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Ein starkes Barrierefreiheitsstärkungsgesetz bedeutet mehr soziale Teilhabe

Heute Verabschiedung im Deutschen Bundestag

Ich lade Sie herzlich ein, heute Abend, um voraussichtlich 23.00 Uhr, an der Verabschiedung des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes medial teilzunehmen oder sich die Debatte später in der Mediathek anzuschauen. Die 2./3. Lesung ist der Top 25 "Barrierefreiheit" auf der heutigen Tagesordnung.

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz ist die Umsetzung des „Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen und zur Änderung des Jugendarbeitsschutzgesetzes“ in das deutsche Recht. Abschließend debattiert wird auch der Antrag „Selbstbestimmung und Teilhabe ermöglichen“ der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Mit der Umsetzung dieser EU-Richtlinie in das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) werden weitere Schritte zum Abbau von Barrieren gegangen und damit die UN-Behindertenkonvention weiter umgesetzt. Die UN-BRK verpflichtet Deutschland, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um Menschen mit Behinderungen gleichberechtigten Zugang zu Informationen und Kommunikation zu gewährleisten. Die EU-Richtlinie zielt darauf, wie durch Produkte und Dienstleistungen - etwa Computer, E-Books oder der Online-Handel - der Zugang zu Informationen und Kommunikation barrierefreier ermöglicht wird. Von einem Abbau der Barrieren profitieren nicht nur die 13 Millionen Menschen mit Beeinträchtigungen sondern vor allem auch die immer größer werdende Zahl der älteren Menschen. Durch die Umsetzung werden auf EU-Ebene einheitliche Standards geschaffen, wovon wiederum auch kleine und mittlere Unternehmen profitierten, da sie ihre Produkte im gesamten europäischen Binnenmarkt verkaufen können, ohne diese umständlich anpassen zu müssen.

Verabschiedet wird ein in der Inklusions-Community stark diskutiertes Gesetz

Die Inklusions-Community hat den gesamten Werdegang des Gesetzes – von Verbändeanhörungen bis hin zu Kampagnen – intensiv begleitet. Aus ihrer Sicht handelt es sich bei der 1:1 Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht um ein schwaches Gesetz. Ich sage: Es ist sehr gut, dass das Gesetz bereits in dieser Legislatur verabschiedet wird und dafür bin ich allen Beteiligten dankbar. 

Es ist ein für unsere gesamte Gesellschaft sehr bedeutsames Gesetz, daher habe ich bereits am 28.4.2021 einen digitalen Polit-Talk unter der Überschrift „Zukunft ohne Barrieren?!“ veranstaltet. Tenor: Es ist gut, dass es das Gesetz gibt, aber es hätten mehr Barrieren schneller und umfassender abgebaut werden sollen. 

Nun ist es immer so, dass es zwischen „der“ Regierungspolitik und „den“ zivilgesellschaftlichen Kräften und „den“ Betroffenen eine fruchtbare und teilweise auch kontroverse Debatte gibt. Über die Richtung „der Regierungspolitik“ entscheiden die Bürger*innen immer wieder neu durch Wahlen, die nächste für uns alle bedeutsame ist die Bundestagswahl am 26.9.2021. Und auch für diese Wahl sage ich in Richtung der an Geschlechtergerechtigkeit interessierten Bürger*innen, sage ich in Richtung umfassende Gleichstellung von Menschen der LGBTIQ-Community, sage ich in Richtung der Inklusions-Community voraus: Wer hier Änderungen haben will, muss dafür Sorge tragen, dass es eine Regierungsmehrheit ohne CDU/CSU gibt. Auch eine schwarz-grüne Regierung wird viele gerade in diesen Communities aufgestellten Forderungen nicht umfassend umsetzen.

Ein wie ein Korsett einschnürender Rahmen ist die auf Betreiben der CDU/CSU in den Koalitionsvertrag aufgenommene Regelung der 1:1-Umsetzung von europäischen Richtlinien. Das führt dazu, dass weitergehende Regelungen, die die SPD-Ministerien wollten, schon mal gar nicht in den Kabinettsentwurf aufgenommen worden sind. Gleiches gilt für Vorhaben in der parlamentarischen Beratung.

Selbstvertretungsorganisationen und Behindertenverbände differenzieren letztlich nicht zwischen den politischen Akteur*innen sondern sie beurteilen das verabschiedete politische Produkt, das jeweilige Gesetz – und das ist auch ok so. 

