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Geschlechtliche Vielfalt Dokumentation des Fachaustausch "Beratungs- und Unterstützungsbedarfe für tanssexuelle/trans*Menschen und ihre Angehörigen in verschiedenen Lebenssituationen

Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat am 29. Juni 2016 einen Fachaustausch zum Thema „Beratungs- und Unterstützungsbedarfe für transsexuelle/ trans*Menschen und ihre Angehörigen in verschiedenen Lebenssituationen“ durchgeführt. Auf dem Fachaustausch kamen Fachpersonen und VertreterInnen insbesondere aus der Selbsthilfe und der Community-basierten Beratung im Bereich Transsexualität/Trans* mit Mitarbeitenden von Regelberatungsstellen (Sozialarbeit, Familien- und Jugendberatungsstellen) zusammen. Es fand ein Austausch über Möglichkeiten der Zusammenarbeit und Vernetzung sowie über Veränderungsbedarfe bei bestehenden Beratungs- und Unterstützungsangeboten statt. Deutlich wurde auch: Vielfalt ist normal. Vielfalt ist eine Chance. Vielfalt zu akzeptieren und sich auf Vielfalt einzulassen, macht das Leben für alle ein bisschen reicher. Nun ist die Dokumentation zum Fachaustausch unter dem Titel „Geschlechtliche Vielfalt“ erschienen.

Vielfalt und rechtliche Situation für transsexuelle und trans*Personen

In ihrem Grußwort beschreibt die Parlamentarische Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Caren Marks die rechtliche: Anfang Januar 1981 trat das Gesetz über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen (das sogenannte Transsexuellengesetz) in Kraft. Damals war Deutschland im internationalen Vergleich recht fortschrittlich.

Es gibt cisgeschlechtliche Frauen und Männer, die sich mit ihrem biologischen Geschlecht identifizieren. Es gibt transsexuelle Personen, die klar für sich wissen, dass sie dem sogenannten anderen Geschlecht zugehören. Es gibt Menschen, die sich weder als Frau noch als Mann definieren können oder möchten. Und es gibt viele weitere Möglichkeiten, die eigene geschlechtliche Identität zu definieren. Niemand kann einem Menschen die Selbstbeschreibung abnehmen oder vorschreiben.

Daher wurde die Änderung des Personenstandes für transsexuelle und trans*Personen in den letzten Jahren zum Beispiel in Argentinien, Malta, Irland, Dänemark und Schweden deutlich erleichtert. Letzten Montag kam auch Norwegen dazu. Großbritannien und Frankreich arbeiten aktuell an Erleichterungen - auch in Deutschland fragen wir inwieweit und in welcher Form Rechtsänderungen notwendig sind.

Die Resolution 2048 „Discrimination against transgender people“ des Europarates vom 22. April 2015 ruft dazu auf, Maßnahmen gegen Diskriminierung und zur Durchsetzung der Rechte von transsexuellen und trans*Menschen zu ergreifen. Dazu zählt auch, Personen schnell, transparent und vor allem selbstbestimmt einen Personenstandswechsel zu ermöglichen. Und dies ohne Zwang: ohne medizinische Behandlungen oder Operationen, ohne Bedingungen wie zum Beispiel eine Scheidung.

Transsexuelle und trans*Erwachsene und Kinder sind nicht mehr als psychisch krank einzustufen. Eine gute medizinische Versorgung ist sicherzustellen. Das Bundesfamilienministerium lässt derzeit durch die Humboldt-Universität zu Berlin und dem Deutschen Institut für Menschenrechte prüfen, was hier in Deutschland zu tun ist. Die Ergebnisse werden Anfang 2017 in einem weiteren Fachaustausch öffentlich und beteiligungsorientiert diskutiert.

Die Resolution ruft auch zu vermehrter Sensibilisierung, Information und Schulung auf. Transsexuelle und trans*Personen sind besonders häufig Opfer von Diskriminierung, Mobbing und Hassdelikten.

Intoleranz nimmt sogar wieder zu – zumindest sinkt bei einigen die Hemmschwelle, Intoleranz offen zu zeigen. Deswegen ist es wichtig, immer wieder deutlich zu machen: Unterschiede sind normal.

Das Geschlecht eines Menschen ist nicht entweder – oder. Geschlecht kann sehr unterschiedlich sein; es gibt ein breites Spektrum von Möglichkeiten. Menschen dieses Recht auf Selbstbestimmung zuzugestehen und sie mit ihrer geschlechtlichen Identität so anzunehmen wie sie sind, tut niemandem weh. Es schadet niemandem. Es kostet auch nichts. Und es ist vor allen Dingen kein Grund, einen anderen Menschen auszugrenzen.

Das Familienministerium hat vor knapp zwei Jahren erstmals ein Referat für gleichgeschlechtliche Lebensweisen und Geschlechtsidentität eingerichtet und setzt sich seitdem intensiv mit der Situation von transsexuellen und trans*Menschen auseinander.  Unser Anliegen ist es, Wissen, Verständnis und Akzeptanz in der Gesellschaft zu fördern.

Die Diskussionen wurden gestaltet von

  • Menschen, die aus ihrer eigenen Erfahrung notwendige Beratungs- und Unterstützungsbedarfe formulieren,
  • Menschen, die in Beratungsstellen tätig sind – manchmal bezahlt, oft auch ehrenamtlich,
  • Selbsthilfegruppen, psychosozialen und schulpsychologischen Beratungsstellen und Weiterbildungsinstitutionen.

Partizipation ist uns wichtig, Mitmachen ist wichtig.

Dokumentation „Geschlechtliche Vielfalt“

Nun ist die Dokumentation „Geschlechtliche Vielfalt“ zum Fachaustausch „Beratungs- und Unterstützungsbedarfe für transsexuelle/ trans*Menschen und ihre Angehörigen in verschiedenen Lebenssituationen“ erschienen. In der Broschüre werden die Beiträge der Tagung wiedergegeben. Besonders toll finde ich es, dass die zentralen Handlungsbedarfe und Forderungen aus den dichten Beiträgen der ReferentInnen als auch der TeilnehmerInnen herausdestilliert worden sind und diese dann noch näher herausgearbeitet werden. Um Diskriminierung zu begegnen bzw. zu vermeiden, braucht es:

  1. Mehr Wissensvermittlung und Sensibilisierung für das Thema Trans* in relevanten Berufsgruppen (Medizin, Psychologie, (Sozial-)Pädagogik, Recht, öffentliche Verwaltung) und Erarbeitung von orientierenden Leitlinien für Berufsgruppen
  2. Einrichtung einer bundesweiten zentralen Fachstelle für Trans* Beratung und Entwicklung von Qualitätsstandards für Beratung
  3. Bessere finanzielle Ausstattung und Absicherung von communitybasierter Beratung und Selbsthilfestrukturen
  4. Verbesserung von Wissenstransfer und Zusammenarbeit zwischen communitybasierter Beratung und Regelberatung
  5. Erweiterung spezifischer Beratungsangebote (Familie, Eltern, Partner_innen, Kinderwunschberatung)
  6. Verbesserung der Unterstützungsangebote für geflüchtete transsexuelle/trans*Personen
  7. Integration eines intersektionalen Ansatzes in alle Beratungsangebote
  8. Verstärkte Einbindung von transsexuellen/trans*Personen mit Erfahrungen von Mehrfachdiskriminierung als Berater_innen
  9. Entwicklung inklusiver Bildungsmaterialien.

Ich kämpfe für die Anerkennung von Vielfalt. Ich kämpfe für das individuelle Selbstbestimmungsrecht eines jeden Menschen.