Am 8. Mai 2017 jährt sich zum 72. Mal der Jahrestag der Befreiung Deutschlands vom Nationalsozialismus und Krieg. Die bedingungslose Kapitulation von Nazideutschland beendet einen sechs Jahre dauernden Krieg in Europa, der Millionen von Tote gekostet hat. Auch vor dem Hintergrund aktueller Krisen haben wir allen Grund, dieses Tages würdig zu gedenken.
Das Erinnern und Mahnen ist auch heute noch aktuell
Die Verantwortung für das „Nie wieder“, nie wieder Diktatur, nie wieder Krieg, liegt nun bei uns Nachgeborenen. Es leben immer weniger Zeitzeug*innen, Menschen, die uns aus eigener Erinnerung direkt mitteilen können, wie sich Auschwitz anfühlte, wie es möglich war, dass unser deutsches Volk so viel Schuld auf sich geladen hat. Zum Gedenken an den 8. Mai 1945 gehört auch die Erinnerung an den Mut und die Gestaltungskraft derer, die nach dem Zweiten Weltkrieg eine Weltfriedensordnung auf dem Wege der Zusammenarbeit schaffen wollten. Sie wollten künftige Generationen vor der Geißel des Krieges zu bewahren.
Wir Nachgeborenen tragen alle die Verantwortung für eine die Menschen heute ansprechende Erinnerungskultur. Eine Erinnerungskultur, die der Millionen Toten gedenkt und die uns zugleich für heute mahnt. Gerade auch angesichts rechtspopulistischer und rechtsextremer Parteien ist es dauerhaft notwendig, dass Menschen sich verlässlich informieren können, damit sie die Manipulationen und Schändlichkeiten gerade auch dieser Parteien durchschauen. Es steht außer Frage, dass der 8. Mai 1045 ein Tag der Befreiung von dem menschenverachtenden System der NS-Gewaltherrschaft ist.
Zu unserer Verantwortung gehört aber auch, dass internationale Streitigkeiten heute auf dem Weg der Vernunft und Diplomatie, durch auf Recht, Gerechtigkeit und Gleichheit gegründeten Verhandlungen zu lösen. Frank-Walter Steinmeier sagte noch als Außenminister vor zwei Jahren zu Recht „Unser Wohlstand und unsere Sicherheit hängen davon ab, dass internationale Spielregeln eingehalten werden". Steinmeier erinnerte auch, 1945 habe Deutschland die Möglichkeit eines Neuanfangs im Lichte einer besonderen Verantwortung erhalten. "Deutschland, der einstige Anstifter von Unordnung muss heute in besonderem Maße Ordnungsstifter sein". Deutschland müsse sich in Gemeinschaft mit seinen Partnern engagieren, sagt er, "für gemeinsame Werte, für politische Lösungen in Konflikten und für den Erhalt von friedenssichernden Strukturen."
pax christi: Politikstil der Gewaltfreiheit einüben und die Weltfriedensordnung und die Vereinten Nationen stärken
Als Mitglied der internationalen katholischen Friedensbewegung pax christi erinnere ich an die Entscheidung der Völker nach dem Zweiten Weltkrieg, durch friedliche Mittel nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit und des Völkerrechts alle internationalen Streitigkeiten beizulegen. Zur 1945 in Kraft getretenen Charta der Vereinten Nationen bekennen sich inzwischen 192 Mitgliedstaaten.
Die Gewaltfreiheit zu unserem Lebensstil zu machen, dazu hat uns Papst Franziskus in seiner Botschaft zum fünfzigsten Weltfriedenstag im Januar 2017 aufgerufen. Indes leben wir in einer Zeit der Gewalt, der Hungersnöte in Afrika, der Kämpfe in Syrien und der Ukraine, das teilweise schon Jahrzehnte lange Scheitern von Friedensschaffung bei vielen Bürgerkriege und Kriege, die Millionen Menschen in die Flucht treiben. Wir wissen, dass auch unser Lebensstil und die Politik unseres Landes mit zu den ungerechten internationalen Wirtschaftsstrukturen und zur Klimakatastrophe beitragen.
Wir erleben, wie das Bestreben der Vereinten Nationen beschädigt wird. Wir sehen die Konflikte verschärfende, Not und Leiden verstärkende Bedeutung des Waffenhandels. Wir wissen um die Gefahren atomarer Abschreckung und der unverantwortlichen Rüstungsspiralen der Militärbündnisse. Zu den Herausforderungen unseres Friedensengagements muss es gehören, die Ziele der Vereinten Nationen zu fördern, friedliche Schlichtung aller Streitigkeiten und Verzicht auf Gewaltanwendung zu gewährleisten, die Gleichheit und nationale Souveränität aller Staaten zu achten.