteinverständnislösung (Nein-heißt-Nein-Lösung) kommt es in zukünftigen Strafverfahren nicht mehr auf das Verhalten des Opfers an.

Bislang musste ein Opfer sich (körperlich) verteidigen oder dies zumindest aktiv versucht haben. In der Folge blieben viele - eigentlich strafwürdige - Taten oftmals straflos. Eine weitere gravierende Folge: Nur ein sehr geringer Teil der zumeist weiblichen Opfer hat die Taten überhaupt angezeigt. Aus der Praxis der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe wissen wir, dass Opfer nach einer sexuellen Nötigung oder Vergewaltigung oftmals die Schuld bei sich selbst suchen.

Mit der Nein-heißt-Nein-Lösung wird die Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung ins Zentrum gerückt. Für die künftig anerkannte Strafbarkeit reicht es aus, dass der Wille des Opfers erkennbar ist und sich der Täter über den erkennbaren Willen hinweg setzt. Das Opfer kann den Willen durch verbale Äußerung oder auch durch konkludentes Handeln wie Weinen zum Ausdruck bringen. Damit ist der subjektive Tatbestand erfüllt, wenn der Täter trotz erkennbar entgegenstehendem Willen die sexuellen Handlungen vornimmt. Ambivalentes Verhalten des Opfers wird jedoch nicht von der neuen Strafnorm erfasst.

Menschen mit Behinderung erfahren Gleichstellung

Menschen, die „einer geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung einschließlich einer Suchtkrankheit oder wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder körperlich zum Widerstand unfähig“ sind, fielen bislang als Opfer nicht unter den §177 StGB, sondern unter die Strafnorm des §179 - Sexueller Missbrauch widerstandsunfähiger Personen. Auch diese „Sonderbehandlung“, die von vielen als Diskriminierung empfunden wurde, entfällt mit der Novellierung des Sexualstrafrechts. Ich begrüße auch diese Neuregelung ausdrücklich. Der neue §177 StGB umfasst zukünftig alle Menschen mit und ohne Behinderung gleichermaßen

Sexuelle Belästigung wird Straftatbestand

Neu geschaffen wird mit der Novellierung des Sexualstrafrechts auch der Straftatbestand der sexuellen Belästigung. Bislang konnten nur Strafanträge wegen Beleidigung auf sexueller Grundlage gestellt werden. Dabei mussten die Übergriffe die so genannte Erheblichkeitsschwelle überwunden haben, damit die Strafanträge Aussicht auf Erfolg haben konnten. Der Griff an die Genitalien oberhalb der Kleidung (Grapschen) wurden ebenso wie Küsse in den Nacken oder auf die Haare etc. nicht erfasst. Mit dem neu geschaffenen § 184i, Abs. 1 macht sich zukünftig strafbar, wer eine andere Person in sexuell bestimmter Weise körperlich berührt und dadurch belästigt.

Mit dieser Sexualstrafrechtsreform wird im deutschen Recht mehr Gleichstellung zwischen den Geschlechtern geschaffen. Dies begrüße ich sehr. Ich stimme der Novellierung zu.