Als Sozialdemokratin, als Parlamentarierin und als Kuratorin gratuliere ich der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld (BHW) ganz herzlich zum 5. Geburtstag. Die BHW wurde am 27. Oktober 2011 von der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Justizministerium, errichtet und hat ihren Sitz in Berlin. Mein Dank geht auch ganz persönlich an Jörg Litwinschuh, der als Vorstand des BHW viele Projekte auf den Weg gebracht hat - im Bereich ZeitzeugInnen, Homophobie im Fußball, die Hirschfeld Lectures, Hirschfeld-Tage, die Erforschung der Verfolgung von LSBTTIQ-Menschen etc..
Die Bundesstiftung ist nach Magnus Hirschfeld (1868-1935), Arzt, Sexualforscher und Mitbegründer der ersten deutschen Homosexuellenbewegung benannt. Ihr Ziel ist an ihren Namensgeber zu erinnern, Bildungs- und Forschungsprojekte zu initiieren und zu fördern und einer gesellschaftlichen Diskriminierung von LSBTI* in Deutschland entgegenzuwirken. So soll die Akzeptanz für Menschen mit einer nicht-heterosexuellen Orientierung in unserer Gesellschaft gefördert werden. Gleiches gilt für Menschen, die sich nicht mit ihrem biologischen Geschlecht identifizieren bzw. sich nicht ausschließlich als Mann oder Frau definieren. An der Planung und Durchführung der Projekte, mit denen diese Ziele erreicht werden sollen, sind das Kuratorium, der hauptamtliche Vorstand und sein Team in der Geschäftsstelle sowie der Fachbeirat beteiligt. Ich selber bin seit April 2014 eine der aus allen Fraktionen des Deutschen Bundestag bestellte Kuratorin.
Hirschfeld-Tage 2016
Die Hirschfeld-Tage 2016 finden dieses Jahr vom 15. Oktober bis zum 19. Dezember in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen statt. Der Eröffnungs-Festakt der Hirschfeld-Tage 2016 findet am 5. November in Erfurt statt. Anmeldungen werdennoch bis zum 28. Oktober entgegen genommen. Durchgeführt wird am 26. November 2016 im Deutschen Hygiene Museum in Dresden der Fachtag: „Refugees and Queers. Zur Verschränkung von Geflüchteten- und LSBTTIQ-Emanzipationspolitiken – Chancen, Herausforderungen, Forschungsstand.“
Entschädigung der §175-Opfer
Ich freue mich sehr, dass nun endlich aus zivilgesellschaftlichen und politischen Forderungen Gesetzeswirklichkeit wird: Vor wenigen Tagen hat Justizminister Heiko Maas (SPD) einen Gesetzentwurf zur Abstimmung innerhalb der Bundesregierung vorgelegt, nach dem die noch lebenden Opfer des Paragrafen 175 StGB rehabilitiert werden und jeweils eine finanzielle Euro Entschädigung erhalten sollen. Das ist richtig und gut so und ich hoffe, dass dieser Gesetzentwurf den Deutschen Bundestag zügig erreicht. Ich möchte, dass möglichst viele schwule Männer noch erleben können, dass sie für das erlittene Leid durch staatliche Repression für Schwule rehabilitiert werden. Aufgehoben werden sollen außerdem die strafrechtlichen Urteile, die in der Bundesrepublik und in der DDR in den Nachkriegsjahrzehnten ergangen sind.
Das Gutachten Rehabilitierung der nach § 175 StGB verurteilten homosexuellen Männer: Auftrag, Optionen und verfassungsrechtlicher Rahmen des Staatsrechtlers Martin Burgi hatte im Mai die kollektive Rehabilitierung der Betroffenen durch ein Aufhebungsgesetz empfohlen. Dies würde es den Opfern ersparen, in einer Einzelfallprüfung erneut mit der entwürdigenden Verletzung ihrer Intimsphäre konfrontiert zu werden.
Archiv der anderen Erinnerungen
Mit dem Video-Zeitzeugenprojekt "Archiv der anderen Erinnerungen" unterstützen die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld, das Land Berlin und weitere Kooperationspartner die Aufarbeitung der Repressions- und Lebenserfahrungen von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans* und Inter* (LSBTI*) in der frühen Bundesrepublik Deutschland und in der DDR. Die Lebensgeschichten noch lebender ZeitzeugInnen werden für Bildung und Forschung dokumentiert und archiviert.
Die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld ist aktuell mit über 50 ZeitzeugInnen im Gespräch. Die schwulen Senioren sagen: Natürlich würden wir uns über eine Entschädigungsleistung freuen, aber das wichtigste ist für uns die Aufhebung der Urteile. Es wird daher sehr begrüßt, dass die Schwelle recht niedrig angesetzt, glaubhaft zu machen, dass man verurteilt wurde, und nicht noch ein riesiges Verfahren nötig ist, das die Männer erneut drangsalieren würde. Viele Strafakten gibt es nicht mehr, die meisten sind vernichtet worden. Dies ist 30 Jahre nach einem Urteil ein „ganz normaler“ Vorgang, der ja auch zum Schutz und zur Wiedereingliederung verurteilter Menschen stattfindet - auch wenn dieses in diesem Kontext nicht wirklich passt.
