Am 5. März 2021 hat der Deutsche Bundestag in 2. und 3. Lesung den „Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts“ abschließend beraten.
In meiner Rede im Plenum, die Sie hier auch nachhören und ansehen können, habe ich insbesondere auf die von uns Sozialdemokrat*innen durchgesetzten und die Selbstbestimmung stärkenden Erfolge verwiesen.
Wenn der Bundesrat Ende März zustimmt, kann das Gesetz zum 1. Januar 2023 in Kraft treten. Damit wird nach jahrelanger Vorarbeit das Vormundschafts- und Betreuungsrecht endlich grundlegend reformiert.
Partizipative Gesetzeserarbeitung
Durch zwei im Auftrag des Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) durchgeführte Forschungsvorhaben war schon im Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens klar, dass im derzeit geltenden Betreuungsrecht das Gebot größtmöglicher Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen im Sinne von Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) vor und innerhalb der rechtlichen Betreuung nicht durchgängig zufriedenstellend verwirklicht wird. Daher wurde außerdem seitens des BMJV ein interdisziplinärer und partizipativer Diskussionsprozesses mit zahlreichen Selbstorganisations- und Behindertenverbänden zur Überprüfung der betreuungsrechtlichen Vorschriften durchgeführt. Auch hier wurde ebenfalls an zahlreichen Stellen erheblicher Änderungsbedarf aufgezeigt.
Das Struck´sche Gesetz „Kein Gesetz kommt aus dem Parlament so heraus, wie es eingebracht worden ist.“
Als Berichterstatterin der SPD-Fraktion war ich zusammen mit unserem rechtspolitischen Sprecher Johannes Fechner, MdB, für die parlamentarischen Beratungen und die Verhandlungen mit der Union im Rahmen der Berichterstatter*innen-Gespräche verantwortlich. In den vergangenen Monaten habe ich mich daher mit vielen verschiedenen Akteuren im Betreuungsrecht getroffen und unterhalten. Ich habe nach Erfahrungen gefragt, nach den Stärken und Herausforderungen des derzeit geltenden Regelungssystems. In einem waren sich (fast) alle einig: Die Selbstbestimmung der Menschen mit Unterstützungsbedarf muss gestärkt werden. Deshalb habe ich im parlamentarischen Verfahren hierauf den Fokus gelegt.
Durch uns Sozialdemokrat*innen erreichte Verbesserungen zur Stärkung der Selbstbestimmung
Mit der Reform ebnen wir nun den Weg vom stellvertretenden Handeln der Betreuer*in hin zur unterstützten Entscheidungsfindung der betreuten Personen. Das ist ein Meilenstein im Kampf um mehr Selbstbestimmung für die betroffenen Menschen. Richtschnur der Betreuung ist nicht länger ein vermeintliches Wohl der betreuten Menschen, sondern deren eigene Wünsche. Wir stärken das Selbstbestimmungsrecht der betreuten Personen im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention und der Istanbul-Konvention, indem sie besser informiert werden, in die Auswahl eines konkreten Betreuers eingebunden werden und mehr mitbestimmen sollen, ob und wie sie betreut werden. Wir sind stolz, außerdem den Weg für unabhängige Beratungs- und Beschwerdestellen geebnet zu haben.
Viele betreute Personen sind unzufrieden mit ihrer Betreuer*in und wenden sich dann – mangels Alternativen – mit Beschwerden an die Gerichte, die diese dann aufgrund von prozessualen Fehlern vielfach verwerfen. Es bedarf darum unabhängiger Beratungs- und Beschwerdestellen, an die sich Betroffene und Ehrenamtliche wenden können, wenn es Probleme in der Betreuung gibt. Diese sollen nun bis 2023 eingerichtet werden. Außerdem haben wir dafür gesorgt, dass betreute Personen in Zukunft die Möglichkeit haben, ihre Interessen vor Gericht selbst zu äußern, indem ihre Prozessfähigkeit anerkannt wird.
Und wir haben die barrierefreie Kommunikation in den Fokus gerückt. Denn der persönliche Austausch bildet den Kern der Betreuer*innentätigkeit. Nur wenn die Betreuer*in die Wünsche der betreuten Person kennt, kann sie auch den Wünschen entsprechend handeln. Ausführlichere Informationen finden Sie hier im entsprechenden Liebe-Freunde-Brief.
Besonders wichtig war mir auch, dass die langjährige Kritik der Behindertenverbände an der Sterilisationsregelung nun in Gesetz umgesetzt wird. Ich bin deshalb sehr froh, dass wir auf unseren Druck hin die Regelung geändert haben und Zwangssterilisationen endlich nicht mehr möglich sind. Und endlich wird auch hier anerkannt, dass eine Behinderung für sich kein Grund ist, ein Kind von seiner Mutter zu trennen.
Mit den zahlreichen Neuregelungen kommen wir den Erfordernissen der UN-Behindertenrechtskonvention und der Istanbul-Konvention sehr viel näher. Wir stärken die Selbstbestimmung und damit die Lebenswirklichkeit vieler, vieler Menschen. Es wird ein wirklich gutes und fortschrittliches Gesetz in Kraft treten.
Meine Bitte an uns alle: Wir dürfen hier aber nicht stehen bleiben. Wir müssen weiter für gleiche Chancen, gleiche Rechte und gleichen Respekt in unserer Gesellschaft kämpfen. Eine gelingende auf dem Recht auf Selbstbestimmung beruhende Inklusion geht uns alle an.