Die Möglichkeiten einer mitberatenden Berichterstatterin

Der Kabinettsentwurf zur Umsetzung der Richtlinie 2019/882 über Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen, der European Accessiblity Act ( EAA) ist zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales gegangen. Mitberatende Ausschüsse sind der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz, der Finanzausschuss, der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der Ausschuss für Gesundheit, der Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur, der Ausschuss für Kultur und Medien, der Ausschuss Digitale Agenda und der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union. Gutachterlich hinzugezogen wurde der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung.

Als verantwortliche Berichterstatterin für das BFSG für die SPD-Fraktion im Ausschuss Recht und Verbraucherschutz habe ich natürlich im Vorfeld versucht, noch weitergehende Änderungen im Gesetz möglich zu machen. Dies ist mir u.a. auch immer wieder mit Hinweis auf die 1:1 Umsetzung nicht gelungen. 

Aus diesem Grunde habe ich in der Ausschusssitzung Recht und Verbraucherschutz am 19. Mai 2021 für die AG Recht und Verbraucherschutz der SPD-Bundestagsfraktion folgende Positionierung zum entsprechenden Tagesordnungspunkt 17 (Barrierefreiheitsstärkungsgesetz) abgegeben:

""Als mitberatender Ausschuss beschließen wir die Umsetzung der EU-Richtlinie 2019/882 über Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen im Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) und damit in deutsches Recht – und das ist gut so. Ich danke dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales ausdrücklich dafür, dass dieses uns Parlamentarier*innen durch die Vorlage des Gesetzentwurfes ermöglicht, den European Accessibility Act in dieser Legislatur zu verabschieden. 

Ich danke den Kolleg*innen im federführenden Ausschuss Arbeit und Soziales für den vorgelegten Entschließungsantrag.  

Gerne hätte ich auch bei diesem Gesetzentwurf das Struck´sche Gesetz zur Anwendung kommen lassen, denn von einer umfassenden Barrierefreiheit öffentlicher und privater Produkte und Dienstleistungen profitieren nicht nur Menschen mit Behinderung sondern alle Verbraucher*innen. Gerade weil das Gesetz koalitionsseitig aber für diese Legislatur „ausverhandelt“ ist, möchte ich im Namen meiner SPD-Arbeitsgruppe Recht und Verbraucherschutz vier verbraucher*innen- als auch rechtspolitische Anmerkungen machen: 

  1. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“ sagt unser Grundgesetz – und Teilhabeorientiert auch die UN-Behindertenkonvention. Wir bedauern daher sehr, dass es bei einer 1:1-Umsetzung dieser Richtlinie geblieben ist. Wir hätten uns ein ambitionierteres Gesetz im Sinne der auch als Verbraucher*innen agierenden Menschen mit ihren unterschiedlichen Behinderungen gewünscht. Nicht erst in der andauernden COVID-19-Pandemie nehmen wir wahr, dass die digitale Transformation rapide voranschreitet, dass viele Aktivitäten in den digitalen Raum verlagert wurden und dass einige Dienstleistungen und Produkte mittlerweile ausschließlich digital zugänglich sind. 

    Unionsseitig wird ein Abweichen von der 1:1- Umsetzung u.a. mit einem notwendigen Belastungsmoratorium für die Wirtschaft verwehrt. Der Nutzen des Qualitätsstandards Barrierefreiheit auch für die Wettbewerbsfähigkeit wird dabei aber zu gering eingeschätzt. Vor allem wissen wir, dass der Bedarf an mehr barrierefreien digitalen Dienstleistungen und Produkten schon heute gegeben ist.
     
  2. Das BFSG sieht keine Regelungen zur baulichen Umwelt vor. Nach Art. 4 Absatz 4 der RL 2019/882 bestimmen die Mitgliedstaaten, ob und wie die bauliche Umwelt für von den Kund*innen in Anspruch genommene Dienstleistungen - insbesondere bei Personenbeförderungsdiensten, Bankdienstleistungen für Verbraucher*innen sowie Kund*innenbetreuungszentren von Anbietern elektronischer Kommunikationsdienste - die Barrierefreiheits-Anforderungen des Anhangs III der RL erfüllen müssen. 

    Als AG Recht und Verbraucherschutz der SPD-Bundestagsfraktion fordern wir die künftige Bundesregierung auf, im Einvernehmen mit den Bundesländern bereits zu Beginn der kommenden Legislatur von der in Art. 4 Absatz 4 der RL 2019/882 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch zu machen, die jeweiligen Zuständigkeiten (ggf. durch ein Rechtsgutachten) zeitnah zu ermitteln und die erforderlichen baurechtlichen Regelungen bis zum Jahr 2023 entsprechend zu erlassen bzw.  anzupassen. Außerdem ist zu prüfen, ob nicht auch in der Gewerbeordnung ein Mindestmaß an Pflichten zur barrierefreien baulichen Ausgestaltung zu verankern ist.

