Der 06. Februar ist der Internationale Tag gegen weibliche Genitalverstümmelung. Die weibliche Genitalverstümmelung umfasst nach der Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) alle Praktiken, für die es keine medizinische Erforderlichkeit gibt und bei denen die äußeren weiblichen Genitalien teilweise oder vollständig entfernt oder verletzt werden. Genitalverstümmelung – oder auch female genital mutilation (FGM) - stellt eine schwerwiegende Verletzung der Menschenrechte und der körperlichen Unversehrtheit von Frauen dar.
Als langjährige Frauen- und Gesundheitspolitikerin sage ich: Mit dieser frauenverachtenden Praxis muss gebrochen werden! Nutzen wir den heutigen Tag, um ein Zeichen zu setzen, unsere Stimme zu erheben und zu sagen: Null Toleranz gegenüber weiblicher Genitalverstümmelung!
Straftat Genitalverstümmelung
In Deutschland ist die Genitalverstümmelung ein Verbrechen und steht entsprechend unter Strafe (§ 226a Strafgesetzbuch (StGB). Das gilt für hier durchgeführte als auch hier geplante, dann im Rahmen sogenannter „Ferienverstümmelungen“ im Ausland vollzogene Genitalverstümmelungen.
Nach der vom Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) geförderten Empirischen Studie zu weiblicher Genitalverstümmelung in Deutschland leben in Deutschland mindestens 47.359 Frauen, die von einer Genitalverstümmelung betroffen sind und zwischen 1.558 und 5.684 Mädchen, die hiervon bedroht sind.
Es ist gut, dass wir ein entsprechendes Strafrecht gegen diese Form der Gewalt gegen Frauen haben, ebenso bedeutsam ist aber die Bewusstmachung und Aufklärung, dass die Genitalverstümmelung / Beschneidung eine Menschenrechtsverletzung ist. Zumeist ist die Tat kulturell, religiös und/ oder sozial begründet, ist mitunter eine tief verankerte Tradition sowie in ein kulturell geprägtes Rollenverständnis von Frauen, Sexualität, Familie und Ehe eingebettet.
In einigen Regionen der Welt gilt die Entfernung des äußeren Genitals auch als ein Zeichen für Schönheit. Es ist ein gefährlicher Trend, mit dem auch in Deutschland gerade junge Frauen unter Druck gesetzt werden. Die kosmetische Genitalchirurgie nimmt bedauerlicherweise zu.
Betroffene Frauen leiden ein Leben lang unter den Folgen
Unter den körperlichen und seelischen Folgen leiden Betroffene ein ganzes Leben lang. FGM kann zu Unfruchtbarkeit, Komplikationen bei der Geburt und schweren Depressionen bis hin zum Tod führen. Erschwerend kommt hinzu, dass das Thema noch immer gesellschaftlich tabuisiert ist: Aus Angst vor den Reaktionen, vor Ablehnung oder Unverständnis, trauen sich Frauen oft nicht, über das Erlebte zu sprechen.
Neben gesellschaftspolitischer Aufklärung ist die weibliche Genitalverstümmelung in unserer Einwanderungsgesellschaft insbesondere auch eine Herausforderung für das Gesundheitswesen. Mittlerweile liegen auch Empfehlungen zum Umgang mit Patientinnen nach weiblicher Genitalverstümmelung vor. Von ganz herausragender Bedeutung ist auch ein Angebot des Berliner Desert Flower Centers Waldfriede.
Hier findet ein weltweit einzigartiges, ganzheitliches Behandlungskonzept mit einem engagierten Team aus erfahrenen ChirurgInnen, PsychologInnen, sozialen und seelsorgerischen Berater*innen statt, an dem bereits über 500 Frauen teilgenommen haben.
Wir können was tun gegen diesen Verstoß von Frauenrechten
Nach Angaben des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen UNICEF sind weltweit über 200 Millionen Frauen und Mädchen von Genitalverstümmelung betroffen, vor allem im nördlichen Afrika, aber auch in südostasiatischen Ländern und im Mittleren Osten und sogar in Europa.
Zur Bekämpfung von Genitalverstümmelung ist die Prävention von geschlechtsbezogener Gewalt elementar – das gilt auch für Deutschland. Es gibt vielerorts Organisationen, die sich gegen Genitalverstümmlung einsetzen. Um für diese höchst intimen Haltungen zu sensibilisieren und entsprechend aufzuklären, bedarf es der Kooperation mit Multiplikator*innen der jeweiligen Communities. Noch fehlen aber bundesweit flächendeckende und ausreichend spezialisierte Projekte, vor allem für Minderjährige. Das Thema FGM muss Teil der Berufsausbildung, u.a. bei medizinischem und psychologischem Fachpersonal werden.