Dilek Kolat zu Gast in der Landesgruppe Berlin
Über ihre neue Aufgabe als Gesundheitssenatorin berichtete Dilek Kolat am 23. Juni 2017 in der Landesgruppe Berlin. Wir hatten die Senatorin für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung in unserer letzten Sitzung vor der Sommerpause eingeladen. Kolat betonte, dass es ihr sehr wichtig sei, dass die Themen Gesundheit und Pflege endlich unter sozialdemokratischer Führung sind, da in diesen Bereichen viel für eine gerechte Gesellschaft getan werden kann. Es war eine bewusste Entscheidung, dass die Senatsverwaltung in ihrem Namen die Pflege trägt, um die Bedeutung der damit verbundenen Herausforderungen sichtbarer zu machen. Durch diese Entscheidung würden neue notwendige ministerielle Verwaltungsstrukturen geschaffen – vieles sei in Berlin beim Thema Pflege vernachlässigt worden. Im Gespräch mit der Landesgruppe stellte Senatorin Dilek Kolat weitere wichtige Projekte der Senatsverwaltung in dieser Legislatur vor.
Öffentliche Gesundheitsämter
Der Ausbau der öffentlichen Gesundheitsämter ist aus sozialdemokratischer Sicht eine sehr bedeutsame Aufgabe für das Gesundheitswesen. Gesundheitsämter sind oft die erste Anlaufstelle für Menschen, die in der Regel keinen ausreichenden Zugang zur gesundheitlichen Versorgung und Vorsorge haben. Derzeit sind rund 150 Stellen nicht besetzt, da die Stellen hier schlechter bezahlt sind als in anderen Gesundheitsbereichen. Das gestaltet die personelle Besetzung besonders schwierig. Das Ziel des Senats ist die Bezahlungen in den Gesundheitsämtern zu erhöhen und die Wertschätzung der Arbeit der Fachkräfte zu erhöhen. Damit tarifliche Unterschiede zwischen landeseigenen Kliniken und dem öffentlichen Gesundheitsdienst umfassend beseitigt werden, wird der Finanzsenator auch mit dem Arbeitgeberverband "Tarifgemeinschaft der Länder" verhandeln.
Zusammen mit den Bezirken wurde eine vorausschauende Bedarfsplanung gemacht. Insgesamt müssen für den Ausbau des öffentlichen Dienstes 420 Stellen finanziert und besetzt werden, um das Mustergesundheitsamt als Standard einzuführen. Die Gesundheitsämter decken ganz sensible Bereiche ab, beispielsweise der Impfschutz, die Krankenhaushygiene oder der kinder- und jugendpsychiatrische Dienst. Gesundheitsämter haben auch die Funktion eines sozialen Korrektivs.
Investition in Krankenhäuser
Die wachsende Stadt bedeutet große Herausforderungen für unser Krankenhauswesen, zum Beispiel in den Bereichen Geburtshilfe und Psychiatrie. Mit den anstehenden Haushaltsverhandlungen soll der Investitionsstau aufgelöst werden und die Krankenhausfinanzierung den Bundesdurchschnitt erreichen. Konkret sind Krankenhausinvestitionen von 120 Millionen Euro im Jahr 2018 und 142 Millionen Euro in 2019 vorgesehen. Am Ende der Legislaturperiode, im Jahr 2021, soll mit 186 Millionen Euro der Bundesdurchschnitt deutlich übertroffen werden. Die Investitionen sind vielfältig: Es geht um Neubau oder Sanierung von Kliniken, um moderne Medizintechnik, um mehr räumlichen und technischen Komfort für die Patient*innen. Die Investitionen werden auch mit erhöhten Qualitätsanforderungen, wie beispielsweise Personaluntergrenzen, gekoppelt sein. All das ist ein wichtiger Schritt nach vorne. Zusätzlich zu den durch die Investitionspauschalen vorgesehenen Maßnahmen, gibt es weitere Vorhaben wie zum Beispiel für 160 Millionen Euro insgesamt Verbesserungen am Vivantes-Klinikum Neukölln.