  3. Die künftige Bundesregierung soll sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, die Richtlinie 2019/882 über Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen (European Accessiblity Act - EAA) zeitnah zu novellieren und den Anwendungsbereich auf Dienstleistungen und Produkte in den Bereichen Bildung und Gesundheit, geschäftlich und beruflich genutzte Produkte und Dienstleistungen, Versicherungsdienstleistungen sowie SmartHome-Anwendungen und auf alle geschäftsmäßig angebotenen Personenbeförderungsdienste auszudehnen. Barrierefreiheit würde damit durchgängig zu einem Qualitätsmerkmal von Produkten und Dienstleistungen im EU-Binnenmarkt.

  4. Die Zuständigkeit für das jetzige BFSG wurde im Vorfeld zwischen verschiedenen Ressorts hin- und hergeschoben, gleichzeitig wird nun aber festgelegt, dass fünf!! Ministerien bei einer noch zu erstellenden Rechtsverordnung Mitsprache haben.

    Damit Inklusion, Teilhabe und Barrierefreiheit stärker zu einer Querschnittsaufgabe aller Ministerien wird, fordern wir die künftige Bundesregierung zu einer Erweiterung der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO) auf. 

    Nach dem „§ 2 Gleichstellung von Frauen und Männern“ wird ein neuer § aufgenommen: 

    „§ 3 Gleichstellung von Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen
    Die Gleichstellung von Menschen mit Beeinträchtigungen ist durchgängiges Leitprinzip und soll bei allen politischen, normgebenden und verwaltenden Maßnahmen der Bundesministerien in ihren Bereichen gefördert werden (Disability-Mainstreaming).““
    (Der genaue Wortlaut ist dem Sitzungsprotokoll demnächst zu entnehmen.)

Die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ist eine noch lange andauernde politische und gesellschaftliche Aufgabe. Für soziale Teilhabe aller, für den Abbau der Barrieren im Kopf noch vieler Bürger*innen aber auch politischer Parteien lohnt es sich, diesen Marathon bis zum Ende zu laufen.

(Logo Inklusion: iStock)

 

