Nur etwa 200 Kilometer trennen Malta von der Nordküste Afrikas. Der Inselstaat im Mittelmehr bildet ein Bindeglied zwischen der Europäischen Union und seinen südlichen Nachbarn. So ist es nicht verwunderlich, dass Malta von den Umwälzungen in der arabischen Welt, vom Verfall der Staatlichkeit in Libyen und von der Flüchtlingskrise besonders betroffen ist. Zugleich kann das flächenmäßig kleinste Land der EU in der Neuausrichtung der Beziehungen Europas zum Mittelmeerraum wie kaum ein anderes auf eine über Jahrhunderte gewachsene politische, kulturelle und wirtschaftliche Erfahrung zurückgreifen.
Vor welchen Herausforderungen stehen Malta und die Europäische Union im Mittelmeerraum, und welche Antworten drängen sich aus Sicht des Inselstaates auf? Wie geht die ehemalige britische Kolonie mit dem absehbaren Austritt des Vereinigten Königreiches aus der Europäischen Union um? Und welchen Beitrag kann Malta leisten, um die Instabilität, die von den Nachbarländern der EU ausgeht, einzudämmen?
Europäischer Dialog
In der Vertretung der Europäischen Kommission in Berlin, Unter den Linden 78, erläuterte der Außenminister der Republik Malta und EU-Ratsvorsitzende im ersten Semester 2017, Dr. George W. Vella, Maltas außenpolitische Prioritäten als EU-Mitglied und strategisch gelegener Inselstaat. Er war im Rahmen der Reihe "EBD Dialog" der Europäischen Bewegung Deutschland e.V. am 6. September 2016 zu Gast in Berlin.
Nach der Begrüßung der Anwesenden durch Richard N. Kühnel, Vertreter der Europäischen Kommission in Deutschland, verwies Außenminister George Vella direkt darauf, dass dieser Sommer kein „unschuldiger“ gewesen sei. Er nannte ausdrücklich die „Brexit-Entscheidung“ Großbritanniens und die erneute Vielzahl von Geflüchteten.
Stärkung der Südlichen Partnerschaft
In der anstehenden sechsmonatigen Präsidentschaft ab dem 1. Januar 2017 werde Malta die Europäische Nachbarschaftspolitik stärken. Ihr Ziel ist, Wohlstand, Stabilität und Sicherheit in der Nachbarschaft der EU zu stärken. Nach dem Beginn der politischen Umbrüche in der arabischen Welt im Jahr 2011 hatte die EU entschieden, die Zusammenarbeit mit den Ländern zu intensivieren, die Fortschritte in Richtung Demokratie und Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit gute Regierungsführung, marktwirtschaftliche Prinzipien und nachhaltige Entwicklung machen wollen. Das Konzept einer „Partnerschaft für Demokratie und gemeinsamen Wohlstand mit dem südlichen Mittelmeerraum“ ist in erster Linie eine Politik zur Förderung von Reformprozessen.
Aufgrund der geographischen Lage Maltas steht die südliche Partnerschaft im Mittelpunkt. Das Angebot der privilegierten Partnerschaft richtet sich an die Länder Algerien, Ägypten, Israel, Jordanien, Libanon, Libyen, Marokko, die palästinensischen Autonomiegebiete, Syrien, Tunesien. Die entsprechenden Projekte müssten ausgebaut werden. Mit den meisten dieser Länder habe Malta langjährige und größtenteils auch gute bilaterale Beziehungen.
Geflüchtetenpolitik braucht Dialog und die Einhaltung der Menschenrechte
Um die Situation von Menschen auf der Flucht zu verbessern, brauche es den Dialog sowohl mit den Ursprungsländern, den Transitländern als auch den Bestimmungsländern. Die Europäische Union habe auf dem Migrationsgipfel in Malta, dem sogenannten Valetta-Gipfel, entsprechende Kooperationsvereinbarungen getroffen. Es sei notwendig, die Menschenrechte zu stärken, „einen würdevollen Umgang mit Migration herbeizuführen“. Es müssten die richtigen Entscheidungen getroffen werden, „unabhängig von den Kosten“.
Zu beobachten sei ein Anstieg von Nationalismus und von Glauben. Es sei sehr dringend, die Rolle der UN zu stärken, damit ein Ausbildungs- und Arbeitsmarkt für junge Leute geschaffen wird.
EU-Dialoge
Hinsichtlich des Nahost-Friedensprozesses konstatiert er eine „Pattsituation“. Die Zwei-Staaten-Lösung biete zurzeit ein „trübes Bild“. Vella äußert die Haltung, dass „internationale Staaten aber nicht nur an der Seitenlinie stehen könnten“. Die humanitäre aber auch die politische und wirtschaftliche Lage in Gaza müsse sich ändern.
Malta unterstütze die deutschen Bemühungen zur Lösung des Syrienkonfliktes.
Die Türkei sei ein wichtiger regionaler und globaler Akteur, sei ein strategischer Partner für die EU. Der Militärputsch sei undemokratisch gewesen. Es dürfe nun im Anschluss aber auch zu keinen Überreaktionen kommen. Es müsse eine faire Justiz herrschen.
Dr. George W. Vella sprach noch viele weitere EU-relevante Punkte an, die auf reges Interesse der Anwesenden stießen, wie die Diskussion unter der Moderation von Bernd Hüttemann, Generalsekretär der Europäischen Bewegung Deutschland e.V. zeigte.
Ich freue mich auf die EU-Präsidentschaft Maltas. Sie kann neue Akzente setzen.