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Rede zum 6. Pflegebericht

In meiner heutigen Rede habe ich deutlich gemacht: Wir haben die größte Pflegereform seit der Einführung der Sozialen Pflegeversicherung durchgeführt: Sie ist erfolgreich und kommt bei den Menschen an. Dies bestätigt der 6. Pflegebericht. Pflegebedürftige und ihre Angehörige profitieren von zahlreichen Leistungsverbesserungen. Auch die Pflegekräfte profitieren, z. B. durch bessere tarifliche Bezahlung.

Ich habe eine weitere und abschließende Bitte an die 1,2 Millionen beruflich Pflegenden - der Deutsche Pflegetag hat das gezeigt -: Bündeln Sie Ihre Interessen! Treten Sie ein in eine Gewerkschaft, in einen Berufsverband, in eine Pflegekammer oder auch in eine Partei! Denn es stimmt: Sie haben die Wahl; Sie entscheiden mit. Machen Sie Ihr Kreuz auch unter Berücksichtigung Ihrer eigenen Interessen bei denjenigen, die sich für eine gute, generalistische Pflegeausbildung einsetzen.

TOP 35. a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Harald Weinberg, Pia Zimmermann, Sabine Zimmermann (Zwickau), weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. Solidarische und gerechte Finanzierung von Gesundheit und Pflege (Drucksache 18/11722)

b) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Sechster Bericht über die Entwicklung der Pflegeversicherung und den Stand der pflegerischen Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland (Drucksache 18/10707)



229. Sitzung Berlin, Freitag, den 31. März 2017

Mechthild Rawert (SPD):

Herr Vizepräsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauende! Ich freue mich, dass ich dank des Antrages der Linken und dank des Pflegeberichtes für den Zeitraum 2011 bis 2015 abermals zum politisch hochbrisanten Thema Pflege reden darf.

(Thomas Stritzl (CDU/CSU): Sehr gut!)

Der Bericht zeigt: Pflegebedürftige, ihre Angehörigen und auch die Pflegekräfte nehmen die in diesem Zeitraum gesetzlich auf den Weg gebrachten Verbesserungen gut an.

(Tino Sorge (CDU/CSU): Genau!)

Eine lange Liste ist vorhin schon diskutiert worden. Mir kommt es jetzt darauf an, zu unterstreichen, dass dazu auch die Realisierung des Prinzips „Reha vor Pflege“ zählt. Das wollen wir dezidiert ausbauen.

Ich möchte dezidiert die bedarfsgerechtere Unterstützung pflegender Angehöriger durch verbesserte Freistellungsregelungen bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und Pflege betonen.

(Beifall bei der SPD)

Diese Leistungsverbesserungen sind und waren nicht das Ende der Fahnenstange. Das hat sich allein schon darin gezeigt, dass wir kurz danach die Pflegestärkungsgesetze II und III verabschiedet haben. Seitdem gilt der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff. Mit dem neuen Begutachtungsverfahren ermöglichen wir den Leistungsempfangenden den Zugang zu allen Leistungen, und zwar unabhängig von der Beeinträchtigung - egal ob es sich um eine kognitive, psychische oder körperliche Beeinträchtigung handelt. Das ist ein Riesenschritt in Richtung Gerechtigkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es geht noch weiter: Mit 60 Modellkommunen stellen wir die Pflegeberatung vor Ort auf noch bessere Beine. Mit Personaluntergrenzen stabilisieren wir wichtige Pflegebereiche im Krankenhaus.

Sie sehen: Der Begriff einer Bewegung in der Community der Pflegefachkräfte, die sich „Pflege in Bewegung“ nennt, hat sich auch im Deutschen Bundestag niedergeschlagen.

(Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die sind alle ganz frustriert und nicht begeistert!)

Wir wollen, dass pflegebedürftige Menschen eine passgenaue und individuell angepasste Versorgung bekommen. Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist Pflege eine Aufgabe der Daseinsvorsorge. Der Auf- und Ausbau einer hochwertigen Pflegeinfrastruktur ist eine Herausforderung für unser gesamtes Gemeinwesen.

(Beifall bei der SPD)

Pflege gehört in die Mitte der Gesellschaft. Ich sage es frank und frei: Ausführungen über die Organisation einer guten Pflege gehören in jedes Wahlprogramm; denn Pflege ist ein hochpolitisches Thema. Pflege ist und bleibt in Bewegung.