Ich lade Sie herzlich ein, heute abend um voraussichtlich 23.00 Uhr an der Verabschiedung des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes medial 
https://www.bundestag.de/
teilzunehmen oder sich die Debatte später in der Mediathek anzuschauen. Die 2./3. Lesung ist der Top 25 Barrierefreiheit auf der heutigen Tagesordnung 
https://www.bundestag.de/tagesordnung
. Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz
https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/298/1929893.pdf
ist die Umsetzung des „Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen und zur Änderung des Jugendarbeitsschutzgesetzes“ in das deutsche Recht. Abschließend debattiert wird auch der Antrag „Selbstbestimmung und Teilhabe ermöglichen“ der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Mit der Umsetzung dieser EU-Richtlinie in das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) werden weitere Schritte zum Abbau von Barrieren gegangen und damit die UN-Behindertenkonvention weiter umgesetzt. Die UN-BRK verpflichtet Deutschland, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um Menschen mit Behinderungen gleichberechtigten Zugang zu Informationen und Kommunikation zu gewährleisten. Die EU-Richtlinie zielt darauf, wie durch Produkte und Dienstleistungen - etwa Computer, E-Books oder der Online-Handel - der Zugang zu Informationen und Kommunikation barrierefreier ermöglicht wird. Von einem Abbau der Barrieren profitieren nicht nur die 13 Millionen Menschen mit Beeinträchtigungen sondern vor allem auch die immer größer werdende Zahl der älteren Menschen. Durch die Umsetzung werden auf EU-Ebene einheitliche Standards geschaffen, wovon wiederum auch kleine und mittlere Unternehmen profitierten, da sie ihre Produkte im gesamten europäischen Binnenmarkt verkaufen können, ohne diese umständlich anpassen zu müssen.
Verabschiedet wird ein in der Inklusions-Community stark diskutiertes Gesetz
Die Inklusions-Community hat den gesamten Werdegang des Gesetzes – von Verbändeanhörungen bis hin zu Kampagnen – intensiv begleitet. Aus ihrer Sicht handelt es sich bei der 1:1 Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht um ein schwaches Gesetz. Ich sage: Es ist sehr gut, dass das Gesetz bereits in dieser Legislatur verabschiedet wird und dafür bin ich allen Beteiligten dankbar. 
Es ist ein für unsere gesamte Gesellschaft sehr bedeutsames Gesetz, daher habe ich bereits am 28.4.2021 einen digitalen Polit-Talk unter der Überschrift „Zukunft ohne Barrieren?!“
https://www.youtube.com/watch?v=Cc0hUHFYMz4
veranstaltet. Tenor: Es ist gut, dass es das Gesetz gibt, aber es hätten mehr Barrieren schneller und umfassender abgebaut werden sollen. 
Nun ist es immer so, dass es zwischen „der“ Regierungspolitik und „den“ zivilgesellschaftlichen Kräften und „den“ Betroffenen eine fruchtbare und teilweise auch kontroverse Debatte gibt. Über die Richtung „der Regierungspolitik“ entscheiden die Bürger*innen immer wieder neu durch Wahlen, die nächste für uns alle bedeutsame ist die Bundestagswahl am 26.9.2021. Und auch für diese Wahl sage ich in Richtung der an Geschlechtergerechtigkeit interessierten Bürger*innen, sage ich in Richtung umfassende Gleichstellung von Menschen der LGBTIQ-Community, sage ich in Richtung der Inklusions-Community voraus: Wer hier Änderungen haben will, muss dafür Sorge tragen, dass es eine Regierungsmehrheit ohne CDU/CSU gibt. Auch eine schwarz-grüne Regierung wird viele gerade in diesen Communities aufgestellten Forderungen nicht umfassend umsetzen.
Ein wie ein Korsett einschnürender Rahmen ist die auf Betreiben der CDU/CSU in den Koalitionsvertrag aufgenommene Regelung der 1:1-Umsetzung von europäischen Richtlinien. Das führt dazu, dass weitergehende Regelungen, die die SPD-Ministerien wollten, schon mal gar nicht in den Kabinettsentwurf aufgenommen worden sind. Gleiches gilt für Vorhaben in der parlamentarischen Beratung.
Selbstvertretungsorganisationen und Behindertenverbände differenzieren letztlich nicht zwischen den politischen Akteur*innen sondern sie beurteilen das verabschiedete politische Produkt, das jeweilige Gesetz – und das ist auch ok so. 
Die Möglichkeiten einer mitberatenden Berichterstatterin
Der Kabinettsentwurf zur Umsetzung der Richtlinie 2019/882 über Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen, der European Accessiblity Act ( EAA) ist zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Arbeit und Soziales gegangen. Mitberatende Ausschüsse sind der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz, der Finanzausschuss, der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der Ausschuss für Gesundheit, der Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur, der Ausschuss für Kultur und Medien, der Ausschuss Digitale Agenda und der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union. Gutachterlich hinzugezogen wurde der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung.
Als verantwortliche Berichterstatterin für das BFSG für die SPD-Fraktion im Ausschuss Recht und Verbraucherschutz habe ich natürlich im Vorfeld versucht, noch weitergehende Änderungen im Gesetz möglich zu machen. Dies ist mir u.a. auch immer wieder mit Hinweis auf die 1:1 Umsetzung nicht gelungen. 
Aus diesem Gründe habe ich in der Ausschusssitzung Recht und Verbraucherschutz am 19.5.2021 für die AG Recht und Verbraucherschutz der SPD-Bundestagsfraktion folgende Positionierung zum entsprechenden Tagesordnungspunkt 17 (Barrierefreiheitsstärkungsgesetz) abgegeben:
„Als mitberatender Ausschuss beschließen wir die Umsetzung der EU-Richtlinie 2019/882 über Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen im Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) und damit in deutsches Recht – und das ist gut so. Ich danke dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales ausdrücklich dafür, dass dieses uns Parlamentarier*innen durch die Vorlage des Gesetzentwurfes ermöglicht, den European Accessibility Act in dieser Legislatur zu verabschieden. 
Ich danke den Kolleg*innen im federführenden Ausschuss Arbeit und Soziales für den vorgelegten Entschließungsantrag.  
Gerne hätte ich auch bei diesem Gesetzentwurf das Struck´sche Gesetz zur Anwendung kommen lassen, denn von einer umfassenden Barrierefreiheit öffentlicher und privater Produkte und Dienstleistungen profitieren nicht nur Menschen mit Behinderung sondern alle Verbraucher*innen. Gerade weil das Gesetz koalitionsseitig aber für diese Legislatur „ausverhandelt“ ist, möchte ich im Namen meiner SPD-Arbeitsgruppe Recht und Verbraucherschutz vier verbraucher*innen- als auch rechtspolitische Anmerkungen machen: 
1. „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“ sagt unser Grundgesetz – und Teilhabeorientiert auch die UN-Behindertenkonvention. Wir bedauern daher sehr, dass es bei einer 1:1-Umsetzung dieser Richtlinie geblieben ist. Wir hätten uns ein ambitionierteres Gesetz im Sinne der auch als Verbraucher*innen agierenden Menschen mit ihren unterschiedlichen Behinderungen gewünscht. Nicht erst in der andauernden COVID-19-Pandemie nehmen wir wahr, dass die digitale Transformation rapide voranschreitet, dass viele Aktivitäten in den digitalen Raum verlagert wurden und dass einige Dienstleistungen und Produkte mittlerweile ausschließlich digital zugänglich sind. 
Unionsseitig wird ein Abweichen von der 1:1- Umsetzung u.a. mit einem notwendigen Belastungsmoratorium für die Wirtschaft verwehrt. Der Nutzen des Qualitätsstandards Barrierefreiheit auch für die Wettbewerbsfähigkeit wird dabei aber zu gering eingeschätzt. Vor allem wissen wir, dass der Bedarf an mehr barrierefreien digitalen Dienstleistungen und Produkten schon heute gegeben ist. 
2. Das BFSG sieht keine Regelungen zur baulichen Umwelt vor. Nach Art. 4 Absatz 4 der RL 2019/882 bestimmen die Mitgliedstaaten, ob und wie die bauliche Umwelt für von den Kund*innen in Anspruch genommene Dienstleistungen - insbesondere bei Personenbeförderungsdiensten, Bankdienstleistungen für Verbraucher*innen sowie Kund*innenbetreuungszentren von Anbietern elektronischer Kommunikationsdienste - die Barrierefreiheits-Anforderungen des Anhangs III der RL erfüllen müssen. 
Als AG Recht und Verbraucherschutz der SPD-Bundestagsfraktion fordern wir die künftige Bundesregierung auf, im Einvernehmen mit den Bundesländern bereits zu Beginn der kommenden Legislatur von der in Art. 4 Absatz 4 der RL 2019/882 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch zu machen, die jeweiligen Zuständigkeiten (ggf. durch ein Rechtsgutachten) zeitnah zu ermitteln und die erforderlichen baurechtlichen Regelungen bis zum Jahr 2023 entsprechend zu erlassen bzw.  anzupassen. Außerdem ist zu prüfen, ob nicht auch in der Gewerbeordnung ein Mindestmaß an Pflichten zur barrierefreien baulichen Ausgestaltung zu verankern ist.
3. Die künftige Bundesregierung soll sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, die Richtlinie 2019/882 über Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen (European Accessiblity Act - EAA) zeitnah zu novellieren und den Anwendungsbereich auf Dienstleistungen und Produkte in den Bereichen Bildung und Gesundheit, geschäftlich und beruflich genutzte Produkte und Dienstleistungen, Versicherungsdienstleistungen sowie SmartHome-Anwendungen und auf alle geschäftsmäßig angebotenen Personenbeförderungsdienste auszudehnen. Barrierefreiheit würde damit durchgängig zu einem Qualitätsmerkmal von Produkten und Dienstleistungen im EU-Binnenmarkt.

