Deutschland ist seit langem ein Einwanderungsland. Wir leben in einer bunten Einwanderungs- und Migrationsgesellschaft voller Vielfalt. Das bedeutet politischen, sozialen und kulturellen Reichtum für uns alle. Leider machen wir diesen Reichtum noch nicht in allen Institutionen, in der Politik und den Medien ausreichend sichtbar. Deshalb müssen wir konsequent gegen Rassismus und für mehr Partizipation eintreten, müssen unsere Anti-Diskriminierungsarbeit stärken und die politischen Kompetenzen auf ministerieller Ebene neu regeln. So fördern wir unsere lebendige Demokratie.
Am 24. September 2017 findet die nächste Bundestagswahl statt. Ich bitte alle Wahlberechtigten, sich am Fest der Demokratie zu beteiligen. Gehen Sie wählen! Wählen Sie die Mitglieder des Deutschen Bundestages gemäß der im Artikel 38 unseres Grundgesetzes festgeschriebenen Grundprinzipien in allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen.
Undemokratisches Verhalten überwinden!
Leider nehmen Parteien, die Vielfalt ablehnen und die Rechte von Menschen mit Migrationsbiographie ablehnen, heutzutage einen breiten Raum ein. Das ist politisch ärgerlich und fördert die soziale Spaltung in Deutschland. Diese sind auf keinen Fall eine Alternative für Deutschland, sondern eine Schande für Deutschland! Ich bitte Sie: Wählen Sie diese Rattenfänger nicht!
Lassen Sie sich nicht dadurch beeinflussen, dass aus dem Ausland plötzlich Wahlboykottaufrufe gegen die SPD kommen. Ich lehne dieses Vorgehen eines einzelnen Staatspräsidenten als äußerst unseriös und undemokratisch ab. Bitte stehen Sie darüber! Wir wollen keine Hetze und Spaltung in unserem Land – weder von innen noch von außen. Ich stehe für Freiheit, Rechtsstaat und Demokratie in jedem Land.
Sie leben in Deutschland und Sie gestalten die Gesellschaft mit, in der sie Wochentags ebenso leben wie Sonntags. Als Sozialdemokratin bin ich keinesfalls die Feindin eines Landes, sprich der Bevölkerung eines Landes. Allerdings begrüße ich die eine Regierung mehr, die andere weniger. Mein Maßstab dabei ist: Werden Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit eingehalten, werden Gleichstellung und gesellschaftlichen Zusammenhalt gefördert. Und dieser Maßstab gilt anderswo ebenso wie in Deutschland.
Keine Leitkultur für Deutschland
Wir wissen alle, dass sich die Zusammensetzung unserer Bevölkerung schon seit Jahrhunderten durch Einwanderung, Flucht und Arbeitsmigration stetig ändert. So vielfältig wie heute war unsere deutsche Gesellschaft noch nie. Den Rahmen für diese kulturelle Vielfalt innerhalb der Gesellschaft bildet unser Grundgesetz. Vielfalt in einer Demokratie bedeutet, sich den Veränderungen und der Weiterentwicklung unserer Gesellschaft zu stellen. Dabei ist es Aufgabe der Politik und der Zivilgesellschaft, in diesem Prozess gesellschaftliche Partizipation und Teilhabe für alle herzustellen und zu sichern.
Die von Innenminister Thomas de Maizière (CDU) jüngst erneut angestoßene und von anderen nachgeplapperte Debatte über eine sogenannte „Leitkultur“ ist meiner Meinung nach völlig unnötig und für unsere Demokratie kontraproduktiv. Diese durch konservative Werte geprägte Debatte schafft lediglich Raum für Abgrenzung und Diskriminierung. Und das will ich nicht, das will auch die SPD nicht. Wir bekämpfen diese Spaltung der Gesellschaft in Schema: wir gegen die anderen.
Kultur muss gelebt werden, sie kann niemals staatlich verordnet werden. Ich möchte vielmehr den Ansatz der Friedrich-Ebert-Stiftung zur Schaffung eines Leitbildes “Miteinander in Vielfalt“ stärken. Das Leitbild bildet einen Gegenentwurf zur Leitkultur. Ich halte es da mehr mit Navid Kermani: "Vor dem Grundgesetz sind alle gleich, in einer Leitkultur nicht."
In seiner Berliner Integrationsrede hat Martin Schulz am 15. August 2017 deutlich gemacht, dass Deutschland ein buntes Haus ist und die Hausordnung für alle ist das Grundgesetz. Für Ihn war es wichtig, politisch Inhalte, die uns alle betreffen, zu debattieren. Es geht um den gleichen Zugang und die gleichen Chancen zur Bildung, zu gut bezahlten Arbeit, zu bezahlbarem Wohnraum, zu einer guten Verkehrs- und Infrastrukturpolitik, zu einer wirksameren Anti-Diskriminierungspolitik, zur Modernisierung und der interkulturellen Öffnung der Verwaltungen und der Unternehmen.
Vielfalt durch Zuwanderung
In Deutschland lebten 2016 rund 82,2 Millionen Menschen, davon hatten rund 18,6 Millionen Menschen eine eigene oder eine familiale Migrationsbiographie. 48 % der Bevölkerung mit Migrationserfahrung sind Ausländer*innen und etwa 52 % sind Deutsche. Die wichtigste Herkunftsregion der Bevölkerung mit Migrationshintergrund ist Europa. Gestiegen ist die Bedeutung anderer Erdteile, wie zum Beispiel der Nahe und Mittlere Osten (2,3 Millionen Menschen) oder die Länder Afrikas (740.000 Menschen).