Bitte um Spenden für die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld
Nach anfänglichem Zögern melden sich derzeit zahlreiche, zum Teil sehr hochbetagte ZeitzeugInnen. Damit die Stiftung noch weitere ZeitzeugInnen-Videos produzieren kann, ist sie dringend auf Spenden angewiesen - ich bitte daher um eine finanzielle Unterstützung des Projektes - sonst stehen diese Menschen irgendwann nicht mehr zur Verfügung, weil sie wieder Angst kriegen oder erkranken oder schlimmstenfalls versterben, bevor sie der Nachwelt ihre Lebensgeschichten erzählen konnten.
Spendenkonto:
Kontoinhaberin: Bundesstiftung Magnus Hirschfeld, IBAN: DE96 1002 0500 0001 2505 05, (Kto.-Nr.: 1250505; Bank für Sozialwirtschaft (BLZ: 10020500)
Homophobie im Fußball
Der BMH-Ansatz sind Bildungsmaßnahmen innerhalb der Fußballclubs selbst. Anfänglich waren die Widerstände hier sehr groß, da oftmals gar nicht bewusst war, dass homophobe und sexistische Strukturen existieren. Entwickelt wurde die „Berliner Erklärung“ - wer unterschreibt, verpflichtet sich, aktiv etwas gegen Homosexuellenfeindlichkeit zu tun. Inzwischen haben wir den DFB für die Amateure und den Ligaverband für die 36 Proficlubs als vertrauensvolle Kooperationspartner gewonnen. Jetzt finanziert die Bundesliga-Stiftung z.B. die Bildungsmaßnahmen mit, die in der ersten und zweiten Liga gebucht werden. In den Fußballvereinen ist häufig ein Generationsproblem zu beobachten: Gerade in der Vereinsspitze sitzen oft Männer um die 60 und viele sind noch geprägt vom Paragraphen 175 - da schließt sich wieder der Kreis mit verheerenden Folgen hat bis heute.
AfD ätzt gegen die Hirschfeld-Tage, Gender oder Eheöffnung
Schon seit längerem gibt es gesellschaftliche Anzeichen für eine Ablehnung von Vielfalt. Allerdings finden Menschen, die rechtspopulistisch sind oder homofeindlich oder demokratiefeindlich, jetzt mehr Gehör, unter anderem über die Sozialen Netzwerke. Viele von ihnen halten Unterschiede nicht aus, sind daher auch gar nicht bereit für eine echte Diskussion. Die Frage ist: Kommt man mit diesen Leuten überhaupt ins Gespräch? Viele wollen ja gar nichts hinzulernen, wollen ihren Horizont ja gar nicht erweitern.
„Verschiedenheit ist kein hinreichender Grund für Ausgrenzung. Ähnlichkeit keine notwendige Voraussetzung für Grundrechte.“
Niemand kann nicht erwarten, dass alle Leute immer alles gut finden, was der/die Einzelne macht. Es geht in der Demokratie und in unserem Rechtsstaat aber darum, einander nicht anzugreifen. Das hat auch die Carolin Emcke, Friedenspreisträgerin des Deutschen Buchhandels 2016, in ihrer Rede in der Frankfurter Paulskirche (MÄNNER-Archiv) herausgestellt: „Zur Zeit grassiert ein Klima des Fanatismus und der Gewalt in Europa. Pseudo-religiöse und nationalistische Dogmatiker propagieren die Lehre vom »homogenen Volk«, von einer »wahren« Religion, einer »ursprünglichen« Tradition, einer »natürlichen« Familie und einer »authentischen« Nation. Sie ziehen Begriffe ein, mit denen die einen aus- und die anderen eingeschlossen werden sollen. Sie teilen willkürlich auf und ein, wer dazugehören darf und wer nicht.
Alles Dynamische, alles Vielfältige an den eigenen kulturellen Bezügen und Kontexten wird negiert. Alles individuell Einzigartige, alles, was uns als Menschen, aber auch als Angehörige ausmacht: unser Hadern, unsere Verletzbarkeiten, aber auch unsere Phantasien vom Glück, wird geleugnet. Wir werden sortiert nach Identität und Differenz, werden in Kollektive verpackt, alle lebendigen, zarten, widersprüchlichen Zugehörigkeiten verschlichtet und verdumpft.“(…) „In Wahrheit geht es gar nicht um Muslime oder Geflüchtete oder Frauen. Sie wollen alle einschüchtern, die sich einsetzen für die Freiheit des einzigartigen, abweichenden Individuellen. Deswegen müssen sich auch alle angesprochen fühlen.“
Und was macht die BHW gegen Hetze, Hass und Ungleichheit?
Die BHW will für ihre künftige Arbeit Tools entwickeln, um zum Beispiel NGO´s helfen zu können ihre Medienkompetenz zu stärken, damit der perfiden Strategie der AfD - zum Beispiel um Minderheiten gegeneinander auszuspielen oder Schwule gegen Muslime aufzustacheln - durch Faktenchecks begegnen zu können. Klar ist: den zentralen Thesen der AfD muss widersprochen werden, denn sie sind demokratiefeindlich. Denn: „Verschiedenheit ist kein hinreichender Grund für Ausgrenzung. Ähnlichkeit keine notwendige Voraussetzung für Grundrechte.“