4. Die Zuständigkeit für das jetzige BFSG wurde im Vorfeld zwischen verschiedenen Ressorts hin- und hergeschoben, gleichzeitig wird nun aber festgelegt, dass fünf!! Ministerien bei einer noch zu erstellenden Rechtsverordnung Mitsprache haben.
Damit Inklusion, Teilhabe und Barrierefreiheit stärker zu einer Querschnittsaufgabe aller Ministerien wird, fordern wir die künftige Bundesregierung zu einer Erweiterung der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO) auf. 
Nach dem „§ 2 Gleichstellung von Frauen und Männern“ wird ein neuer § aufgenommen:
„§ 3 Gleichstellung von Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen
Die Gleichstellung von Menschen mit Beeinträchtigungen ist durchgängiges Leitprinzip und soll bei allen politischen, normgebenden und verwaltenden Maßnahmen der Bundesministerien in ihren Bereichen gefördert werden (Disability-Mainstreaming).““ (Der genaue Wortlaut ist dem Sitzungsprotokoll demnächst zu entnehmen.)
Die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ist eine noch lange andauernde politische und gesellschaftliche Aufgabe. Für soziale Teilhabe aller, für den Abbau der Barrieren im Kopf noch vieler Bürger*innen aber auch politischer Parteien lohnt es sich, diesen Marathon bis zum Ende zu laufen.