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Inklusives Wahlrecht in der Slowakei

In der Slowakei ist der Weg frei für ein inklusives Wahlrecht für Menschen mit Behinderungen. Diese wunderbare Nachricht überbrachte mir Zuzana Stavrovska, die slowakische Kommissarin für Menschen mit Behinderung. Zuzana Stavrovska absolvierte einen Informationsbesuch in Berlin und ich hatte sie am 21. Juni 2017 zu einem Gespräch im Deutschen Bundestag eingeladen.

2015 wählte das slowakische Parlament die Juristin Zuzana Stavrovska, die zuvor als Rechtsanwältin Menschen mit Behinderung vor Gericht vertrat, zur ersten unabhängigen Kommissarin für Menschen mit Behinderung in der Slowakei. Das Kommissariat begleitet die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und fungiert auch als Monitoring- und Ombudsstelle. Begleitet wurde sie von Eva Megová aus ihrem Stab und Stanislava Schenck.

Das slowakische Verfassungsgericht hat am 22. März 2017 geurteilt, dass Menschen mit einer Behinderung das Wahlrecht nicht länger aberkannt werden darf! Die Richter*innen begründeten ihre Entscheidung ausdrücklich mit Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskonvention und erklärten das slowakische Wahlrecht in diesem Punkt als diskriminierend. Bereits vor ihrer Wahl als Kommissarin hatte Zuzana Stavrovska gegen den pauschalen Wahlrechtsausschluss für Menschen unter allgemeiner Betreuung gekämpft. Sie zeigte sich zu Recht sehr stolz über dieses Urteil des Verfassungsgerichts. Nun gehe es darum, aus diesem Urteil die richtigen Konsequenzen für ein inklusives Wahlrecht zu ziehen. Sie forderte unter anderem mehr Informationen in leichter Sprache für Menschen mit Behinderungen und auch mehr barrierefreie Wahllokale.

Für mich war das eine sehr gute Nachricht. In meinem Bericht „Die politischen Rechte von Menschen mit Behinderungen: ein demokratisches Anliegen“ für die Parlamentarische Versammlung des Europarats hatte ich das Thema Wahlrechtsausschlüsse für Menschen mit Behinderungen intensiv beleuchtet. Ich habe mich bei Zuzana Stavrovska bedankt, dass auch die Slowakei meinen Fragebogen im Vorfeld der Erarbeitung dieses Berichtes beantwortet hatte.

Gleichzeitig habe ich gegenüber der Kommissarin auch mein Bedauern zu Ausdruck gebracht, dass in Deutschland über 80.000 Menschen mit Behinderungen auch bei der diesjährigen Bundestagswahl am 24. September von der Wahl ausgeschlossen bleiben. Sie dürfen nicht wählen gehen. Die CDU/CSU-Fraktion war nicht bereit, das Wahlrecht zu ändern, so wie es auf Länderebene in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein bereits realisiert wurde und in Berlin geplant ist.

Austausch über gute Beispiele in der politischen Praxis für Menschen mit Behinderungen

Zuzana Stavrovska berichtete, dass die slowakische Regierung ein neues Sozialgesetz verabschiedet hat. Vorgesehen ist eine flächendeckende Qualitätskontrolle aller Einrichtungen von Menschen mit Behinderung. Sie bemängelte allerdings, dass die Perspektive von Betroffenen noch nicht ausreichend mit einbezogen wird. Wir waren uns einig, dass Menschen mit Behinderungen als Expert*innen in eigener Sache mehr Gehör finden müssen.

So zeigte sich die Kommissarin sehr interessiert an der Regelung des neuen Bundesteilhabegesetzes, das die Position einer Frauenbeauftragten für Werkstätten und Wohneinrichtungen verbindlich festgeschreibt. Es sind Frauen mit Behinderungen selbst, die sich als Frauenbeauftragte engagieren. Diese Neuregelung ist ein aktiver Beitrag zum Empowerment von Frauen mit Behinderungen und zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Diskriminierung und sexueller Gewalt.

Eine wichtige Aufgabe der Kommissarin und ihres Stabes ist die juristische Überprüfung aller neuen Gesetzesvorhaben, um zu verhindern, dass diese keine Verschlechterungen für Menschen mit Behinderungen mit sich bringen. So sollen mögliche Rückschritte verhindert werden.

Während ihres dreitägigen Berlinbesuchs traf Zuzana Stavrovska auch ihre Amtskollegin Verena Bentele und Dr. Leander Palleit von der Monitoringstelle der UN-Behindertenrechtskonvention im Deutschen Institut für Menschenrechte zu Gesprächen. Des Weiteren informierte sie sich auch über partizipatives Qualitätsmanagement im Bereich des betreuten Wohnens. Evaluatorinnen der Inklusionsfirma GETEQ stellten ihr das Nutzer-Evaluation-Modell nueva und das Konzept inklusiver Arbeitsgruppen zur Qualitätsentwicklung vor. Sie besuchte auch zwei Wohngruppen der Zukunftssicherung Berlin e.V., die vor einigen Monaten an einer nueva-Befragung zur Qualität des betreuten Wohnens teilgenommen hatten.