Eine repräsentative Bevölkerungsbefragung des Zentrums für Qualität in der Pflege hat gezeigt, dass die Versorgung älterer hilfebedürftiger Menschen und das Thema „Gute Pflege für alle“ für 43 Prozent der 61,5 Millionen wahlberechtigten Bürger und Bürgerinnen bei der Bundestagswahl 2017 sehr wichtig bei ihrer Wahlentscheidung ist. Insbesondere betrifft dies die maßgebliche Altersgruppe 50 plus. Hier sind es sogar 53 Prozent, die sagen, dass Pflege - und damit auch Gesundheit - für sie zur Daseinsvorsorge gehört. Im Bereich der Pflege besteht also weiterhin Handlungsbedarf.

Was sagt diese repräsentative Befragung noch? 71 Prozent der zumeist Älteren halten die Arbeitsbedingungen in der Pflege für am dringendsten verbesserungsbedürftig, und 42 Prozent der Befragten glauben, dass pflegende Angehörige dringend noch besser zu unterstützen sind - alles Aspekte, die wir ständig hervorgehoben haben. Es freut mich, dass die Älteren intergenerativ, also auch an die Lebenssituationen der Jüngeren, denken, was da heißt: Auch die Frauen in diesen Berufen leben nicht von Luft und Liebe allein, sondern sie brauchen auch ein anständiges Einkommen. Wir müssen ebenso gute Vereinbarkeitsstrukturen schaffen.

(Beifall bei der SPD)

Zum Thema Finanzierung. Ja, natürlich müssen wir schauen, wie wir die ganzen Regelungen finanzieren. Von den Verbesserungen für die Pflegefachkräfte bei der Tarifierung wurde schon berichtet. Das Traurige ist: Nur sehr wenige Pflegeeinrichtungen haben die Tarifbindung, und sehr wenige Pflegefachkräfte sind in Gewerkschaften organisiert, und sie fallen deswegen nicht unter die Tarifverträge. Daher an dieser Stelle mein Appell: Bitte organisieren Sie sich alle, und schließen Sie Tarifverträge ab!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir als SPD werden im Kontext der sozialdemokratischen Politik weiterhin nach Lösungen suchen, wenn es um die Personalausstattung, die Transparenz von Qualität, die Durchsetzung der Rechte von pflegebedürftigen Menschen und auch - ich bleibe dabei - die Stärkung einer pflegeberuflichen Bildung geht.

(Beifall der Abg. Sabine Dittmar (SPD))

Das ist von großer Bedeutung. Denn mehr Leistungen allein bedeuten nicht, dass eine pflegebedürftige Person tatsächlich schon die nötige Pflege bekommt. Es ist auch qualifiziertes Personal nötig, das die entsprechenden Leistungen kompetent erbringen kann.

Das Thema Bürgerversicherung ist im Antrag der Linken - ich sage es einmal nett - ein wenig durcheinander dargestellt worden;

(Matthias W. Birkwald (DIE LINKE): Was?)

deswegen gehe ich darauf jetzt gar nicht näher ein.

(Dr. Edgar Franke (SPD): Gut!)

Jedem, der unser Konzept nachlesen möchte, sage ich: Erste Züge stehen schon seit November letzten Jahres im Internet. Wenn Sie nach „Fortschritt und Gerechtigkeit - Chancen für alle“ suchen, werden Sie unser Konzept finden.

(Matthias W. Birkwald (DIE LINKE): Ich empfehle www.linksfraktion.de!)

Wir sind für jede Ergänzung dankbar.

Ich habe eine weitere und abschließende Bitte an die 1,2 Millionen beruflich Pflegenden - der Deutsche Pflegetag hat das gezeigt -: Bündeln Sie Ihre Interessen! Treten Sie ein in eine Gewerkschaft, in einen Berufsverband, in eine Pflegekammer oder auch in eine Partei! Denn es stimmt: Sie haben die Wahl; Sie entscheiden mit. Machen Sie Ihr Kreuz auch unter Berücksichtigung Ihrer eigenen Interessen bei denjenigen, die sich für eine gute, generalistische Pflegeausbildung einsetzen.

Seien Sie gegrüßt!

(Beifall bei der SPD - Dr. Edgar Franke (SPD): Gute Rede!)