(Foto: Braymeier/Pixabay)
Am 5.3.2021 hat der Deutsche Bundestag in 2. und 3. Lesung den „Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts“ abschließend beraten. In meiner Rede (hier auch nachhör- und nachsehbar), habe ich insbesondere auf die von uns Sozialdemokrat*innen durchgesetzten, die Selbstbestimmung stärkenden Erfolge verwiesen. Wenn der Bundesrat Ende März zustimmt, kann das Gesetz zum 1.1.2023 in Kraft treten.
Partizipative Gesetzeserarbeitung
Damit wird nach jahrelanger Vorarbeit das Vormundschafts- und Betreuungsrecht endlich grundlegend reformiert. Durch zwei im Auftrag des Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) durchgeführte Forschungsvorhaben war schon im Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens klar, dass im derzeit geltenden Betreuungsrecht das Gebot größtmöglicher Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen im Sinne von Artikel 12 der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) vor und innerhalb der rechtlichen Betreuung nicht durchgängig zufriedenstellend verwirklicht wird. Daher wurde außerdem seitens des BMJV ein interdisziplinärer und partizipativer Diskussionsprozesses mit zahlreichen Selbstorganisations- und Behindertenverbänden zur Überprüfung der betreuungsrechtlichen Vorschriften durchgeführt. Auch hier wurde ebenfalls an zahlreichen Stellen erheblicher Änderungsbedarf aufgezeigt.
Das Struck´sche Gesetz „Kein Gesetz kommt aus dem Parlament so heraus, wie es eingebracht worden ist.“
Als Berichterstatterin der SPD-Fraktion war ich zusammen mit unserem rechtspolitischen Sprecher Johannes Fechner, MdB, für die parlamentarischen Beratungen und die Verhandlungen mit der Union im Rahmen der Berichterstatter*innen-Gespräche verantwortlich. In den vergangenen Monaten habe ich mich daher mit vielen verschiedenen Akteuren im Betreuungsrecht getroffen und unterhalten. Ich habe nach Erfahrungen gefragt, nach den Stärken und Herausforderungen des derzeit geltenden Regelungssystems. In einem waren sich (fast) alle einig: Die Selbstbestimmung der Menschen mit Unterstützungsbedarf muss gestärkt werden. Deshalb habe ich im parlamentarischen Verfahren hierauf den Fokus gelegt.
Durch uns Sozialdemokrat*innen erreichte Verbesserungen zur Stärkung der Selbstbestimmung
Mit der Reform ebnen wir nun den Weg vom stellvertretenden Handeln der Betreuer*in hin zur unterstützten Entscheidungsfindung der betreuten Personen. Das ist ein Meilenstein im Kampf um mehr Selbstbestimmung für die betroffenen Menschen. Richtschnur der Betreuung ist nicht länger ein vermeintliches Wohl der betreuten Menschen, sondern deren eigene Wünsche. Wir stärken das Selbstbestimmungsrecht der betreuten Personen im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention und der Istanbul-Konvention, indem sie besser informiert werden, in die Auswahl eines konkreten Betreuers eingebunden werden und mehr mitbestimmen sollen, ob und wie sie betreut werden. Wir sind stolz, außerdem den Weg für unabhängige Beratungs- und Beschwerdestellen geebnet zu haben. Viele betreute Personen sind unzufrieden mit ihrer Betreuer*in und wenden sich dann – mangels Alternativen – mit Beschwerden an die Gerichte, die diese dann aufgrund von prozessualen Fehlern vielfach verwerfen. Es bedarf darum unabhängiger Beratungs- und Beschwerdestellen, an die sich Betroffene und Ehrenamtliche wenden können, wenn es Probleme in der Betreuung gibt. Diese sollen nun bis 2023 eingerichtet werden. Außerdem haben wir dafür gesorgt, dass betreute Personen in Zukunft die Möglichkeit haben, ihre Interessen vor Gericht selbst zu äußern, indem ihre Prozessfähigkeit anerkannt wird. Und wir haben die barrierefreie Kommunikation in den Fokus gerückt. Denn der persönliche Austausch bildet den Kern der Betreuer*innentätigkeit. Nur wenn die Betreuer*in die Wünsche der betreuten Person kennt, kann sie auch den Wünschen entsprechend handeln. Ausführlichere Informationen finden Sie hier im entsprechenden Liebe Freunde-Brief.
Besonders wichtig war mir auch, dass die langjährige Kritik der Behindertenverbände an der Sterilisationsregelung nun in Gesetz umgesetzt wird. Ich bin deshalb sehr froh, dass wir auf unseren Druck hin die Regelung geändert haben und Zwangssterilisationen endlich nicht mehr möglich sind. Und endlich wird auch hier anerkannt, dass eine Behinderung für sich kein Grund ist, ein Kind von seiner Mutter zu trennen.
Mit den zahlreichen Neuregelungen kommen wir den Erfordernissen der UN-Behindertenrechtskonvention und der Istanbul-Konvention sehr viel näher. Wir stärken die Selbstbestimmung und damit die Lebenswirklichkeit vieler, vieler Menschen. Es wird ein wirklich gutes und fortschrittliches Gesetz in Kraft treten.
Meine Bitte an uns alle: Wir dürfen hier aber nicht stehen bleiben. Wir müssen weiter für gleiche Chancen, gleiche Rechte und gleichen Respekt in unserer Gesellschaft kämpfen. Eine gelingende auf dem Recht auf Selbstbestimmung beruhende Inklusion geht uns alle an.