Bereits die jetzige Krankenhausplanung definiere Personaluntergrenzen als Qualitätsanforderung in auch in der Pflege. Genau dieses Thema werde aber im nächsten Krankenhausplan 2020 erneut aufgegriffen. Zu einer guten medizinischen Versorgung gehöre auch eine gute Pflege. Deshalb hätten auch die Landesunternehmen Charité und Vivantes in den vergangenen Jahren massiv in das Personal investiert. Es wurden Tarifverträge abgeschlossen. Senatorin Kolat verweist auf die hohe Bedeutung einer verbindlichen bundesgesetzlichen Regelung gibt, gerade auch für die Personalausstattung auf den Stationen. Die Arbeitsbedingungen in der Pflege müssten attraktiver gestaltet werden, damit junge Menschen sich weiterhin für diese Berufe entscheiden. Vor allem in der Altenpflege wünscht sich Senatorin Dilek Kolat mehr Tarifbindung und eine bessere Bezahlung.
Drogenpolitik und Prävention
Das Konsumverhalten bei Drogen hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Die meisten Konsument*innen benutzen Substanzen, deren gesundheitliche Auswirkungen bisher noch wenig erforscht wurden. Deshalb ist es besonders wichtig, die Modellprojekte und drogenpolitischen Maßnahmen wissenschaftlich eng zu begleiten. Was den Cannabiskonsum aus medizinischen Gründen betrifft, wird sich Berlin am Bremer Modell orientieren, wo es legale Verkaufsstellen für kleine Mengen von Cannabis gibt.
2018 wolle ihre Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung auch erstmals eine wissenschaftlich fundierte Datenerhebung zum Drogenkonsum von Berliner Clubber*innen durchführen lassen. Es sei mehr Wissen zu den sogenannten Partydrogen notwendig. Befragt würden Clubgänger*innen aber auch Mitarbeiter*innen der Clubs und von Drogenberatungsstellen, von den Rettungsdiensten oder der Polizei.
Gender Budgeting
Im Vorantreiben des Gender Budgeting ist Berlin Vorreiter, nicht nur unter den Bundesländern sondern auch international. Zu jeder einzelnen Entscheidung im Haushalt müssen in Berlin Genderdaten vorliegen, um die Entscheidungen aus Genderaspekten zu bewerten. Damit ist Berlin Vorbild für viele Kommunen weltweit. Auf Bundesebene ist die Praxis des Gender Budgetings leider immer noch nicht zufriedenstellend eingeführt, kritisierte Kolat. Deshalb ist es wichtig, dass die Berliner Abgeordneten im Bundestag für die Einführung von Gender Budgeting werben. Berlin habe es vorgemacht.
Pflege 4.0.
Die Digitalisierung spiele auch in der Pflege eine wichtige Rolle. Pflege 4.0. bedeutet nicht die Ersetzung der Pflegekräfte durch Roboter, sondern die technische Möglichkeit, dass pflegebedürftige Menschen so lang wie sie möchten, in ihrer Wohnung wohnen bleiben können. Außerdem können Pflegekräfte durch die Digitalisierung in ihren Verwaltungsaufgaben entlastet werden und sich dadurch stärker auf ihre Arbeit mit den Menschen konzentrieren.
„Was ist, wenn...? 24 Fragen zum Thema häusliche Pflege“
17 Prozent der Menschen in Berlin haben Kinder – aber alle haben Eltern. Pflege geht uns alle an, unabhängig von jung oder älter. Dies gilt insbesondere für eine Singlestadt wie Berlin, in der zunehmend stärker auch Netzwerke aus Freund*innen oder Nachbar*innen für die Menschen, die Hilfe brauchen, einstehen müssen. Um die Beratung gut leisten zu können, gibt es in jedem Bezirk drei Pflegestützpunkte. Hier wird kostenfrei zu allen Fragen um die Pflege informiert und beraten. Bei Bedarf finden auch Hausbesuche statt. Es und begleiten. Wir wollen sie stärken und noch besser sichtbar machen. Es sei gewollt, dass alle den gleichen Zugang zu den Leistungen der Pflegeversicherung haben – auch unabhängig von einer eigenen oder familiären Migrationsbiographie. Deshalb ist die Broschüre „Was ist, wenn...? 24 Fragen zum Thema häusliche Pflege“ auch mittlerweile in acht Sprachen erschienen: Deutsch | Englisch | Arabisch | Vietnamesisch | Türkisch | Russisch | Polnisch | Französisch.
Situation der Geflüchteten
Zum großen Bedauern der Senatorin konnte dieser Punkt aus Zeitgründen nicht mehr intensiv debattiert werden – es werde aber nachgeholt. In Kürze: Die Situation der Geflüchteten ist an mehreren Stellen immer noch nicht geregelt. Die gesundheitliche Versorgung ist aufgrund des Mangels an Sprachermittler*innen immer noch schwierig. Hier müsse mehr investiert werden, damit die Geflüchteten im Gesundheitssystem ankommen können.